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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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und ihre Freundinnen. In Grüppchen standen sie herum und unterhielten sich. Die Palasthunde lagen auf den Fliesen vor dem Kamin. Ich erkannte Carrillo, der mit gerötetem Gesicht auf den frisch eingetroffenen päpstlichen Nuntius einredete. Wie ich erleichtert feststellte, stand in seiner Nähe mein geschätzter Chacón, der Fernando entgegengeeilt war. Neben ihm befand sich der furchtlose Cárdenas. Mit müdem Gesicht saß er auf einem Fenstersims und kraulte einen der Jagdhunde. Als er aufsah, grinste er von einem Ohr zum anderen und erhob sich. Wie auf ein Stichwort drehten sich sämtliche Personen im sala zu mir herum.
    Alle verneigten sich tief. Ich blieb wie festgewurzelt stehen. Der Admiral trat vor, begleitet von einem breitschultrigen Mann in Lederwams und schenkelhohen, schlammbespritzten Stiefeln. Über seine breite Stirn fiel wirres, kastanienbraunes Haar; sein von der Sonne gebräuntes Gesicht wirkte im Kerzenlicht so dunkel, dass ich ihn zunächst für einen maurischen Wachmann hielt, wie Enrique sie immer gern in seiner Nähe hatte. Auch wenn er nicht groß war, strahlte er unbestreitbar Kraft aus; sein muskulöser Körper bewegte sich mit dem Selbstbewusstsein und der Eleganz von Enriques Leoparden.
    Als er vor mich trat, bemerkte ich einen Anflug von Heiterkeit in seinen Augen, die aufgrund irgendeines Effekts durch das flackernde Licht wie von der Sonne erleuchteter Bernstein glühten. Seine sehnige, geäderte Hand war kräftig, wie ich gleich zu spüren bekam, als seine Finger die meinen umschlossen. Dann führte er meine Hand an seine Lippen. Ein Bartschatten akzentuierte seine Wangen; ich spürte etwas Raues an meiner Haut.
    »Was?«, fragte er so leise, dass nur ich ihn hören konnte. »Erinnerst du dich immer noch nicht an mich?«
    Jetzt sah ich wieder den Jungen mit den leuchtenden, ausdrucksstarken Augen, aber in meiner Ängstlichkeit und Sorge, gemischt mit Vorfreude, hatte ich irgendwie vergessen, dass seither Jahre vergangen waren. Jetzt war er ein Mann von siebzehn Jahren, nicht mehr dieser wagemutige Jugendliche, der mir im Garten des Alkazar einen Heiratsantrag gemacht hatte.
    »Ich … ich habe Euch nicht erkannt«, hörte ich mich stammeln.
    »Sieht ganz danach aus.« Sein Lächeln wurde noch breiter und offenbarte seine leicht schiefen Zähne. »Aber da nun Abhilfe geschaffen wurde – gefalle ich dir?«
    »Ja«, flüsterte ich, »sehr.« Der Druck seiner Finger nahm zu, als suchte er, mir ein Geheimnis mitzuteilen, und löste eine ganze Kaskade von Empfindungen in mir aus.
    »Du mir nicht minder, Isabella«, erwiderte er. »Du gefällst mir überaus gut.« Sein Lächeln schien jetzt das ganze Gesicht zu beherrschen. »Ich habe den Dispens. Mein Vater und Carrillo haben ihn uns einen Tag vor meinem Aufbruch von Aragón verschafft.«
    »Dispens … ja natürlich. Danke.« Ich hörte kaum noch zu – zu eindringlich war mir bewusst, dass die anderen uns beobachteten, Inés mit ihrem leisen Kichern und Cárdenas mit seinem stolzen Blick, als hätte er Fernando höchstpersönlich auf dem Rücken hierhergetragen. Dabei waren sie nur Teil einer Kulisse, die ich allenfalls am Rande zur Kenntnis nahm. Die Geräusche, die von ihrer Gegenwart zeugten, wirkten merkwürdig gedämpft wie das Murmeln eines weit entfernten Flusses.
    Obwohl wir bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in einem gut gefüllten Saal standen und Dutzende von Augen und Ohren alles mitbekamen, war mir, als wären Fernando und ich ganz allein bei dieser beiderseitigen Erkenntnis, dass unser Leben ohneeinander nur eine Last wäre, deren Sinn keiner verstand.
    »Sie warten auf uns«, erinnerte er mich schließlich und brach damit den Zauber.
    Mit einem stummen Nicken löste ich meine Hand aus der seinen. Dann wandten wir uns gemeinsam dem Saal zu, woraufhin alle ihre Kelche hoben. Sobald der Toast auf unser Wohl gesprochen war, gab es Beifall. Der Lärm rauschte so laut über mich hinweg, dass ich ins Wanken geriet. Aber dann spürte ich Fernandos stützende Hand im Rücken.
    In diesem Moment wusste ich, dass ich es mit ihm an meiner Seite mit allem aufnehmen konnte, egal, was die Zukunft bereithielt.
    In den nächsten vier Tagen explodierte der Palast schier vor Jubel, als das Aufgebot bestellt wurde und die mir ergebenen Granden mit ihrem Gefolge aus ganz Kastilien herbeiströmten. Fernando und ich fanden keine Zeit mehr für uns selbst, weil wir zu jeder Minute von Menschen umringt waren. Doch hin und wieder gelang

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