Der Schwur der Venezianerin
deiner Vorfahren, die Sturheit deiner Vorväter. Was ist die Villa Cerreto Guidi? Ein hässliches Gebilde mit noch hässlicheren Treppen. Was ist die Villa in Poggio a Caiano? Ihr mangelt es an Lieblichkeit einer schönen Frau. Was uns fehlt, mein geliebter Francesco, ist die Villa, der Zufluchtsort, in dem wir unsere gemeinsamen Gäste empfangen können, in dem wir uns zur Sommerzeit zurückziehen können, wo wir uns erholen können, auch wenn es noch so heiß ist.“
„Was soll ich noch mit einer zusätzlichen Villa? Ich kann schon die nicht mehr besuchen, die mir gehören. Eine weitere Villa vergrößert dieses Problem.“
„Wenn du mich ein wenig liebst, mein Gebieter, wirst du mich verstehen. Keine deiner Villen gehört mir. Oder soll ich etwa in einer dieser Villen Johanna begegnen? Oder willst du mich auf immer hier in Florenz einsperren, auf Gedeih und Verderb in der Via Maggio?“
„Du weißt, wie sehr ich dich liebe. Du weißt, dass ich alles für dich tue.“
Sie zog sich ein wenig von ihm zurück und entwickelte ohne Verzug ihre Pläne.
„Wenn man aus dem Apennino von Norden nach Pratolino kommt, hat man den schönsten Blick über die weit nach unten fallende Landschaft. Es ist nicht weit von Florenz. Selbst eine Tagesreise dorthin lohnt sich. Francesco, ich sehe sie vor mir, die schönste Villa mit den prachtvollsten Gärten, die uns unsere Künstler schenken. Ein Gelände, wie es schöner nicht sein kann. Es ist wie geschaffen für unsere Liebe. Es ist aber auch wie geschaffen für unsere Gäste, für unsere Besucher.“
Bianca hatte ihren Blick in die Ferne gerichtet, sie breitete die Arme aus. Sie sprach nicht nur von ihrer Vision. Sie erlebte sie zum zweiten Mal, als sie sagte:
„Du stehst am oberen Rand des Gartens und schaust über einen abfallenden Hügel. Florenz liegt dir zu Füßen. Es ist die Umsetzung unseres Traumes. Mächtige, alte Bäume, Buchen-, Eichen-, Linden und Pinienhaine wechseln sich ab, dazwischen liegen weite Wiesen und inmitten dieses Geländes fast eine Ebene, in der wir unsere Villa erstellen können. Wasserspiele, schattige Wege, künstliche Felsen, Teiche, - Francesco, ich weiß, du hast noch viel mehr Ideen als ich. Es wird die Villa sein, die mit deinem Namen verbunden sein wird. Du wirst gegen die Festungen der alten Zeit das verliebte, leichtfüßige Gebäude unserer Zeit setzen.“
Er schaute auf den Boden. Bianca sah, dass er sich längst mit ihren Gedanken anfreundete, und sich längst in der Umsetzung befand. Daher schwieg sie, schwieg sehr lange. Nach einer Weile hob er seinen Kopf. Sie wartete nicht auf seine Antwort. Die war ihr klar. Sie fügte nur noch einen Wunsch hinzu.
„Francesco, nur noch eine Bitte. Bevor du dich für das Gelände entscheidest, möchte ich es mit dir gemeinsam in seinen Umrissen abstecken. Mein, Geliebter, du hilfst mir, meine Vision zur Vollendung zu bringen.“
„Das ganze Gelände gehört mir nicht“, waren seine ersten Bemerkungen, als sie gemeinsam in Pratolino am oberen Rand von Biancas Visionen in die Tiefe des Tales hinab schauten. Sie erinnerte sich in diesen Minuten an die Erlebnisse ihrer Flucht aus Venedig, an die vielen Abenteuer, Ängste und Nöte. Ein Blick zurück nach Norden in das Gebirge des Apennino, ließ sie erschauern. Für einen kurzen Augenblick waren sie wieder erschienen, die starr funkelnden Wolfsaugen des Nachts, wenn sie keine Herberge gefunden hatten. Schnell wandte sie sich wieder ab nach Süden. Sie erinnerte sich vor allem daran, als sie zum ersten Mal genau an dieser Stelle ihre Vision hatte.
„Wenn dir dieses Gelände nicht gehört, dann mach es zu deinem Eigentum, Fürst von Florenz“, forderte sie ihn streng auf. Sie selbst bemerkte, dass ein wenig zu viel Kälte in ihrer Stimme lag.
„Ja, ja“, besänftigte er sie. „Ich mache dir jetzt, hier und heute, an dieser Stelle die Villa Medicea di Pratolino zum Geschenk. Es soll alles so geschehen, wie du es wünschst.“
Bianca starrte sprachlos auf ihren Geliebten. Mit einer solch schnellen Entscheidung hatte selbst sie nicht gerechnet. Sie umarmte ihn, warf ihn zu Boden und wollte sich an ihm vergreifen. Er lachte zum wiederholten Mal bei ihr, erhob sich und sagte: „Wenn ich schon nicht ich immer glücklich sein kann, sollst du es zumindest sein.“
Francesco leitete umgehend bei seinem Minister für Stadtplanung und Straßenbau die Gespräche mit dem Eigentümer des Geländes ein. Wieder war es Buontalenti, der die Ideen und
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