Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen
gefällt.«
»Aber Ihr erweckt dadurch die Meinung, daß die Comanchen die Topia’s verachten. Es sieht ganz so aus, als ob sie Vortheil von Euch ziehen wollen, Euch aber nicht erlauben, bei ihnen zu sitzen.«
Das war eine Beleidigung. Der Rothe brauste auf:
»Sprich nicht solche Worte, sonst hast Du mit uns zu kämpfen. Wir haben bei den Comanchen gesessen und sind nun zu den Bleichgesichtern gekommen, um von ihnen zu lernen. Oder ist es vielleicht verboten, zu erfahren, wie es in den Gegenden und Städten der Weißen zugeht?«
»Nein; das ist nicht verboten. Aber ich an Eurer Stelle würde vorsichtiger verfahren. Dein Auge hat den Schnee vieler Winter erblickt; darum solltest Du wissen, was ich meine.«
»Wenn ich es nicht weiß, so sage es mir!« erklang es höhnisch. Da trat Old Death nahe zu ihm hin, bückte sich ein wenig zu ihm nieder und fragte in fast strengem Tone:
»Haben die Krieger der Comanchen mit Euch die Pfeife des Friedens geraucht, und habt Ihr auch den Rauch des Calummets durch Eure Nasen geblasen?«
»Ja.«
»So seid Ihr streng verpflichtet, nur das zu thun, was zu ihrem Vortheile dient.«
»Meinst Du etwa, daß wir dies nicht thun wollen?«
Die Beiden sahen einander scharf in die Augen. Es war, als ob ihre Blicke sich umkrallen wollten, um mit einander zu ringen. Dann antwortete Old Death:
»Ich sehe es Dir an, daß Du mich verstanden und meine Gedanken errathen hast. Wollte ich dieselben aussprechen, so wäret Ihr beide verloren.«
»Uff!« rief der Rothe, indem er emporsprang und zu seinem Messer griff. Auch sein Sohn richtete sich drohend auf und zog den Tomahawk aus dem Gürtel. Old Death aber beantwortete diese feindlichen Bewegungen nur mit einem ernsten Kopfnicken und sagte:
»Ich bin überzeugt, daß Ihr Euch nicht lange bei den Comanchen befinden werdet. Wenn Ihr zu denen zurückkehrt, welche Euch ausgesandt haben, so sagt ihnen, daß wir ihre Freunde sind. Old Death liebt alle rothen Männer und fragt nicht, zu welchem Stamme sie gehören.«
Da zischte ihm der andere die Frage entgegen:
»Meinst Du vielleicht, daß wir nicht zu dem Stamme der Topia’s gehören?«
»Mein rother Bruder mag bedenken, wie unvorsichtig es von ihm ist, diese Frage auszusprechen. Ich habe meine Gedanken verschwiegen, weil ich nicht Dein Feind sein will. Warum verräthst Du sie selbst? Stehst Du nicht inmitten eines fünfhundertfachen Todes?«
Die Hand des Rothen zuckte mit dem Messer, als ob er zustoßen wolle. »Sage mir also, wofür Du uns hältst!« forderte er den Alten auf.
Dieser ergriff den Arm, dessen Hand das Messer hielt, zog den Indianer ein Stück bei Seite, bis hin zu mir und sagte leise, doch so, daß ich es hörte, ein paar Worte in der Sprache der Indianer zu ihm. Natürlich kannte ich die Bedeutung derselben nicht. Später erklärte mir Old Death, daß sie deutsch lauten: »Ihr seid Apachen.« Old Death’s Worte waren von großer Wirkung, der Indianer trat einen Schritt zurück, riß seinen Arm aus der Hand des Alten, zückte das Messer zum Stoße und sagte:
»Hund, Du lügst!«
Old Death machte keine Bewegung, den Stoß von sich abzuwehren. Er raunte dem Aufgeregten leise zu:
»Du willst den Freund Winnetou’s tödten?«
War es der Inhalt dieser Worte oder war es der scharfe stolze Blick des Alten, welcher die beabsichtigte Wirkung hervorbrachte, kurz und gut, der Indianer ließ den Arm sinken. Er näherte seinen Mund dem Ohre Old Death’s und sagte drohend:
»Schweig’!«
Dann wendete er sich ab und setzte sich wieder nieder. Sein Gesicht war so ruhig und von undurchdringlichem Ausdrucke, als ob gar nichts geschehen sei. Er sah sich durchschaut, aber es war ihm nicht die geringste Spur von Mißtrauen oder Furcht anzusehen. Kannte er Old Death so genau, um ihm keinen Verrath zuzutrauen? Oder wußte er sich aus irgend einem anderen Grunde sicher? Auch sein Sohn setzte sich ganz ruhig neben ihm nieder und steckte den Tomahawk wieder in den Gürtel. Die beiden Apachen hatten es gewagt, sich als Führer an die Spitze ihrer Todfeinde zu stellen, eine Kühnheit, welche bewundernswerth war. Wenn ihre Absicht gelang, so waren die Comanchen dem sichern Verderben geweiht. Wir wollten nun die Gruppen verlassen, aber eine unter den Comanchen entstehende Bewegung veranlaßte uns, stehen zu bleiben. Wir sahen, daß die Berathung zu Ende war. Die Theilnehmer hatten sich erhoben, und den Rothen war von ihrem Häuptlinge ein Befehl geworden, in Folge dessen auch sie ihre Feuer
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