Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen
verließen und einen dichten Kreis um dasjenige bildeten, an welchem wir uns befanden. Die Weißen wurden von ihnen eingeschlossen. Der »weiße Biber« trat in würdevoller Haltung in den Kreis und erhob den Arm, zum Zeichen, daß er sprechen wolle. Tiefes Schweigen herrschte rundum. Die Weißen ahnten noch nicht, was jetzt kommen werde. Sie waren aufgestanden. Nur die beiden vermeintlichen Topia’s blieben sitzen und blickten ruhig vor sich nieder, als ob der Vorgang sie gar nichts angehe. Auch William Ohlert saß noch auf seinem Platze und starrte auf den Bleistift, den er wieder in den Fingern hielt.
Jetzt begann der Häuptling in langsamer, schwer betonter Rede:
»Die Bleichgesichter sind zu den Kriegern der Comanchen gekommen und haben ihnen gesagt, daß sie ihre Freunde seien. Darum wurden sie von ihnen aufgenommen und haben mit ihnen die Pfeife des Friedens geraucht. Jetzt aber haben die Comanchen erfahren, daß sie von den Bleichgesichtern belogen wurden. Der ›weiße Biber‹ hat Alles, was für sie und was gegen sie spricht, genau abgewogen und mit seinen erfahrensten Männern berathen, was geschehen soll. Er ist mit ihnen darüber einig geworden, daß die Bleichgesichter uns belogen haben und unsere Freundschaft und unsern Schutz nicht länger verdienen. Darum soll von diesem Augenblicke an der Bund mit ihnen aufgehoben sein, und die Feindschaft soll an die Stelle der Freundschaft treten.«
Er hielt für einen Augenblick inne. Der Offizier ergriff schnell die Gelegenheit, indem er fragte:
»Wer hat uns verleumdet? Jedenfalls sind es die vier Männer gewesen, welche mit ihrem Schwarzen gekommen sind, eine Gefahr über uns heraufzubeschwören, welche wir nicht verdient haben. Es ist von uns bewiesen worden, und wir wiederholen es, daß wir Freunde der Comanchen sind. Die Fremden aber mögen den Beweis bringen, daß sie es ehrlich mit unsern rothen Brüdern meinen! Wer sind sie, und wer kennt sie? Haben sie Böses über uns gesprochen, so verlangen wir, es zu erfahren, um uns vertheidigen zu können. Wir lassen uns nicht richten, ohne angehört worden zu sein! Ich bin Offizier, also ein Häuptling unter den Meinen. Ich kann und muß verlangen, an jeder Berathung, welche über uns stattfinden soll, Theil nehmen zu dürfen!«
»Wer hat Dir die Erlaubniß gegeben, zu sprechen?« fragte der Häuptling in strengem, stolzem Tone. »Wenn der ›weiße Biber‹ redet, so hat Jeder zu warten, bis er ausgesprochen hat! Du verlangst, gehört zu werden. Du bist gehört worden, als Old Death vorhin mit Dir sprach. Es ist erwiesen, daß Ihr Krieger von Juarez seid. Wir aber sind Freunde von Napoleon; folglich seid Ihr unsere Feinde. Du fragst, wer diese vier Bleichgesichter seien, und ich sage Dir: sie sind tapfere, ehrliche Krieger. Wir kannten Old Death viele Winter vorher, bevor wir Eure Gesichter erblickten. Du forderst, an unserer Berathung Theil nehmen zu dürfen. Ich sage Dir, daß selbst Old Death nicht die Erlaubniß dazu erhalten hat. Die Krieger der Comanchen sind Männer. Sie bedürfen nicht der Klugheit der Bleichgesichter, um zu wissen, was klug oder unklug, was richtig oder falsch ist. Ich bin jetzt zu Euch getreten, um Euch zu sagen, was wir beschlossen haben. Ihr habt das ruhig anzuhören und kein Wort dazu zu sagen, denn – –«
»Wir haben das Calummet mit Euch geraucht,« unterbrach ihn der Offizier. »Wenn Ihr uns feindselig behandelt, so –«
»Schweig’, Hund!« donnerte ihn der Häuptling an. »Du hattest jetzt eine Beleidigung auf den Lippen. Bedenke, daß Ihr von über fünfhundert Kriegern umgeben seid, welche bereit sind, dieselbe augenblicklich zu rächen! Ihr habt das Calummet nur in Folge einer Täuschung, einer Lüge bekommen. Aber die Krieger der Comanchen kennen den Willen des großen Geistes. Sie achten die Gesetze, welche bei ihnen herrschen, und wissen, daß Ihr Euch noch jetzt unter dem Schutze des Calummets befindet und daß sie Euch als Freunde behandeln müssen, bis Ihr aus demselben getreten seid. Roth ist der heilige Pfeifenthon, aus welchem das Calummet geschnitten wird. Roth ist die Farbe des Lichtes, des Tages und der Flamme, mit welcher das Calummet in Brand gesteckt wird. Ist sie erloschen, so gilt der Friede, bis das Licht von Neuem erscheint. Wenn das Licht des Tages beginnt, ist die Ruhe vorüber und unser Bund zu Ende. Bis dahin seid Ihr unsere Gäste. Dann aber wird Feindschaft sein zwischen uns und Euch. Ihr sollt hier sitzen und schlafen, und Niemand wird
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