Der Schwur der Venezianerin
genannt wurde, nahm in den nächsten Wochen und Monaten die ganze Aufmerksamkeit der jungen Frau in Anspruch. Das Verhältnis zu Pietro hatte sich schnell merklich verschlechtert, soweit es überhaupt noch möglich war. Ein Gespräch mit ihm fand so gut wie nicht mehr statt. Selbst in dem Haus gingen sich beide aus dem Wege. Ihre kleine Tochter, die einige Monate nach der Hochzeit geboren war, hatte Francesco in einem Kloster zur christlichen Erziehung unterbringen lassen. Sie war dadurch, wie alle einvernehmend bewerteten sehr gut aufgehoben. Das Mädchen hatten sie nicht gefragt.
Der bekannte Künstler und Architekt Bernardo Buontalenti war mit der Aufgabe des Umbaus in der Via Maggio beauftragt worden. Vor allem von der Außenfassade hob sich das Gebäude von den anderen Palästen ab. Alle glatten Außenwände zur Via Maggio hin wurden mit Arabesken in schwarz-weiß verziert. Blumen und Löwen, tanzende Putten und wohlgestaltete nackte Mädchen erfreuten zusätzlich das Auge des Betrachters. Die Kunst Buontalentis wies darauf hin, dass man es mit einem Haus der Freude und Lebenslust zu tun hatte. Interessant und unerklärlich fanden die Passanten und Besucher ausschließlich die beiden großen Fledermäuse, die unterhalb der unteren Fenster in die Wand gezeichnet waren. Niemand konnte sich diese Allegorie erklären, selbst der Künstler gab auf Befragung zur Antwort, dies sei ein Wunsch der Bianca Cappello, ihr eigenes Geheimnis. Tatsächlich wusste niemand von der Symbolkraft dieser Figuren. Nur Bianca wusste darum, und sie behielt es für sich. Ein einziges Mal erwähnte sie es ihrem geliebten Francesco gegenüber.
„Ich erinnere mich durch diese Allegorie stets daran, dass ich immer meinen Weg nahezu blind finde, mit Mitteln, die geheimnisvoll sind.“
Francesco hatte wohl nicht richtig zugehört, oder er hatte ihre Bemerkung nicht verstanden. Zumindest wusste er bald nicht mehr, was sie gesagt hatte. Ein zweites Mal verweigerte sie die Auskunft.
Jeder, der sich mit der Allegorie befasste, jeder, der versuchte den Inhalt zu begreifen, wäre auf ihre künftigen Ziele und auf die Antwort gestoßen, die von allen Florentinern sehnlichst erwartet wurde.
Bald nach dem Einzug fand sich eine neue Inschrift auf einem der Gemälde an der Fassade:
„Hier wohnt die Patrizierin aus Venezia, die Hure, die Francesco beschläft.“
Bountalenti hatte also wieder mit der Wand zu tun. Dann aber zeigte sich die Ruhe in Florenz. Die Bürger liebten Bianca nicht, fanden sich aber damit ab, dass ihr Herrscher mit ihr seine Spielchen trieb.
Wer seinen Palazzo auf der Arnoseite, an der sich auch der Palazzo Pitti befand, nicht neu bauen konnte, der gestaltete zumindest die Fassade neu. Und das geschah im Stil des Bernardo Buontalenti, der das Haus der prächtigsten Schönheit der Stadt, mit helldunkel arabesken Verzierungen verschönert hatte.
„War Bianca Ihrem Streben ein Stück näher gekommen?“, fragte sie sich selbst. „Örtlich ja“, fand sie. „Stück für Stück lief ihr das Glück entgegen.“
Erfüllung einer Vision
Manchmal fragte sie sich selbst, ob das Schicksal stets so gnädig mit ihr umspringen würde?
Den nächsten Schritt hatte sie seit langer Zeit geplant. Sie ging ihn an, wie sie alle Schritte plante. Gab es für Bianca Zweifel, dieses Ziel zu erreichen? Von Anbeginn an nicht.
In der Villa gab es eine praktische Alchemistenwerkstatt, in der sich die beiden Forscher nach langer Zeit endlich wieder in der Alchemie ergötzen konnten. Bianca erinnerte sich an die Vision, die sie am Ende der Flucht aus Venedig und bei ihrem Einzug in Florenz gehabt hatte. Ebenso an den Schwur, den sie Pietro gegenüber geleistet hatte. Sie wollte wenigstens ab und zu den Quecksilber- und Schwefeldämpfen, den feinsten Metallspänen und dem aufkochenden Gift aus dem Wege gehen.
Daher sprach sie ihren Liebhaber in dem Palazzo Bianca an: „Die Sommer sind zu heiß, die Medici Villen sind mir noch wegen der Kaiserschwester verwehrt. Was wir brauchen, ist ein Ort der Erholung für unsere Körper, um neue Kraft zu schöpfen, um die Feste gebührend mit dir feiern zu können. Francesco, die Liebe zwischen uns beiden gebiert in ihrem glücklichen Schoß die schönste Villa, die erholsamsten Gärten, die von den Medici je ersonnen wurden. Was ist schon die Villa Caffagiolo im Mugello. Sie ist nichts als eine ungeheure Festung, die die Menschen bedroht. Sie schenkt nicht Liebe, nicht Frohsinn. Sie zeigt den Starrsinn
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