Der Schwur der Königin
al-Hasan, unterstützen.
Ich glaubte nicht, dass er zustimmen würde. Und falls er trotzdem dazu bereit war, rechnete ich mit dem erbitterten Widerstand seiner Mutter. Die Sultanin mochte uns ein beträchtliches Lösegeld für ihren Sohn geboten haben, aber sie war eben auch eine frühere christliche Gefangene, die zur Muslima und Haremsdame geworden war und für ihr Geschick bei politischen Machtspielen berühmt war. Wenn jemand unsere Bedingungen durchschaute, dann sie, und wir gingen davon aus, dass sie für ihr Einverständnis eine hohe Entschädigung fordern würde. Doch zu meiner Verblüffung zeigte sie sich auf Anhieb einverstanden und nahm sich nicht einmal die Zeit, unsere Allianz auf ihre späteren Folgen hin zu überprüfen.
Was für eine Farce dieser Empfang doch war! Als der Prinz in sich bauschendem Seidengewand und mit Quasten behängtem Fes vor Fernando und mir auf die Knie sank, um uns den Rocksaum zu küssen und uns so als seine Lehnsherren zu bestätigen, konnte ich mir ein sarkastisches Lächeln nicht verkneifen.
Nachdem er den neuen Vertrag feierlich unterschrieben hatte, erhoben wir uns und umarmten ihn. Fernando küsste ihn sogar wie einen Bruder auf beide Wangen. Als es an mir war, drückte ich den schlanken Mauren einen Moment länger als nötig an mich und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich erwarte, dass du unsere Vereinbarung einhältst. Wenn du es wagst, uns noch einmal zu verraten, dann verspreche ich dir, dass du im ganzen Land nirgendwo mehr Zuflucht findest.«
Er zuckte zusammen und wich etwas zurück, um meinen Blick zu erwidern. Mir war nicht klar, ob er Kastilisch verstand; sämtliche Verhandlungen waren über seinen Dolmetscher geführt worden. Doch das plötzliche Flackern in seinen Augen weckte in mir den Verdacht, dass er viel mehr begriff, als er zu erkennen gab.
Ich neigte den Kopf und sagte laut: »Mögen wir somit zu Harmonie zwischen unseren Religionen finden.« Fernando klatschte in die Hände, woraufhin die mit Messing beschlagene Doppeltür des Thronsaals weit aufgerissen wurde und Diener, beladen mit Abschiedsgeschenken für unseren hochgeschätzten Gast, erschienen.
Fernando und ich wechselten einen wissenden Blick, als Boabdil mit einem Aufschrei zu den Gaben stürzte, um sie in Augenschein zu nehmen – die wertvollen Ledersättel für seine acht Schimmel; die mit Seide, Samt und Damast bezogenen Truhen; den mit Prägedruck versehenen Brustharnisch aus Toledo. Schließlich drehte er sich mit glühendem Gesicht um und redete aufgeregt auf seinen Dolmetscher ein. Dieser übersetzte: »Seine Hoheit ist überwältigt von der Großzügigkeit Eurer Majestäten. Gewiss gibt es in der ganzen christlichen Welt keine größeren Monarchen.«
Lachend tat Fernando das Lob mit einer Handbewegung ab. »Bloß ein Zeichen unserer Wertschätzung. Ihre Majestät und ich glauben, dass der edle Boabdil Wort halten wird, wie es sich für einen Prinzen ziemt.«
»Ich glaube«, ergänzte ich mit einem huldvollen Lächeln in Boabdils Richtung, »wir verstehen einander.«
Unter Fanfarenstößen und Fahnenschwingen brachten wir Boabdil zum Tor des Alkazar. Eine Eskorte von zweihundert handverlesenen kastilischen Rittern sollte ihn sicher bis zur Sierra von Granada geleiten. Während wir ihm nachblickten, wie er erhobenen Hauptes davonritt, umjubelt von den Bürgern, die meinem Befehl gemäß die mit Blumen bestreute Straße säumten, murmelte Fernando zwischen zusammengepressten Zähnen: »So Gott will, wird er mir noch dieses Jahr den Staub von den Stiefeln lecken, wenn ich die Tore seines kostbaren Alhambra-Palastes eintrete.«
»Amen«, sagte ich und hob das Kinn.
Es war an der Zeit, den Mauren eine wahre Kostprobe unserer Macht zu geben.
Wieder zurück in Sevilla, um meinen Hof zu etablieren, holte ich meine Kinder zu mir. Wie es aussah, stand uns ein langes Jahr bevor. Da hatte ich nicht vor, noch länger getrennt von meiner Familie zu leben, zumal María noch die Brust gegeben wurde. Und Fernando strahlte über das ganze Gesicht, als er die prunkvolle Karawane aus Kastilien heranrumpeln sah; er liebte unsere Kleinen und das unvermeidliche Durcheinander, das sie überallhin mitbrachten.
Freilich hatte ich nicht vor, Müßiggang zu dulden, auch nicht bei meinen Kindern. So teilte ich die Hofdamen und die Ehefrauen der Adeligen in tüchtige Versorgungstrupps ein, die die Bestände an Wein, Brot, Vieh und sonstigen Vorräten überwachten und auffrischten. Isabél und Juana
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