Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
vorgeschritten, und doch zeigten sie noch keine Spur von Ermüdung. Die drei Gäule von Lange, Sohn und dem Neger konnten nur mit Mühe folgen. Old Death’s und mein Pferd aber bewiesen, daß wir bei dem Tausche sehr im Vortheile gewesen waren. Schon drohte es dunkel zu werden, als wir zu unserm Erstaunen sahen, daß die Fährte plötzlich ihre bisherige Richtung änderte. Vor ungefähr einer Viertelstunde hatten wir den von San Fernando nach Baya führenden Reitweg durchschnitten; jetzt brach die Spur nach Südwesten ab. Warum? Es mußte ein Grund dazu vorhanden gewesen sein. Old Death erklärte es uns. Man sah aus den Hufeindrücken, daß die Comanchen hier gehalten hatten. Grad von Norden her stieß die Fährte zweier Reiter auf diejenige der Rothen. Der Alte stieg ab, untersuchte die erstere und sagte dann:
    »Hier sind zwei Männer, welche Indianer waren, zu den Comanchen gekommen. Sie haben ihnen eine Nachricht gebracht, welche die Krieger des ›weißen Bibers‹ veranlaßt hat, ihre Richtung zu ändern. Wir können nichts als dasselbe thun.«
    Der Anführer stieg auch ab und bestätigte die Ansicht des Alten, nachdem er die Fährte untersucht hatte. Wir wendeten uns in Folge dessen auch nach Süden. So lange es möglich war, die Fährte zu erkennen, ritten wir, denn es sollte heute eine möglichst große Strecke zurückgelegt werden. Selbst als es dämmerte, waren die Huftapfen noch von der glatten Sandfläche zu unterscheiden. Dann aber verlief Alles schwarz in schwarz. Wir wollten halten. Da blies mein Pferd die Nüstern auf, wieherte laut und rannte mit mir fort. Ich war ein zu wenig guter Reiter, um es wieder in meine Gewalt zu bekommen. Kein Zügel half, kein Zuruf und kein Schenkeldruck. Es ging ganz regelrecht mit mir durch. Und hinter mir her folgten in voller Carrière die Comanchen. Ich hörte hinter mir Old Death’s lachende Stimme:
    »Halloh, Sir, haltet Euch fest im Sattel! Das Thier hat Durst im Leibe und den Teufel dazu. Es merkt, daß es von einem Greenhorn geritten wird und hat Euch den Respect aufgesagt. Ich calculire, daß es uns an irgend ein Wasser führen wird.«
    So ging es in rasendem Laufe eine Strecke vorwärts. Stärkeres Dunkel stieg vor mir auf. Zweige oder etwas Aehnliches schlugen mich in das Gesicht. Ein weiter Satz des Pferdes – ein Geräusch, wie wenn etwas Schweres in das Wasser geworfen wird – ich wurde aus dem Sattel geschleudert, überschlug mich in der Luft und flog in tiefes Wasser, wo ich untertauchte. Krampfhaft die Flinte festhaltend, arbeitete ich mich wieder empor. Ich konnte nicht sehen, ob ich mich in einem fließenden oder stehenden Gewässer befand und wo sich das Ufer befand. Ich konnte nichts anderes thun, als mich auf der Oberfläche halten. Da knickte, krachte und prasselte es. Huftritte erschollen. Freudenrufe der Comanchen ließen sich hören, daß Wasser gefunden sei. Ueber Alle aber vernahm ich Old Death’s Stimme:
    »Hollah, Sir, wo befindet Ihr Euch? Da ist Wasser, und das Pferd steht mitten drin. Der Reiter aber ist nicht zu sehen.«
    »Hier bin ich; ich komme gleich,« antwortete ich.
    »Na, laßt Euch gefälligst herausangeln.«
    Da faßte mich Jemand am Arme, und ich hörte den Neger sagen:
    »Massa keine Angst vor Wasser! Neger Sam gut schwimmen, sehr gut. Retten seinen Massa aus großen Fluß.«
    Der brave Kerl war meinetwegen in’s Wasser gesprungen. Ich brauchte ihn gar nicht. Das Pferd stand am Ufer, bis an den Leib im Wasser. Ich aber war ein Stück weiter hinüber, wo es tiefer war, geschleudert worden. Ich brauchte nur zweimal mit den Armen und Beinen auszureichen, so fand ich Grund. In Lebensgefahr hatte ich mich also nicht befunden, aber blamirt war ich im höchsten Grade. Ein Pferd durchgehen lassen und dann noch gar abgeworfen zu werden, das ist bei den Rothen eine ungeheure Schande. Nach einem so anstrengenden und heißen Ritte, wie dem heutigen, war das aufgefundene Wasser eine wahre Erquickung für Menschen und Thiere. In kurzer Zeit war ein Lagerplatz gewählt, die Rothen stellten Wachen auf und ließen die Thiere unter Aufsicht derselben weiden. Wir Weißen setzten uns zu einander, wobei ich aus Schamgefühl mich sehr ruhig verhielt. Old Death erging sich in Berechnungen, was für ein Wasser es sei, an welches wir so unerwartet gerathen waren, und kam endlich zu der Ueberzeugung, daß es der Morelos sei, welcher bei Fort Dunkan in den Rio grande fließt. Ich brachte die Nacht etwas feucht zu, in Folge dessen ich mich am

Weitere Kostenlose Bücher