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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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seinen besten Wein angepriesen, als ein Bettler ihn beschimpfte, „schütte deinen Essig, den du Wein nennst, nicht in den Canal Grande, sonst vergiftest du die ganze Stadt.“ Die Umstehenden hatten ihre Freude an den groben Späßen. Der Weinhändler aber legte dem Bettler ein paar schwere Münzen in seinen Hut, auf dass er ihn in Ruhe ließe und von dannen zog.
    „Il zampognaro co’pupi“, der „Dudelsackbläser mit Puppen“ fing das Interesse Biancas ein. Er zeigte einen wunderbaren Tanz seiner kleinen Wesen. Unter einem roten Hut mit goldfarbenen Schellen, die bei jeder Bewegung blechern erklangen, suchte ein gewaltiger schwarzer Haarschopf nach Freiheit. Selbst auf seinen langen, roten Schuhen thronte an der Spitze eine große Schelle. Er trug eine blaue Hose, die kurz unterhalb der Knie eng an die Waden gebunden war. An Fäden, die an einem Pflock und am anderen Ende an seinem linken Unterschenkel endeten, ließ er die etwa eine Elle großen Puppen, ein zauberhaftes Mädchen mit langen blonden Haaren und einen Clown geschickt voreinander tanzen. Fasziniert beobachtete Bianca das rätselhafte Spiel. Der Akrobat erlaubte es der schönen in prächtige Gewänder gekleideten Puppe, den Clown nach ihrem Willen hüpfen und seine Pirouetten drehen zu lassen. Zwischen seinen Liedern rief er:
    „Schaut Leute, seht her, wie sich die Welt dreht. Einzig und alleine um das schöne Weib, die Frau, die es versteht, den Mann zu lenken und tanzen zu lassen. Er aber, der Held unserer Tage, ist nichts anderes als der Clown vor diesem Weib. Er macht sich gar selbst zum Clown.“
    Das Volk lachte, jubelte und warf klingende Münzen in seinen Hut auf dem Pflaster. Die Menschen liebten es heute, den Kern ihres Lebens mit so wenigen Zeichen dargestellt zu sehen. Eine größere Menge sammelte sich um den Spieler, bis er bald einen Clown unter den Zuschauern ausfindig gemacht hatte und ihn aus den Reihen herausholte. Dazu tippte er auch noch mit seinem Finger auf Bianca. Von einem Uhrwerk aufgezogen, begann sie vor diesem lebendigen Clown zu tanzen. Mit grazilen Bewegungen lenkte sie ihn an imaginären Fäden, ließ ihn auf die Knie kriechen und seine Stirne ihre Schuhe berühren. An den weichen Bewegungen und der Leichtigkeit des Tanzes bemerkte die schöne Frau, dass sich unter dem Kostüm des Narren ihr gegenüber eine Frau bewegte. Umso leichter gelang es den beiden, ihr Spiel der albernen Unterwürfigkeit des Mannes gegenüber der Frau mit künstlerischer Vollendung zu spielen. Zart berührte der Clown mit seinen Lippen ihre Brüste und küsste die aufgerichteten Spitzen. Mit seinen Händen streichelte er ihre Hüften und stieß seine Zunge durch die Maskenöffnung in ihren Mund. Das eine ums andere Mal ließen die Berührungen der unbekannten Schönen die Sinne Biancas entschwinden. Sie fühlte sich zu diesem weiblichen Wesen hingezogen, verspürte sie doch den Wunsch, sich mit ihm in aller Stille zu vereinigen. Doch die unsichtbaren Fäden im Tanz zogen den Clown stets von ihr fort, verlangten von ihm die Verbeugung bis zur Erde und selbst den Kuss auf die Schuhe. Biancas Mittänzerin verstand es, die begehrtesten Rundungen und Öffnungen ihres Körpers zu versuchen, und immer wieder lenkten die weiblichen Fäden den Clown zu unterwürfigem Handeln.
    Die erotischen Anbahnungen, das Versteckspiel der Geschlechter wurden vom Volk bejubelt, fand es sich doch selbst in dem grotesken Spiel wieder. „Il zampognaro co’pupi“ kommentierte den Tanz der Unterwürfigkeit mit Zurufen und Aufmunterungen. Die Zuschauer glaubten, eine Tanzgruppe vor sich zu haben und spendeten eifrig in den Hut des Gauklers. Gerne überließen die beiden Akteure ihm den Hut, als sie vor Erschöpfung ihr Spiel beendeten und sich unerkannt in unterschiedliche Richtungen davonmachten.
    Von nun an übernahm die junge Cappello eine andere Rolle. Sie hatte am Balkon vom elterlichen Palazzo oder bei häuslichen Festlichkeiten, abgedrängt in die Rolle der Passiven, gelernt, zu beobachten und das Tun der anderen wahrzunehmen. So saugte sie auch jetzt die Geschehnisse um sich herum auf, schaute den anderen zu, erkannte das Streben und Handeln der meisten. Immer wieder erwehrte sie sich der Begierde einiger, die sich an ihrer Brust vergriffen. Ein verführerischer Reiz ging von den beiden wunderschönen Hügeln aus. Unerträglich musste es für die Männer sein, auch noch die Spitzen zu sehen, die sie zu unkontrolliertem Handeln hinrissen.
    Oft sah sie

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