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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Thale festzusetzen, das ist ein Räthsel. Die beiden Apachenkundschafter müssen ihm ein ganz gewaltiges X für das richtige U an’s Kamisol geschrieben haben. Ich werde mit ihm sprechen. Sollte er bei seiner Meinung bleiben und es passirt etwas, so halten wir uns möglichst neutral. Wir sind Freunde der Comanchen, müssen uns aber auch hüten, einen Apachen zu tödten. Na, da haben wir das Lager, und dort steht der Häuptling. Kommt mit hin zu ihm!«
    Man erkannte gegen das Feuer hin den »weißen Biber« an seinen Adlerfedern. Als wir zu ihm traten, fragte er:
    »Hat mein weißer Bruder sich überzeugt, daß wir uns in Sicherheit befinden?«
    »Nein,« antwortete der Alte.
    »Was hat er an diesem Ort auszusetzen?«
    »Daß er einer Falle gleicht, in der wir Alle stecken.«
    »Mein Bruder irrt sich sehr. Dieses Thal ist keine Falle, sondern es gleicht ganz genau einem solchen Orte, den die Bleichgesichter Fort nennen. Es kann kein Feind herein.«
    »Ja, zu den Eingängen vielleicht nicht, denn dieselben sind so eng, daß sie durch zehn Krieger der Apachen leicht vertheidigt werden können. Aber können sie von den Höhen nicht herabsteigen?«
    »Nein. Sie sind zu steil.«
    »Hat mein rother Bruder sich hiervon überzeugt?«
    »Sehr genau. Die Söhne der Comanchen sind am hellen Tage hierher gekommen. Sie haben Alles untersucht. Sie haben die Probe gemacht, an dem Fels empor zu klettern; es ist ihnen aber nicht gelungen.«
    »Vielleicht ist es leichter, von oben herab als von unten hinauf zu kommen. Ich weiß, daß Winnetou klettern kann wie das wilde Dickhornschaf der Berge.«
    »Winnetou ist nicht hier. Die beiden Topia’s haben es mir gesagt.«
    »Vielleicht haben sie sich geirrt; haben sie es vielleicht von Jemand erfahren, der es selbst nicht genau wußte.«
    »Sie haben es gesagt. Sie sind Feinde Winnetou’s, und ich glaube ihnen.«
    »Aber, wenn es wahr ist, daß Winnetou auf Fort Inge war, so kann er nicht schon hier gewesen sein, seine Krieger gesammelt haben und sich bereits jenseits des Rio Conchos befinden. Mein Bruder möge die kurze Zeit mit dem langen Wege vergleichen.«
    Der Häuptling senkte nachdenkend das Haupt. Er schien zu einem Resultate gekommen zu sein, welches mit der Meinung des Scout übereinstimmte, denn er sagte:
    »Ja, die Zeit war kurz, und der Weg ist lang. Wir wollen die Topia’s noch einmal fragen.«
    Er ging nach dem Lagerfeuer, und wir folgten ihm. Die Weißen blickten uns finster entgegen. Seitwärts von ihnen saßen Lange, sein Sohn und der Neger Sam. William Ohlert schrieb auf sein Blatt, taub und blind für alles Andere. Die vermeintlichen Topia’s blickten erst auf, als der Häuptling das Wort an sie richtete:
    »Wissen meine Brüder ganz genau, daß – – –«
    Er hielt inne. Von der Höhe des Felsens erklang das ängstliche Kreischen eines kleinen Vogels und gleich darauf der gierige Schrei einer Eule. Der Häuptling lauschte, Old Death auch. Als ob er damit spielen wolle, ergriff Gibson einen neben ihm liegenden Ast und stieß mit demselben in das Feuer, daß es einmal kurz und scharf aufflackerte. Er wollte es zum zweiten Male thun, wobei die Augen sämmtlicher Weißen befriedigt auf ihn gerichtet waren; da aber that Old Death einen Sprung auf ihn, riß ihm den Ast aus der Hand und rief drohend:
    »Das laßt bleiben, Sir! Wir müssen es uns verbitten!«
    »Warum?« fragte Gibson zornig. »Darf man nicht einmal das Feuer schüren?«
    »Nein. Wenn da oben die Eule schreit, so antwortet man nicht hier unten mit diesem vorher verabredeten Zeichen.«
    »Ein Zeichen? Seid Ihr denn toll?«
    »Ja, ich bin so toll, daß ich einem Jeden, der es wagt, noch einmal in dieser Weise in das Feuer zu stoßen, sofort eine Kugel durch den Kopf jagen werde!«
    »Verdammt! Ihr geberdet Euch ganz so, als ob Ihr hier der Herr wäret!«
    »Der bin ich auch, und Ihr seid mein Gefangener, mit dem ich verteufelt kurzen Prozeß machen werde, wenn mir Eure Physiognomie nicht mehr gefällt. Bildet Euch ja nicht ein, daß Old Death sich von Euch täuschen läßt!«
    »Das, das muß man sich bieten lassen? Müssen wir das wirklich, Sennores?«
    Diese Frage war an die Andern gerichtet. Old Death hatte seine beiden Revolver in den Händen, ich ebenso. Im Nu standen die beiden Lange’s und Sam neben uns, auch mit den Revolvern. Wir hätten auf Jeden geschossen, der so unvorsichtig gewesen wäre, nach seiner Waffe zu greifen. Und zum Ueberflusse rief der Häuptling seinen Leuten zu:
    »Legt Alle die

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