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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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an Villena. »Beatriz, warum, glaubst du, hat uns der Marquis in die Irre geführt? Erst hat er uns weisgemacht, der König sei ein Meisterjäger, was laut Don Cabrera überhaupt nicht stimmt, und dann behauptet er, es gäbe im Alkazar keine Zimmer. Solche schäbige Lügen! Was soll das nur?«
    »An der Oberfläche sind sie vielleicht schäbig.« Sie schnürte meine Robe auf und nahm sie mir ab, sodass ich in Unterhemd und Strumpfhose vor ihr stand. »Aber mit der ersten Lüge hat er Alfonso für sich eingenommen, und mit der anderen hat er es geschafft, ihn von uns zu trennen. Außerdem hat Cabrera ausdrücklich gesagt, Carrillo hätte beschlossen, uns hier unterzubringen, damit wir für uns sein können. Könnte es ihm weniger um unsere Ungestörtheit gegangen sein, sondern eher darum, uns von Alfonso fernzuhalten?«
    Ihre scharfsinnige Einschätzung gefiel mir ganz und gar nicht. Während ich mir mit dem Lavendelwasser den Staub von Gesicht und Hals abwusch und Beatriz die Truhe nach einer frischen Robe für mich durchwühlte, ließ ich mir durch den Kopf gehen, was ich noch alles wusste. Wenn Carrillo und Villena danach trachteten, mich und Alfonso voneinander zu isolieren, obwohl sie wussten, dass mein Bruder und ich zusammen aufgewachsen waren, dann geschah das entweder aus Grausamkeit oder irgendeiner anderen bösen Absicht. Wir waren gerade erst angekommen. Versuchten sie etwa, Alfonso schon jetzt in ihre Machenschaften einzubeziehen? Arbeiteten sie überhaupt zusammen?
    Ich griff nach einem Handtuch und wollte gerade Beatriz meine Gedanken anvertrauen, als sich draußen ein Getöse erhob. Noch bevor ich mich rühren konnte, flog die Tür auf, und eine Gruppe von Frauen platzte herein.
    Seit meinem zehnten Lebensjahr hatte ich mich außer vor Beatriz vor niemandem mehr entblößt. Nicht einmal Doña Clara hatte es gewagt, mich zu stören, ohne vorher zu klopfen. So stand ich wie vom Donner gerührt da, als die Frauen wie wunderliche Vögel durch das Gemach schwirrten und für mich in meinem benommenen Zustand völlig unverständliche Worte zwitscherten. Meine neue Hofrobe, die aus dem grünen Samt geschneidert war, den wir in Ávila gekauft hatten, wurde Beatriz aus den Händen gerissen und herumgereicht. Eine der Frauen schnalzte missbilligend mit der Zunge. Eine andere lachte. Mitten in ihr gellendes Gelächter hinein schnappte sich Beatriz die Robe wieder.
    »Sie ist neu!«, hörte ich sie verkünden. »Und sie hat selbstverständlich auch passende Ärmel. Ich suchte gerade danach, als Ihr so unverschämt eingedrungen seid.«
    Sie funkelte die Damen an. Ich nahm die Fremden nun genauer in Augenschein. Und es verschlug mir den Atem.
    Sie waren allesamt jung. Bekleidet waren sie mit Roben, wie ich sie noch nie gesehen hatte – tief ausgeschnittene Mieder, die die Brüste beinahe vollständig entblößten, gebauschte Röcke aus glitzerndem Gewebe mit eng geschnürter Taille, die von einer Vielzahl herabhängender Seidenbeutelchen und Schmuckstücke betont wurde, die Haare zu raffinierten Frisuren aufgesteckt – eine Komposition aus hauchdünnen Schleiern, Kämmen und hineingewobenen Perlen oder Münzen, die Lippen mit Rouge geschminkt, die Augenbrauen mit dickem Kohlestift nachgezogen. Einige hatten einen ausgesprochen dunklen Teint, der von maurischem Blut zeugte, diejenigen jedoch, vor denen sich Beatriz aufbaute, waren dunkeläugige Schönheiten mit milchweißer Haut und schlanken weißen Händen.
    Die Dame, der Beatriz die Robe abgenommen hatte – grüne Augen und ein sich an ihre Rundungen schmiegendes scharlachrotes Kleid – zuckte mit den Schultern. » Está bien . Wenn das alles ist, was Infanta Isabella hat, können wir improvisieren.« Mit bedauernder Miene wandte sie sich zu mir um. »Leider haben wir nicht die Zeit, für Euch ein passendes Kleid zu finden, aber wir können bestimmt das eine oder andere auftreiben, womit sich das hier ansprechender gestalten lässt.«
    Mit heiserer Stimme brachte ich hervor: »Und wer, bitte schön, seid Ihr?«
    Sie stutzte, als wäre ihr noch nie eine solche Frage gestellt worden. »Ich bin Doña Mencia de Mendoza, Kammerfrau von Königin Juana. Ich bin für alles zuständig, was Ihr benötigt.«
    Ich nickte und zeigte mich dabei so gefasst, wie das eben möglich ist, wenn man in Strumpfhose und Hemdchen vor jemandem steht. »Momentan benötige ich nichts, danke. Es ist keinerlei Aufhebens nötig.«
    Mencia de Mendoza machte große Augen. »Das ist doch

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