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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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versprochen und doch nicht gehalten. Wenn ich dir verzeihe, würdest du dir sagen, sie wird mir auch ein zweites Mal verzeihen.“
    „Bianca, niemals. Ich würde dir auf ewig treu bleiben, wenn du mir nur verzeihst.“ Seine Unruhe, seine Furcht sie zu verlieren ließen seine Lippen zittern.
    „Nein, O Gott, ich habe mich vor ganz Florenz lächerlich gemacht. Wie haben mich die Menschen gewarnt. Ich hab nicht auf sie gehört. Ich habe immer geglaubt unsere Liebe hielte ewig.“ Sie schluchzte und sank auf den Boden, wobei sie darauf achtete, nicht in die Flecken zu fallen.
    Francesco kniete sich neben sie, bückte sich und küsste ihre Haare. Er streichelte ihren Kopf, er versuchte vergeblich, sie aufzurichten.
    „Geh“, rief sie, „gehe zu deinen Mätressen. Ich bin ja auch nur für dich eine von vielen. Geh zu Marietta. Leg dich zu deiner Johanna. Ihr ist es egal, mit wie vielen Weibern du schläfst, und ob dein Schwanz gerade aus Mariettas Mund kommt.“
    Ruckartig erhob sie sich und strich ihr Kleid glatt. Aus ihren verweinten Augen sprühte der Zorn, ihr Puder war durch die Tränen aufgeweicht, ein Tränenkanal hatte sich durch den Puder mäandriert.
    „Ich geh rief sie, ich weiß noch nicht wohin. Ob mich überhaupt noch jemand will?“
    „Bianca“, aus seiner Stimme klang Panik. Er hatte sich vor sie gestellt, hielt sie fest. „Bianca, gib mir noch eine Chance. Sei nicht so grausam mit mir. Hilf mir lieber, das wieder in Ordnung zu bringen.“
    Er suchte ihren Mund und küsste sie. Er wusste, wie empfindlich sie auf Küsse reagierte. Francesco umarmte sie, hielt sie fest und küsste sie unendlich lange.
    Sie konnte kaum Luft holen und zwischen zwei Küssen schluchzte sie, „versprich mir hoch und heilig, dass du keine andere Frau neben mir haben wirst. Sonst, sonst könnte ich nicht …, ach versprich es einfach“, forderte Bianca.
    Der Fürst Medici sah eine neue Chance, seine Geliebte zu halten.
    „Bianca, ich verspreche es dir hoch und heilig, nur du bist meine Geliebte. Ich bin noch nicht einmal an anderen Frauen interessiert.“
    Zufrieden schnurrte sie wie ein kleines Kätzchen. Sie ließ es dabei bewenden. Nichts mehr als einen zur Warnung abgegebenen Pfeil wollte sie loslassen, damit er endlich seine Eskapaden aufgab. Sie wusste, Francesco würde sich zumindest ab jetzt sehr einschränken, was die sexuellen Abenteuer mit anderen Frauen anbelangte. Ob sie ihn ewig davon abhalten könnte, war eine andere Frage.

Die Hexenmeisterin
    in der Via Maggio
    Es schien plötzlich keine Frage mehr zu sein, ob Francesco ihr seine bisherigen Geheimnisse der Alchemie preisgab. Sie fragte und er gab ihr die sorgfältig wie von einem Buchhalter aufgezeichneten Unterlagen.
    Würde ihr die neue Sucht, der sie sich in der Hexenküche hinlänglich hingab, die Erfüllung bringen, die sie sich davon versprach? Würde sie neben der Macht in der Toskana auch noch die Macht über Schönheit und das Leben gewinnen?
    Francesco war ihr gegenüber butterweich geworden. Nicht noch einmal wollte er sich einer gefährlichen Situation, wie der überstandenen aussetzen.
    Sie durfte bei ihm mitarbeiten, er bezog sie in die Geheimnisse seiner Forschung ein. Als sie zum ersten Mal das Heiligtum betrat, die Werkstatt, das alchemistische Labor, fand sie sich inmitten all der vielen Töpfe und Behälter, die sie zuvor in den Büchern studiert hatte. Sie würde den geheimnisvollen Schimmer lüften, der über den Gesprächen der Alchemisten lag, würde seinen abwesenden Blick ergründen, wenn er zu ihr von seinen Experimenten redete. Bisher hatte er zu ihr mit mystisch verschleierten Äußerungen gesprochen. Nun würde sie sich verabschieden von dem üblichen Gespensterspuk und Dämonenglaube, von Hexenwahn und Teufelskult, wie sie von den alten Weibern in Friaul und den weissagenden Hexen praktiziert wurden. Sie würde aus der Rumpelkammer der verängstigten Menschheit hinaustreten. Und hineingehen in das Licht einer forschenden Wissenschaft in den Labors von San Marco in der Praxis und ebenso im Studiolo bei der Theorie.
    Von Anbeginn an richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die Tinkturen, auf das „Aqua vitae“, das Lebenswasser, das sie zu erstellen gedachte. Sie glühte und schmolz das Gold auf und löschte es in Alkohol ab, wiederholte den Vorgang immer und immer wieder, bis zu fünfzig und mehr Male. Sie experimentierte mit Beigaben wie Malven- und Melissenwein, fügte Saffranwein und Weingeist hinzu, digerierte das Gold in

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