Der Schwur der Königin
allein. Eifersucht kochte in meiner Magengrube, doch ich musste sie ignorieren. Es galt, mich auf das zu konzentrieren, was Fernando zu sagen hatte. »Wir müssen die reconquista ausrufen, Isabella. Ich weiß, dass wir uns etwas anderes erhofft hatten, aber wir können nicht zulassen, dass die Gottlosen auch nur einen Stein auf christlichem Boden für sich beanspruchen. Mein Vorfahr, Fernando I., hat Zahara den Mauren vor vierhundert Jahren abgerungen; jetzt müssen wir zu seiner Verteidigung eilen.«
Ein Schauer jagte durch mich hindurch. Ein solcher Krieg war das Letzte, was ich erwartet hatte; das Letzte, womit ich mich befassen wollte. »Du weißt so gut wie ich, dass unsere Geschichte von den Fehlern unserer Ahnen strotzt. Für jeden Gewinn bei der Bekämpfung der Mauren haben wir an anderer Stelle verloren. Die Rückeroberung ist immer schneller begonnen als gewonnen.«
»Trotzdem müssen wir es versuchen.« Er trat nahe zu mir und legte mir die Hände auf die Schultern. »Die reconquista ist unsere heilige Pflicht als Monarchen, aber es geht um noch mehr: Es ist einfach an der Zeit, dass wir achthundert Jahre der Arroganz dieser Gottlosen, der faulen Verträge, des falschen Tributs und der Lügen beenden. Die Mauren wissen so gut wie wir, dass dieser Stillstand nicht ewig dauern kann. Seit Jahrhunderten hocken sie auf unserem fruchtbarsten Boden in Andalusien, in den Mittelmeerhäfen und in der Stadt Granada selbst. Jetzt müssen wir zurückfordern, was unser ist.«
Ich hielt seinem glühenden Blick stand. »Können wir nicht einfach für Boabdil im Kampf gegen König al-Hasan Partei ergreifen und Verstärkung nach Cádiz senden?«
»Natürlich, und genau das werden wir auch tun! Wir werden Boabdil benutzen, um einen Keil in das Herz des maurischen Reichs zu treiben, und dann, wenn wir sie geschwächt haben, zerstören wir sie – von Grund auf. Granada und seine Reichtümer werden unser sein.« Er stieß ein wildes Lachen aus. »Stell dir das nur vor, mi Luna : Endlich wird ganz Spanien vereint sein – eine Krone, ein Land, ein Glaube. Das ist unser Schicksal; wir müssen uns der Herausforderung stellen und der Welt zeigen, aus welchem Holz Isabella und Fernando geschnitzt sind.«
Alle Instinkte warnten mich vor diesem teuren, womöglich verhängnisvollen Unterfangen, dessen Erfolg alles andere als gewiss war. Nur wenige Könige hatten Siege gegen die Mauren errungen – und nie vollständige. Aber Fernando zeigte ein derart brennendes Verlangen, seine Fähigkeiten in diesem Kampf zu beweisen, dem bedeutendsten unseres Lebens, dass ich meine Bedenken für mich behielt.
Was immer ich vorbrachte, würde auf taube Ohren stoßen. Der Aufruhr am Hof, sobald sich die Nachricht vom Fall Zaharas verbreitete, würde sich nicht mehr beherrschen lassen. Wir mussten einfach reagieren, egal welche Folgen dieses Unternehmen mit sich brachte. Abgesehen davon hatte Fernando recht: Der Heilige Krieg gegen die Mauren war unser Schicksal. Wir konnten ihnen nicht erlauben, als Herrscher auf unserem Boden zu bleiben und über ein immens reiches, heiß begehrtes Land im Süden unseres Herrschaftsbereichs zu gebieten. Ich hatte den Krieg zu meinen Bedingungen führen wollen, nachdem unsere Schatzkammern gefüllt waren und im Rest des Reichs Ordnung herrschte. Ich hatte selbst die Entscheidung treffen wollen, wann und wo wir kämpften, denn die Geschichte hatte mich gelehrt, dass ein solcher Kreuzzug nicht nur immense Kosten, sondern auch Zerstörung und Entbehrungen mit sich bringen würde.
Doch die reconquista hatte begonnen – ob ich das nun wollte oder nicht.
Als ich Fernando umarmte, flüsterte er mir ins Ohr: »Nicht einen Turm, Liebes. Nicht einen Turm lassen wir ihnen, damit sie sich darin verstecken können.« Und so ergab ich mich in Gottes höheren Plan.
Im Januar 1482 beantragten wir bei den Cortes die Mittel für den Krieg, während wir in Rom ein päpstliches Edikt zur Genehmigung des Kreuzzugs erbaten. Nach einem Hochamt in Toledo, bei dem wir für die aus Zahara in die Versklavung Verschleppten beteten und Gott für die Befreiung Alhamas dankten, begaben Fernando und ich uns auf ein mit goldenen Tüchern behängtes Podest und erklärten den Menschen unsere Absicht, in den Süden zu ziehen und unseren Hof dort einzurichten, um unseren Feldzug gegen die Mauren persönlich anzuführen.
Während ich es unterließ, meine Zweifel zu äußern, zeigten sich unsere Cortes nicht so diplomatisch. Sie bewilligten
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