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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dann eine Nase in’s junge Gesicht steckt, welche so lang ist, daß Ihr die Spitze derselben nicht mit dem Fernrohre erkennen könnt!«
    Die letzteren Worte erreichten ihren Zweck. Der Kommandant war wohl ein verständigerer Mann, als sein Untergebener. Der Sergeant mußte in seinem Bericht selbstverständlich unser Zusammentreffen und den Erfolg desselben erwähnen. Wenn ein Postenführer auf einen so berühmten Jäger trifft, so ist das von großem Vortheile für ihn, weil dann Gedanken und Meinungen ausgetauscht, Beobachtungen mitgetheilt und Rathschläge gegeben werden, welche oft von großem Nutzen sein können. Westmänner von der Art Old Death’s werden von den Offizieren ganz wie ihresgleichen und mit größter Rücksicht und Hochachtung behandelt. Was konnte nun dieser Sergeant von uns berichten, wenn er in dieser Weise mit dem bewährten Pfadfinder verfuhr? Das sagte er sich jetzt wohl im Stillen, denn die Röthe der Verlegenheit war ihm bis an die Stirn getreten. Um diese Wirkung zu verstärken, fuhr Old Death fort: »Euern Rock in Ehren, aber der meinige ist wenigstens ebenso viel werth. Es könnte Euch bei Eurer Jugend gar nichts schaden, von Old Death einige Rathschläge zu vernehmen. Wer ist denn jetzt Kommandant auf Fort Inge?«
    »Major Webster.«
    »Der noch vor zwei Jahren in Fort Ripley als Capt’n stand?« fragte Old Death weiter.
    »Derselbe.«
    »Nun, so grüßt ihn von mir. Er kennt mich sehr wohl. Habe oft mit ihm nach der Scheibe geschossen und den Nagel mit einer Kugel durch das Schwarze getrieben. Könnt mir Euer Notizbuch geben, damit ich Euch einige Zeilen hineinschreibe, die Ihr ihm vorzeigen mögt! Ich calculire, daß er sich ungemein darüber freuen wird, daß einer seiner Untergebenen Old Death einen Spion nannte.«
    Der Sergeant wußte in seiner Verlegenheit keinen Rath. Er schluckte und schluckte und stieß endlich mit sichtlicher Mühe hervor:
    »Aber, Sir, ich kann Euch versichern, daß es wahrlich nicht so gemeint war! Bei Unsereinem ist nicht alle Tage Feiertag. Man hat seinen Aerger, und da ist es kein Wunder, wenn Einem einmal ein Ton ankommt, den man gar nicht beabsichtigt hat!«
    »So, so! Nun, das klingt höflicher als vorher. Ich will also annehmen, daß unser Gespräch erst jetzt beginnt. Seid Ihr auf Fort Inge mit Cigarren versehen?«
    »Nicht mehr. Der Tabak ist zu unser Aller Bedauern ausgegangen.«
    »Das ist sehr schlimm. Ein Soldat ohne Tabak ist ein halber Mensch. Mein Gefährte hat sich eine ganze Satteltasche voll Cigarren mitgenommen. Vielleicht gibt er Euch von seinem Vorrath mit.«
    Des Sergeanten und der Andern Augen richteten sich verlangend auf mich. Ich zog eine Hand voll Cigarren hervor und vertheilte sie unter sie, gab ihnen auch Feuer. Als der Unteroffizier die ersten Züge gethan hatte, breitete sich der Ausdruck hellen Entzückens über sein Gesicht. Er nickte mir dankend zu und sagte:
    »So eine Cigarre ist die reine Friedenspfeife. Ich glaube, ich könnte dem ärgsten Feinde nicht mehr gram sein, wenn er mir hier in der Prairie und nachdem wir wochenlang nicht rauchen konnten, so ein Ding präsentirte.«
    »Wenn bei Euch eine Cigarre mehr Kraft hat als die größte Feindschaft, so seid Ihr wenigstens kein ausgesprochener Bösewicht,« lachte Old Death.
    »Nein, das bin ich freilich nicht. Aber, Sir, wir müssen weiter, und so wird es sich empfehlen, das zu fragen und zu sagen, was nöthig ist. Habt Ihr vielleicht Indianer oder andere Fährten gesehen?«
    Old Death verneinte und fügte hinzu, ob er denn der Meinung sei, daß es hier Indianer geben könne?
    »Sehr! Und wir haben alle Ursache dazu, denn diese Schufte haben wieder einmal das Kriegsbeil ausgegraben.«
    »Alle Wetter! Das wäre böse! Welche Stämme sind es?«
    »Die Comanchen und Apachen.«
    »Also die beiden gefährlichsten Völker! Und wir befinden uns so richtig zwischen ihren Gebieten. Wenn eine Scheere zuklappt, so pflegt dasjenige, was sich dazwischen befindet, am schlechtesten wegzukommen.«
    »Ja, nehmt Euch in Acht. Wir haben schon alle Vorbereitungen getroffen und mehrere Boten nach Verstärkung und schleuniger Verproviantirung geschickt. Fast Tag und Nacht durchstreifen wir die Gegend in weitem Umkreise. Jeder uns Begegnende muß uns verdächtig sein, bis wir uns überzeugt haben, daß er kein Lump ist, weßhalb Ihr mein voriges Verfahren entschuldigen werdet!«
    »Das ist vergessen. Aber welchen Grund haben denn die Rothen, gegen einander loszuziehen?«
    »Daran ist eben

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