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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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flüsterte, um Fernando nicht zu wecken. »Ist was mit Juan? Ist er krank?«
    »Nein, nein. Seiner Hoheit geht es gut. Er schläft tief und fest. Es ist der Marquis von Cádiz. Er ist hier. Er bittet um ein Gespräch mit Euch. Es ist dringend, sagt er.«
    Mich durchfuhr ein eiskalter Schreck. »Cádiz ist hier? Aber er sollte doch unsere neueste Offensive in Andalusien anführen! Fernando hat ihn damit betraut, bis er selbst wieder vor Ort sein kann.«
    Im Sprechen blickte ich zurück zum Bett. Fernando rührte sich nicht; er war in tiefen Schlaf gesunken. Seit Wochen hatte er pausenlos gearbeitet und dabei alles Nötige für die neue Schlachtenstrategie organisiert. Das hatte eine weite Reise nach Aragón erfordert, um seinen eigenen Cortes zusätzliches Geld abzuringen. Wir waren fast am Ziel. In ein paar Wochen sollte Fernando vorausreiten und unseren Kreuzzug voranbringen, während ich den beschwerlichen Umzug unseres Hofes zurück in den Süden beaufsichtigte.
    »Ich komme gleich zu ihm«, ließ ich Inés wissen und fuhr mir mit der Hand durch mein offenes Haar. »Geh jetzt, bevor wir den König wecken.«
    Ich zog eine dunkle Robe an, verstaute mein Haar unter einem Netz und warf mir noch einen Wollumhang über die Schultern. Schon als ich die von Fackeln erleuchtete Treppe hinabstieg, hörte ich im Saal Männerstimmen. Entschlossen straffte ich die Schultern und trat ein. Der Marquis von Cádiz stand in der Mitte. Um ihn herum scharten sich Chacón, Fray Talavera und mehrere bedeutende Mitglieder unseres Hofs.
    Sobald er mich bemerkte, sank der Marquis auf ein Knie nieder. Sein Äußeres überraschte, ja, verwirrte mich. Seine schwarzen Kleider waren schmutzig, der Umhang und die Stiefel mit Schlamm bespritzt, als wäre er den ganzen Weg von Andalusien bis hierher ohne Pause geritten. So ausgezehrt, wie er an Gestalt und Gesicht war, wirkte er um Jahre gealtert.
    »Majestad« , flüsterte er, während ihn die anderen Männer betroffen anstarrten, »vergebt mir.«
    Er musste wieder einen Streit mit Medina Sidonia gehabt haben, sagte ich mir verdrießlich. Nur musste diesmal Blut geflossen sein; sonst wäre er niemals so weit geritten.
    »Meine Vergebung ist Euch einen weiten Weg wert«, bemerkte ich. »Was bitte ist die Ursache?«
    Cádiz gab keine Antwort. Als ich sah, wie seine Augen sich mit Tränen füllten, blickte ich verunsichert zu Fray Talavera hinüber. Leise klärte mich mein Beichtvater auf: »Es hat eine entsetzliche Niederlage gegeben.«
    »Niederlage?« Ich blickte auf den immer noch knienden Cádiz. »Was für eine Niederlage?«
    »In der Nähe der Stadt Málaga«, brachte Cádiz mit leiser Stimme hervor. »Auf dem Ajarquía-Pass. Medina Sidonia, der Kommandant von Alcántara und ich … wir hatten beschlossen, mit einem Trupp über die Pässe zu reiten, um die dahinter liegenden Felder der Feinde abzubrennen und alles für die Ankunft Seiner Majestät und die Erstürmung von Málaga vorzubereiten. Aber El Zagal hat von unserem Plan Wind bekommen und uns ohne Warnung angegriffen.«
    Der Schreck schnürte mir regelrecht den Magen zu. El Zagal war al-Hasans Bruder und Rivale – ein furchterregender maurischer Stammesfürst. Er kontrollierte nicht nur das fruchtbare Bergland vor Málaga, sondern auch die von allen begehrte Stadt am Meer selbst. Seit Monaten plante Fernando schon, Málaga zu erobern, denn mit seinem Fall konnten wir sämtliche Versorgungswege der Mauren abrupt abschneiden und hätten ein erhebliches Hindernis beseitigt, das unseren Bemühungen, Granada zu isolieren, im Weg stand.
    In rauem Ton sprach Cádiz weiter. »Boabdil muss ihn gewarnt haben. Wir hatten auf sein Schweigen gezählt, aber er hat uns betrogen und sich mit seinen Truppen El Zagal angeschlossen. Wahrscheinlich nahm er an, dass sie gemeinsam al-Hasan bezwingen könnten. El Zagal hat unsere Männer in der Schlucht eingekesselt. Es wurde Nacht, und wir konnten kaum die Hand vor Augen sehen. Da kamen die Gottlosen von allen Seiten auf ihren Pferden die Abhänge herabgestürmt. Und gleichzeitig haben ihre Fußsoldaten von oben Steine auf uns geschleudert. In dem Durcheinander wussten wir nicht mehr ein noch aus.«
    »Gott im Himmel.« Ich bekreuzigte mich. »Wie … wie viele haben wir verloren?«
    Cádiz stieß ein Schluchzen aus. »Über zweitausend! Darunter drei von meinen Brüdern! Gott sei ihnen gnädig! Diese arabischen Hunde haben ihnen die Köpfe abgeschlagen und sie, auf ihre Lanzen gespießt, nach Málaga

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