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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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der Stadt. Mein Herr, El Zagal, sagt, dass er sie umbringt, wenn Ihr keinen Kompromiss annehmt.«
    »Wenn auch nur ein Härchen auf dem Kopf eines Christen gekrümmmt wird, wird er das bitter bereuen«, zischte mein Gemahl. »Ihr alle werdet das bereuen.« Er beugte sich so nahe zu dem Mann hinunter, dass ich seine nächsten Worte kaum noch vernahm. »Ich werde euch einen nach dem anderen vor den Augen eurer Familien hinrichten. Ich werde eure Frauen zum Zuschauen zwingen, bevor auch sie umgebracht werden. Ich werde nicht einen Mauren am Leben lassen, keinen Mann, keine Frau, kein Kind. Sag das deinem Herrn.«
    Der Bote schnappte nach Luft, dann wandte er sich in einem stummen Apell zu mir um. Die neben mir stehende Isabél unterdrückte ein Schluchzen. Die Belagerung verlangte auch ihr alles ab; sie hatte Gewicht verloren und war so blass geworden, dass die Adern unter ihrer Haut zu erkennen waren. Der Tag ihrer Hochzeit nahte, doch in dieser schlimmen Verfassung konnten wir sie nicht nach Portugal schicken. Wir mussten diesen untragbaren Zustand schleunigst beenden.
    Ich erhob die Stimme. »Wir versprechen Euch Schonung, wenn Ihr tut, worum mein Gemahl bittet. Ergebt Euch noch diese Woche, oder ich kann für nichts mehr garantieren.«
    Der Bote eilte zurück in die schwelende Stadt. Lange hatten uns ihre Bewohner von den Befestigungswällen aus beschimpft, doch seit wir die verstümmelte, geköpfte Leiche des Attentäters über die Mauern katapultiert hatten, waren sie verstummt. Niemand war mehr dort zu sehen, als der Bote unter dem massiven Fallgitter hindurch zurückschlüpfte.
    Zwei Tage später kapitulierte Málaga.
    Ich konnte nicht behaupten, dass die Einnahme von Málaga als ein zu Kastilien gehörendes, christliches Gebiet eine Feier wert war. Wir hatten beinahe dreitausend Gefallene zu beklagen. Dem überlebenden Teil der Stadtbevölkerung war es kaum besser ergangen. Nachdem sie gezwungen gewesen waren, erst ihre Hunde und Katzen und dann ihre Pferde zu essen, und monatelang pausenlose Bombardierungen erduldet hatten, blickten sie in gequälter Unterwürfigkeit von den Trümmern ihrer Häuser zu uns auf, wohl wissend, dass sie ihrem Schicksal überlassen worden waren.
    Cádiz und die anderen Adeligen sprachen sich für Massenhinrichtungen aus. Sie beharrten darauf, dass die Bewohner der Stadt für den Versuch, mich zu ermorden, zahlen müssten; darüber hinaus sei El Zagal vor der Kapitulation entkommen, höchstwahrscheinlich mithilfe genau dieser Leute, was die Granden zur Weißglut trieb. Doch ich weigerte mich, solche Grausamkeit in meinem Namen zuzulassen. So überredete ich Fernando, alle Gefangenen in die Sklaverei zu verkaufen, aber diejenigen freizulassen, die ein Lösegeld zahlen konnten. Das war das Beste, was ich unter den Umständen erreichen konnte; Fernando hatte sich zunächst unerbittlich gezeigt und sich erst durch stundenlanges Zureden erweichen lassen.
    Trotzdem würde die Fronarbeit auf unseren Schiffen für viele von ihnen Leiden und den Tod bedeuten. Das war der schreckliche Preis unseres Kreuzzugs, und ich fand keine Freude daran, auch dann nicht, als das silberne Kreuz, das uns der inzwischen verstorbene Papst Sixtus gesandt hatte, mit einem Flaschenzug auf das Dach der Moschee von Málaga gehievt und diese als die Kathedrale Santa María de la Encarnación geweiht wurde.
    Inmitten all der Turbulenzen erreichte mich ein Brief meines Schatzkanzlers, Rabbi Señeor, der Vereinbarungen über Darlehen zur Finanzierung unseres Kreuzzugs getroffen hatte; eine Gruppe kastilischer Juden wünschte, ihre Brüder in Málaga freizukaufen. Nach sorgfältiger Abwägung akzeptierte ich die Zahlung von zwanzigtausend doblas , woraufhin vierhundert ausgemergelte jüdische Frauen und Männern entlassen wurden mit der Auflage, sich in Kastilien an die heimischen Gepflogenheiten anzupassen.
    Es war eine kleine Gnade, praktisch ohne Bedeutung, aber ich bestand dennoch darauf.

31
    Auch wenn Granada jetzt in greifbarer Nähe war, das letzte verlockende Juwel im zerborstenen maurischen Diadem, wo Boabdil hinter den zinnoberroten Mauern der Alhambra schmollte, waren unsere Männer völlig erschöpft. So beschlossen wir, uns für den Winter nach Kastilien zurückzuziehen.
    Aus allen Ländern waren wir mit Glückwünschen zu unseren letzten Erfolgen überhäuft worden; sogar Frankreich, unser Erzfeind, hielt es für angebracht, uns einen Satz Heiligenfiguren für unsere neu geweihten Kirchen zu schicken.

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