Der Schwur der Königin
Granada. König Abu al-Hasan würde sich eher in sein eigenes Schwert stürzen, bevor er irgendjemanden al-Hasan stürmen lässt.«
»Richtig«, bestätigte ich, obwohl mein Herz heftig zu pochen begann, »und seit unserem Krieg gegen Portugal haben wir einen Vertrag mit König al-Hasan. Er würde ihn nie so schamlos brechen.«
»Allerdings schuldet er uns noch einen Teil des Tributs, den er uns versprochen hat«, bemerkte Fernando säuerlich, richtete sich mühsam auf und riss dem Boten das Schreiben aus der Hand. Auf ein Zeichen von mir schenkte Inés ihm einen Kelch Wein ein. Fernando brach unterdessen das Siegel des Pergaments.
Schweigend las er die Nachricht. Auf seiner Stirn bildeten sich tiefe Furchen. Schließlich hob er konsterniert die Augen zu mir. »Es ist wahr«, stieß er in kaltem Zorn hervor. »Zahara ist al-Hasan in die Hände gefallen. Dieser maurische Köter hat es als Vergeltung für die Grenzscharmützel, die er mit Cádiz führt, erobert. Die Mauren haben jeden Mann niedergemetzelt und die Frauen und Kinder als Sklaven in ihre Bergstadt Ronda verschleppt. Cádiz hat zurückgeschlagen und mit einer List Alhama gestürmt. Gott schütze ihn – er hat im Herzen des maurischen Hoheitsgebiets zugeschlagen!«
Er reichte mir das Papier. Ich ergriff es mit zitternden Händen. Meine Augen flogen über die Zeilen. »› Ay de mí , Alhama!‹, heulte al-Hasan, als er von Alhamas Eroberung erfuhr«, las ich mit lauter Stimme. Ein Keuchen stieg mir in die Kehle. »Cádiz behauptet, al-Hasan hätte sie mit solcher Brutalität überfallen, dass er Kuriere zu seiner Frau und zum Herzog von Medina Sidonia mit der Bitte um Hilfe senden musste.«
Der Bote, der sich inzwischen die Kehle befeuchtet hatte, meldete heiser: » Majestad , mein Herr konnte sich bisher al-Hasan und seine räudigen Köter vom Leib halten, aber er braucht mehr Männer, wenn er Alhama halten und Zahara zurückerobern soll. Er hat mir außerdem aufgetragen, Euch zu melden, dass al-Hasan mit seinem Sohn, Prinz Boabdil, gebrochen hat, nachdem dieser al-Hasan aus Granada hinausgeworfen hat und seinen Thron für sich beanspruchte. Wegen seiner inneren Streitigkeiten ist jetzt das gesamte maurische Königreich angreifbar, sagt mein Herr.«
»Werden die Mauren uns wehtun, Mama?«, flüsterte Isabél.
Ihre zittrige Stimme riss mich aus meiner Schreckensstarre. »Natürlich nicht, hija mía «, versicherte ich ihr hastig. »Sie sind in Andalusien. Hier haben wir keine Mauren.«
»Aber wir hatten mal welche.« Ihre großen, verängstigten Augen bohrten sich in die meinen. »Haben die Mauren früher denn nicht auch Teile von Kastilien gehalten? Was hindert sie daran, wieder hierherzukommen?«
Mir verschlug es die Sprache. Mir fiel einfach keine Antwort auf diese bestürzend einfache Frage ein.
»Wir werden sie daran hindern«, erklärte Fernando. »Deine Mutter und ich werden die gesamte schmutzige Horde ins Meer treiben, und wenn das das Letzte ist, was wir tun.« Er blickte mich an. »Isabella, wir dürfen nicht zögern. Wir müssen Cádiz helfen. Und al-Hasans Streit mit Boabdil könnte sich zu unserem Vorteil auswirken, wenn wir schnell genug handeln und ihn ausnutzen.«
»Vorteil?« Ich starrte ihn benommen an. »Soll das heißen … wir sollten …?«
Er nickte. María de Bobadilla, die alles mitbekommen hatte, klatschte begeistert in die Hände. »Si, Majestad!« , jubelte sie so hemmungslos wie eine Fischverkäuferin auf dem Markt. »Die Mauren sind Ungeziefer! Wenn Ihr sie nicht ausrottet, werden sie uns überschwemmen.«
Isabél erbleichte. Ich sah sie schon in den Nächten aus Albträumen von Dämonen mit Turban hochfahren, obwohl Granada bereits seit Jahrhunderten ein zersplittertes Königreich war, durch Streitigkeiten im Innern geschwächt und nur durch seine geografische Lage und den einträglichen Handel mit den Türken und anderen östlichen Nachbarn geschützt.
»Du machst der Infantin Angst!«, blaffte ich. Sofort entschuldigte sich María mit einem Knicks und gewährte so allen einen tiefen Einblick in ihren verlockenden Ausschnitt. Als ich bemerkte, dass auch Fernandos Augen auf ihren Brüsten verweilten, sagte ich schärfer als beabsichtigt: »Mein Herr und Gemahl und ich müssen das unter vier Augen erörtern. Inés, sieh zu, dass es unserem Boten an nichts fehlt! Alle anderen mögen bitte die Infantin zur Galerie begleiten! Ich werde mich zu euch gesellen, sobald ich kann.«
Sie ließen Fernando und mich
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