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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wiederholte.
    Ich erhob mich also und trat zu ihm. Er rieb den schön gebauten Kopf an meiner Schulter, öffnete die Nüstern und sog die Luft ein, welche leise von Süd herunterstrich. Ich folgte dieser stillen Aufforderung – wirklich, die Luft roch brenzlich, sie führte Rauch mit sich. Stammte dieser Geruch noch von meinem bereits verlöschten Feuer, oder gab es da südwärts eine zweite Lagerstätte?
    Ich mußte mich überzeugen und schlich in der angegebenen Richtung vorwärts. Meines Pferdes, welches ich zurückließ, war ich natürlich sicher. Es war angehobbelt 1 und hätte auch, ohne gefesselt zu sein, den Platz nicht eher verlassen, als bis ich zu ihm zurückkehrte.
    Je weiter ich vorwärts kam, desto leichter bemerkbar, desto stärker wurde der Geruch; der Rauch wurde dichter, und endlich sah ich den hellen Schein des Feuers zwischen den Bäumen leuchten. Ich verdoppelte die Vorsicht und sah nun, hinter einer mächtigen Eiche stehend, vier Männer um das Feuer liegen. Sie waren Weiße und trugen die dauerhafte Kleidung der Fallensteller. Ein jeder hatte die Waffen bei der Hand liegen, doch zeigten sie sämtlich kein gefährliches Aussehen. Ich schob mich unhörbar noch weiter vor, stand dann auf und war nach drei raschen Schritten neben ihnen.
    »
Good evening,
Mesch’schurs!« grüßte ich. »Habt ihr nicht noch einen Platz bei euch am Feuer?«
    Sie hatten bei meinem Erscheinen sofort die Waffen ergriffen, waren aufgesprungen und umringten mich jetzt, die Büchsen schußfertig im Anschlage.
    »Wer seid Ihr?« fragte der eine.
    »Nichts, weiter nichts als ein einsamer Westläufer, der sich freut, Kameraden gefunden zu haben.«
    »Oho! Ihr seht nicht aus wie ein Westläufer, mein Junge! An Euch ist ja alles so sauber und blitzeblank, daß Ihr von Westen gar noch nicht viel gesehen haben könnt. Woher kommt Ihr, he?«
    »Von Fort Cast.«
    »Ah! Und wohin wollt Ihr?«
    »Hinüber nach dem Tonque, um einen Freund zu treffen, der mich dort erwartet.«
    »Wer ist dieser Freund?«
    »Winnetou, der Apache.«
    »
Good lak!
Ist’s wahr?«
    »Ich habe es ja deutlich genug gesagt!«
    »Ihr kennt Winnetou? Wirklich? Ah, das müßt Ihr uns erklären! Setzt Euch zu uns; sagt uns aber vorher, in welcher Gesellschaft Ihr Euch befindet!«
    »Ich bin allein.«
    »Allein? Ich will gejagt sein, wenn das wahr ist! Ihr seht mir ganz und gar nicht aus wie ein Mann, der das Herz hat, sich so allein im alten Walde umherzutreiben!«
    »Danke, Master! Ihr haltet mich also für ein Greenhorn?«
    »So ähnlich. Also, was für Leute sind bei Euch?«
    »Kein Mensch. Ich nehme es euch nicht übel, daß Ihr vorsichtig seid, aber dieses Mal seid ihr im Irrtume. Ich bin ein Deutscher, und es sollte mir leid thun, wenn ich das Aussehen eines Buschheaders hätte.«
    »Na, das nun eben nicht! Also ein Deutscher seid Ihr? Ja, einem Deutschen ist es zuzutrauen, daß er im Festtagsstaate im Walde herumläuft, um von irgend einem Indsman gefälligst skalpiert zu werden. Wo habt Ihr Euer Pferd?«
    »Ganz in der Nähe am Flusse.«
    »So holt es! Ich gehe mit, und wehe Euch, wenn ich finde, daß Ihr uns belogen habt!«
    Ich ging, und er schritt hinter mir her. Als wir meinen Lagerplatz erreichten, wo ich die zurückgelassene Büchse und meine Decke vom Boden aufhob, meinte er:
    »Wahrhaftig, es ist so! Ihr seid allein. Aber Mensch, wer wagt sich denn so einzeln in diese Gegend, die jetzt von Sioux wimmelt?«
    »
Pshaw!
Die Sioux thun mir nichts!«
    »Nichts? Warum denn grad Euch nichts?«
    »O, wir sind dicke Freunde,« lachte ich.
    »
Egad,
Ihr seid ein sonderbares Menschenkind. Nehmt Euer Pferd, und kommt mit zum Feuer. Wir können uns einiges erzählen, ehe wir schlafen.«
    Als wir zurückkehrten, sahen die andern drei ihn mit fragenden Augen an.
    »Es ist so,« sagte er, mit dem Kopfe nickend. »Dieser Master ist ganz allein hier im Walde, und er behauptet sogar, daß die Sioux seine dicksten Freunde sind.«
    Sie betrachteten mich mit sehr ungläubigen Blicken. Es war zu sehen, daß sie sich über mich nicht klar werden konnten. Der Westmann gibt nicht das mindeste auf sein Aeußeres; je herabgekommener er aussieht, desto mehr hat er durchgemacht; ich aber hielt meine Waffen stets blank und hatte auf Fort Cast ja auch Zeit gehabt, mein Habit in Ordnung zu bringen, so daß ich ihnen allerdings wie ein Neuling erscheinen konnte. Ich nannte ihnen meinen Namen.
    »Habe ihn noch nicht gehört,« sagte der eine. »Ihr könnt noch nicht sehr lange in

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