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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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verzaubert von der Darstellung des ozeanischen Meeres – eine ungeheuer weite Wasserfläche, die noch kein Mensch zu überqueren gewagt hatte. Viele glaubten, dass jenseits seines Rands nichts mehr existierte, dass dort schreckliche Ungeheuer in seinen Tiefen hausten und nur darauf warteten, arglose Schiffe in die Leere zu schleudern. Andere dagegen nahmen an, dass es in weiter Ferne unbekannte Länder gab. Legenden über diese fremden Gestade und die Abenteurer, die nach ihnen forschten, zogen mich in ihren Bann. Ich konnte gar nicht genug von den Chroniken Marco Polos lesen, der eine Route in den Orient eröffnet hatte, die für uns seit dem Fall Konstantinopels unglücklicherweise wieder verschlossen war. Gefesselt war ich auch von jenem als Henrique der Seefahrer bekannten portugiesischen Prinzen, der höchst wagemutige Expeditionen nach Afrika finanziert hatte.
    Als ich von diesen tapferen Männern las, die bereit waren, alles für das Versprechen von Entdeckungen aufs Spiel zu setzen, vergaß ich ganz, dass ich allein vor einem muffigen Folianten saß und nichts als ein unerfahrenes junges Mädchen war, das noch nicht einmal das Meer gesehen hatte. Ich verlor jedes Zeitgefühl, wurde selbst zu einem von Salz und Treibholz gegerbten Mann, durchnässt von Sprühnebel, auf den Ruf der Sirenen lauschend, um mich herum endloses Blau. Solche Bücher bewiesen mir, dass wir alle einen Mut in uns tragen, den wir freilich erst dann erkennen, wenn wir ernsthaft auf die Probe gestellt werden; ihre Worte weckten in mir eine Leidenschaft, von der ich nicht gewusst hatte, dass ich sie besaß.
    Als Enrique nach einer weiteren Konfrontation mit den Rebellen nach Segovia zurückkehrte, fühlte ich mich für alles bereit, was er von mir verlangen mochte. Doch kaum wurde ich in den sala de los reyes gerufen, wo die vergoldeten Statuen unserer Vorfahren aus ihren Nischen eindrucksvoll auf uns herabschauten, erspähte ich neben Enrique die hagere Gestalt von Villena.
    In diesem Moment begriff ich, wie wenig ich im Grunde von der Welt wusste.
    Ungläubig starrte ich Villenas hämisches Gesicht an, diesen am ganzen Leib parfümierten Mann, der meinen Blick mit einem so verächtlichen Feixen erwiderte, als hätte er nicht die letzten sechsundzwanzig Monate damit verbracht, das Volk in Alfonsos Namen zur Rebellion aufzuwiegeln. Mich verblüffte, dass er noch lebte. Ein Verrat wie der seine verdiente den Tod.
    Enrique wirkte verlegen, als ich vor ihm in einen Knicks sank. Aber auf meine Frage nach seinem Befinden platzte er heraus: »Wir haben die Mittel gefunden, diesen grässlichen Konflikt zu beenden.«
    »Das ist gut«, antwortete ich zurückhaltend. Seine Verwendung von wir gab mir zu denken. War der Krieg etwa zu Ende, wenn er und Villena ihren Streit beigelegt hatten? Aber wo waren dann Carrillo und Alfonso? Ich gab mir die größte Mühe, trotz meiner Verwirrung ein unbewegtes Gesicht zu wahren. Endlich verstand ich den Wert des Ratschlags, den mir Fernando am Abend meiner Ankunft am Hof erteilt hatte.
    »Wir sind erleichtert, dass Eure Hoheit zur Zusammenarbeit bereit sind«, dröhnte Villena in seiner schleppenden Sprechweise, »denn unser Erfolg steht und fällt mit Euch.«
    Meine Augen ruhten auf Enrique, der auf seinem Thron hin und her rutschte. Dann blickte er Bischof Mendoza an. Dieser wirkte peinlich berührt und vermochte nicht, mir in die Augen zu schauen, als Enrique ihm befahl: »Sagt es ihr.«
    Mendoza räusperte sich. Ich hatte bei aller Vorsicht eine gewisse Zuneigung zu ihm gefasst, seit er in dem Streit zwischen Juana und mir versucht hatte, die Königin zu beruhigen, als bekannt geworden war, dass Alfonso sich mit den Rebellen verbündet hatte. Auch wenn er Mencias Bruder war und damit einer der ältesten und räuberischsten Adelssippen Kastiliens angehörte, war Mendoza ein frommer und zurückhaltender Mann, der sein Amt redlich ausübte und mich seit jeher mit Respekt behandelt hatte.
    »Wir glauben …«, begann er mit sichtlichem Unbehagen, die Stirn in steile Falten gelegt. »Das soll bedeuten, wir sind der Meinung … Nun, der Geburtstag Eurer Hoheit steht bevor, und da Euch die Einkünfte der Städte Trujillo und Medina del Campo mit Vollendung Eures fünfzehnten Jahres übereignet werden sollen, wie es das Testament Eures verstorbenen Vaters König Juan vorsieht, obliegt es Euch … oder vielmehr obliegt es uns …«
    »Himmelherrgott!«, spuckte Villena. »Wir müssen doch nicht so tun, als ob

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