Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
litt
offenbar starke Schmerzen, wirkte aber dennoch kräftiger, als er zu hoffen gewagt hatte. Tala, die ihr folgte, sah allerdings beunruhigt aus.
Bahzell musste einräumen, dass die Haushälterin ihre Sache gut gemacht hatte. Nur einem sehr aufmerksamen Beobachter würde auffallen, dass das schlichte, graue Gewand eine Spur zu weit und sein Saum für Farmah ein oder zwei Handbreit zu kurz waren. Dafür half das weite Kleid, die Verbände zu verbergen, mit denen Tala Farmahs verletzte Rippen versorgt hatte. Die langen, weiten Ärmel bedeckten auch die Hautaufschürfungen, die die Stricke an den Armen des Mädchens hinterlassen hatten. Tala hatte Farmah zwar frisiert, die Prellungen und Platzwunden auf Farmas Gesicht jedoch nicht verbergen können. Immerhin hatte sie das Blut abgewaschen, und die Platzwunden bluteten nicht mehr. Sie stachen allerdings auffällig hässlich hervor, ebenso wie die Prellungen, vor allem die über ihrem gebrochenen Wangenknochen, die blau angelaufen und geschwollen waren.
Farmah bemerkte seinen Blick und hob unwillkürlich eine Hand zu ihrem Gesicht.
»Es tut mir Leid, M’lord«, sagte sie kläglich. Bahzell spürte ihre Scham über die Entstellung. Einige dieser Narben würden ihr Leben lang bleiben, das ahnte sie wohl und wusste zudem, dass jeder, der sie sah, sofort erraten würde, was ihr widerfahren war. »Aber …«
»Still, Kleine! Schließlich ist es nicht deine Schuld!« Er warf Tala einen kurzen Blick zu. »Ich glaube, eine Kapuze wäre von Nutzen«, begann er, »und …«
»Das wäre sie allerdings, M’lord.« Tala hob den Arm mit dem Umhang, den sie darüber gelegt hatte. »Ich hätte außerdem noch ein paar Vorschläge.«
»Du solltest dich besser nicht weiter in die Sache einlassen«, widersprach Bahzell, was ihm ein verächtliches Schnauben eintrug.
»Ich stecke bereits tief genug drin, um zu ersaufen, M’lord, also hebt Euch Eure Kümmernis für die Dinge auf, die Ihr ändern könnt.« Ihrem Alter nach hätte sie Bahzells Mutter sein können,
und ihr barscher Ton ähnelte so sehr dem seines Kindermädchens, dass er trotz seiner Anspannung lächeln musste. Offenbar war es Churnazh nicht gelungen, alle seine Sklaven vollkommen gefügig zu machen.
»Schon besser«, sagte Tala und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. »Und jetzt, M’lord, zu Eurem Plan. Wenn Ihr beide versucht, gemeinsam zu fliehen, werdet Ihr vom ersten Wachposten angehalten, dem Ihr begegnet.«
»Eben, und genau deshalb …«
»Bitte, M’lord.« Sie hob die Hand und Bahzell schloss seinen Mund mit einem hörbaren Klacken. »Ihr müsst nicht zusammen fliehen. Alle Bediensteten wissen, wie Ihr Euch heimlich hier herein- und herausschleicht und Lord Brandark besucht.« Sie hob vielsagend die Brauen, da sie seinen erstaunten Blick bemerkte. »Natürlich wissen sie es! Wenn sie Euch jetzt sehen, werden sie annehmen, dass Ihr wieder zu ihm unterwegs seid – und wegschauen, wie gewöhnlich. Die Wachen werden Euch wahrscheinlich nicht anhalten, wenn Ihr allein geht. Stimmt das?«
»Aye, das stimmt«, gab er zögernd zu.
»In diesem Fall wäret Ihr am klügsten beraten, Euch durch den Hinterausgang hinauszuschleichen, während Farmah den Palast geradewegs durch den Vordereingang verlässt, M’lord.«
»Seid Ihr verrückt geworden? Mit diesem entstellten Gesicht lassen die Wachen sie niemals passieren, Weib! Und wenn doch, werden sie wissen, wer sie so gezeichnet hat, sobald sie Harnak finden!«
»Natürlich werden sie das.« Tala sah zu ihm hoch und schüttelte den Kopf. »M’lord«, sie klang wie eine geduldige Mutter, die ihr kleines Kind belehrt, »sie werden das ohnehin erraten, wenn sie feststellen, dass Farmah verschwunden ist. Welchen Sinn ergibt es, etwas anderes vorzutäuschen, vor allem, wenn Ihr die Chance habt, ungehindert zu passieren, falls Ihr getrennt geht? Jedenfalls bis zum Stadttor.«
»Aye.« Bahzell rieb sich wieder das Kinn. »Das klingt vernünftig. Aber sieh sie dir an, Tala.« Farmah war erneut zusammengesunken und lehnte sich Halt suchend an die Türzarge. Als
sie die Blicke der beiden bemerkte, straffte sie sich und stellte sich mühsam aufrecht. Bahzell schüttelte sanft seinen Kopf. »Das ist kein Vorwurf gegen dich, Farmah, und es ist auch nicht deine Schuld, aber du wirst ohne Hilfe nicht einmal durch die Eingangshalle gelangen.«
»Das stimmt, M’lord, das wird sie nicht, es sei denn, ich gehe mit ihr.« Bahzell sah die Haushälterin fassungslos an, und
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