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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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bittere Vorwürfe durch den Kopf wirbelten. Mir war klar, dass immer noch Krieg gegen Frankreich herrschte, aber konnte er mir nicht ein kurzes Lebenszeichen schicken?
    Seid tapfer, Isabella , hatte er mir beim letzten Mal geschrieben. Wartet auf mich .
    Doch anscheinend wollte er nicht mehr auf mich warten.
    Ich wandte mich wieder Gott zu und verdoppelte meine Gebetswachen. So verriet ich auch keine Regung auf meiner Gebetsbank, als Mencia bei mir hereinrauschte, um zu verkünden, dass Girón von seiner Burg nach Madrid aufgebrochen war und neben dreitausend Lanzenreitern auch ein neues Bett für uns beide mitbrachte. Ich sah sie nicht an, als sie mir mit einem gehässigen Lachen eröffnete, ich täte gut daran, mich zu wappnen, denn sie hätte gehört, dass Girón ein grober Liebhaber sei. Ich gestattete mir indes keinen Zweifel daran, dass ich irgendwie, und sei es durch ein Wunder, verschont bleiben würde. Beatriz grämte sich um mich. Ich wusste selbst, dass ich zu wenig aß, dass ich zu mager und zu blass war. Sie hielt mir vor, ich würde noch krank werden, und grübelte darüber, ob ich womöglich glaubte, mein Tod könnte die Lösung sein.
    »Lasst mich ihn töten«, beschwor sie mich. »Ein Stoß, mehr brauche ich nicht.«
    Ich ignorierte sie bis zum Morgen jenes Apriltages, für den seine Ankunft angekündigt war. Als ich mich von meinem Kissen vor dem Altar erhob, drehte sich plötzlich die Kammer um mich, und mir wurde übel. Benommen taumelte ich zum Kassettenfenster und öffnete es einen Spaltbreit, um Luft hereinzulassen. Draußen sah ich einen Schwarm Störche um den abweisenden Hauptturm kreisen.
    Ich keuchte auf. Beatriz stürzte herbei in der Annahme, ich hätte einen Weg gefunden, mich durch den schmalen Spalt zu quetschen und mich auf die Bodenplatten tief unten zu stürzen. Doch meine wahren Gefühle konnte ich ihr nicht verraten. Von Vorzeichen und Aberglauben hielt ich nichts, und stets hatte ich die zahllosen Kartenleger und Wahrsager, die den Hof wie Ungeziefer heimsuchten, mit Verachtung gestraft.
    Doch in diesem Moment spürte ich es. Ich wusste, dass meine Gebete erhört worden waren.
    Und endlich brachte ich es über mich, zu essen und mich von Beatriz baden und verwöhnen zu lassen.
    Ich saß noch im Bottich, als Mencia hereinplatzte. »Er wird bald hier sein«, stichelte sie. »Er hat die Nacht in Jaén verbracht und ist heute Morgen erst spät aufgebrochen, aber heute Abend wird er ohne Zweifel eintreffen. Ein Mann wie er – und einen königlichen Preis wie Euch vor Augen –, Himmel, da wird er auf Händen und Füßen gekrochen kommen, wenn es sein muss!«
    »Weiche von mir, Dämonin!« Beatriz reckte ihr die gekreuzten Finger entgegen – das Zeichen der Abwehr des bösen Auges. Normalerweise hätte ich sie für solch törichtes Verhalten getadelt, doch diesmal wartete ich einfach ab. Meine Erlösung stand bevor – sie war schon auf dem Weg zu mir, mit wehenden Flügeln wie die Störche.
    Am Abend erschien Juana höchstpersönlich in meinen Gemächern. »Girón ist erkrankt«, ließ sie mich wissen, während ich gelassen an einem Altartuch weiternähte. »Seine Abreise aus Jaén ist aufgeschoben worden, aber die Hochzeit findet statt, sobald er sich erholt hat.«
    Ungerührt hob ich die Augen zu ihr.
    »O ja!«, fauchte sie. »Und wenn ich dafür sorgen muss, dass du zu ihm an sein Krankenlager kommst!«
    In dieser Nacht schlief ich tief und traumlos. Als ich ungewöhnlich spät aufwachte, sah ich Beatriz bereits fertig angekleidet vor dem Fenster stehen und hinausschauen.
    »Beatriz?«, fragte ich.
    Langsam drehte sie sich um. »Ihr wusstet es«, murmelte sie und fasste sich mit einer Hand an die Kehle. »Ihr habt kein Wort gesagt, aber Ihr habt diese Störche gesehen, und da wusstet Ihr es. Warum habt Ihr mir das verschwiegen? Warum habt Ihr mich nicht von meinen Sorgen erlöst?«
    Ich stemmte mich auf die Ellbogen. »Was soll ich gewusst haben? Wovon, um alles auf der Welt, redest du?«
    »Girón. Er ist tot. Er hatte eine fiebrige Erkältung. Da ist er im Bett geblieben und nicht mehr aufgestanden. Es heißt, er hätte am Tag vor seinem Tod Störche über den Himmel ziehen sehen. Er fürchtete, das sei ein böses Omen, und fragte seine Begleiter, was sie davon hielten. Sie versicherten ihm, das müsse ein gutes Vorzeichen sein, denn die Störche flogen in Richtung Madrid. Aber sie täuschten sich. Die Störche waren die Boten seines Todes.«
    Ich bekreuzigte mich. »Gott

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