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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gehabt?«
    »Nur ein einziges Mal, vorgestern gegen Abend, ein einzelner Reiter, welcher nach Sabinal wollte. Er nannte sich Clinton, das weiß ich ganz genau, denn ich hatte grad die Thorwache, als er kam.«
    »Clinton! Hm! Ich will Euch einmal diesen Mann beschreiben. Schaut zu, ob er es ist!«
    Er beschrieb Gibson, welcher sich ja bereits vorher den falschen Namen Clinton beigelegt hatte, und der Sergeant sagte, daß die Beschreibung ganz genau stimme. Zum Ueberflusse zeigte ich ihm die Photographie, in welcher er das zweifellose Bild des betreffenden Mannes erkannte.
    »Da habt Ihr Euch belügen lassen,« meinte Old Death. »Der Mann hat keineswegs nach Sabinal gewollt, sondern er kam zu Euch, um zu erfahren, wie es bei Euch stehe. Er gehört zu dem Gesindel, von welchem Ihr vorhin redetet. Er ist also wieder zu seiner Gesellschaft gestoßen, welche auf ihn wartete. Sonst ist wohl nichts Wichtiges geschehen?«
    »Ich weiß weiter nichts.«
    »Dann sind wir fertig. Sagt also dem Major, daß Ihr mich getroffen habt. Ihr seid sein Untergebener und dürft ihm also nicht mittheilen, was ich von den letzten Ereignissen denke, aber Ihr hättet großes Unheil und viel Blutvergießen verhütet, wenn Ihr nicht so lax in der Erfüllung Eurer Pflicht gewesen wäret.
Good bye,
Boys!«
    Er wendete sein Pferd zur Seite und ritt davon. Wir folgten ihm nach kurzem Gruße gegen die Dragoner, welche sich nun direct nach Norden wendeten. Wir legten im Galoppe eine große Strecke schweigend zurück. Old Death ließ den Kopf hängen und gab seinen Gedanken Audienz. Im Westen neigte sich die Sonne dem Untergange zu; es war höchstens noch eine Stunde Tag und doch sahen wir den südlichen Horizont noch immer wie eine messerscharfe Linie vor uns liegen. Wir hatten heute den Rio Leona erreichen wollen, wo es Baumwuchs gab. Letzterer hätte den Horizont als eine viel dickere Linie erscheinen lassen müssen. Darum stand zu vermuthen, daß wir dem Ziele unseres heutigen Rittes noch nicht nahe seien. Diese Bemerkung mochte sich auch Old Death im Stillen sagen, denn er trieb sein Pferd immer von Neuem an, wenn es in langsameren Gang fallen wollte. Und diese Eile hatte endlich auch Erfolg, denn eben als der sich vergrößernde Sonnenball den westlichen Horizont berührte, sahen wir im Süden einen dunklen Strich, welcher um so deutlicher wurde, je näher wir ihm kamen. Der Boden, welcher zuletzt aus kahlem Sande bestanden hatte, trug wieder Gras, und nun bemerkten wir auch, daß der erwähnte Strich aus Bäumen bestand, deren Wipfel uns nach dem scharfen Ritte einladend entgegenwinkten. Old Death deutete auf dieselben hin, erlaubte seinem Pferde, in Schritt zu gehen, und sagte:
    »Wo in diesem Himmelsstriche Bäume stehen, muß Wasser in der Nähe sein. Wir haben den Leona-Fluß vor uns, an dessem Ufer wir lagern werden.«
    Bald hatten wir die Bäume erreicht. Sie bildeten einen schmalen, sich an den beiden Flußufern hinstreckenden Hain, unter dessem Kronendach dichtes Buschwerk stand. Das Bett des Flußes war breit, um so geringer aber die Wassermasse, welche er mit sich führte. Doch zeigte sich der Punkt, an welchem wir auf ihn trafen, nicht zum Uebergange geeignet, weßhalb wir langsam am Ufer aufwärts ritten. Nach kurzem Suchen fanden wir eine Stelle, wo das Wasser seicht über blinkende Kiesel glitt. Da hinein lenkten wir die Pferde, um hindurch zu reiten. Old Death war voran. Eben als sein Pferd die Hufe in das Wasser setzen wollte, hielt er es an, stieg ab und bückte sich nieder, um den Grund des Flusses aufmerksam zu betrachten.
    »
Well!
« nickte er. »Dachte es doch! Hier stoßen wir auf eine Fährte, welche wir nicht eher bemerken konnten, weil das trockene Ufer aus starkem Kies besteht, welcher keine Spur aufnimmt. Betrachtet Euch einmal den Boden des Flusses!«
    Auch wir stiegen ab und bemerkten runde, etwas mehr als handgroße Vertiefungen, welche in den Fluß hineinführten.
    »Das ist eine Fährte?« fragte Lange. »Ihr habt jedenfalls Recht, Sir. Vielleicht ist’s ein Pferd gewesen, also ein Reiter.«
    »Nun, Sam mag sich die Spur betrachten. Will sehen, was der von ihr meint.«
    Der Neger hatte bescheiden hinter uns gestanden. Jetzt trat er vor, sah in das Wasser und meinte dann:
    »Da sein gewesen zwei Reiter, welche hinüber über den Fluß.«
    »Warum meinst Du, daß es Reiter und nicht herrenlose Pferde gewesen?«
    »Weil Pferd, welches Eisen haben, nicht wilder Mustang sein, sonder zahmes Pferd, und darauf doch

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