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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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was er seinen Gefährten zu sagen hat.«
    »Das soll der Häuptling sofort erfahren. Ihr habt heute wiederholt meinen Rath mißachtet und seid durch den darauf folgenden Schaden selbst jetzt noch nicht klug geworden. Ihr geht dem sichern Tode entgegen und wollt uns zwingen, Euch und uns selbst hinein zu führen. Ihr kennt, wie es scheint, Old Death noch immer nicht. Meinst Du, ich ließe mich zwingen, etwas zu thun, was ich zu unterlassen beschlossen habe? Ich sage Dir, daß ich mich weder vor Dir, noch all Deinen Comanchen fürchte. Du willst uns gefangen nehmen? Merkst Du denn nicht, daß Du Dich in meiner Hand befindest. Sieh diese Waffe! Nur die kleinste Bewegung, so schieße ich Dich nieder!«
    Er hielt ihm den Revolver entgegen. Der Indianer wollte nach seinem Messer greifen; aber sofort saß ihm Old Death’s Waffe auf der Brust.
    »Die Hand weg!« donnerte ihn der Alte an. Jener ließ die Hand sinken.
    »So! Ich mache keinen Spaß mit Dir. Du zeigst Dich als Feind von uns, und so gebe ich Dir die Kugel, wenn Du mir nicht augenblicklich gehorchst!«
    Die bemalten Züge des Rothen kamen in Bewegung. Er blickte sich forschend um, aber Old Death bemerkte:
    »Suche nicht Hilfe von Deinen Leuten! Selbst wenn sie sich hier befänden, würde ich Dich niederschießen. Deine Gedanken sind so schwach, wie diejenigen eines alten Weibes, deren Gehirn vertrocknet ist. Du bist von Feinden eingeschlossen, denen Ihr unterliegen müßt, und doch schaffst Du Dir in uns weitere Feinde, welche noch mehr zu fürchten sind, als die Apachen. Wie wir bewaffnet hier stehen, schießen wir hundert von Euch nieder, bevor ein Pfeil von Euch uns erreichen kann. Willst Du Deine Leute mit aller Gewalt in den Tod führen, so thue es. Für uns aber gelten Deine Befehle nicht.«
    Der Indianer stand eine kurze Weile schweigend. Dann sagte er: »Mein Bruder muß bedenken, daß meine Worte nicht so gemeint waren!«
    »Ich nehme Deine Worte, wie sie klingen. Was Du mit denselben meinst, das geht mich nichts an.«
    »Nimm Deine Waffe weg, und wir wollen Freunde bleiben!«
    »Ja, das können wir. Aber bevor ich die Waffe von Deiner Brust nehme, muß ich Sicherheit haben, daß es mit Deiner Freundschaft ehrlich gemeint ist.«
    »Ich habe es gesagt, und mein Wort gilt.«
    »Und soeben noch sprachst Du davon, daß Du Deine Worte anders meinst, als sie klingen. Man kann sich also auf Deine Rede und Dein Versprechen nicht verlassen.«
    »Wenn Du mir nicht glaubst, so kann ich Dir keine weitere Sicherheit geben.«
    »O doch. Ich verlange von Dir, daß Du mir Deine Friedenspfeife gibst und – –«
    »Uff!« rief der Indianer, ihn erschrocken unterbrechend. »Das Calummet gibt man nicht weg.«
    »Ich bin damit aber noch gar nicht zufrieden. Ich verlange nicht nur Dein Calummet, sondern auch Deine Medizin.«
    »Uff, uff, uff! Das ist unmöglich!«
    »Du sollst mir beides nicht für immer geben, nicht schenken. In dem Augenblicke, in welchem wir uns friedlich trennen, erhältst Du es wieder.«
    »Kein Krieger gibt seinen Medizinbeutel aus der Hand!«
    »Und doch verlange ich ihn. Ich kenne Eure Sitte. Habe ich Dein Calummet und Deine Medizin, so bin ich Du selbst und jede Feindseligkeit gegen uns würde Dich um die Freuden der ewigen Jagdgründe bringen.«
    »Und ich gebe sie nicht her!«
    »Nun, so sind wir also fertig. Ich werde Dir jetzt die Kugel geben und Dir dann auch Deinen Scalp nehmen, so daß Du nach Deinem Tode mein Hund und Sklave wirst. Ich werde meine linke Hand dreimal erheben. Beim dritten Male schieße ich, wenn Du mir nicht gehorchst.«
    Er erhob die Hand zum ersten, zum zweiten Male, während er mit der Rechten den Revolver noch immer auf das Herz des Rothen gerichtet hielt. Schon war die dritte Handbewegung, halb vollendet, da sagte der Indianer:
    »Warte! Wirst Du mir beides wiedergeben?«
    »Ja.«
    »So sollst Du es haben. Ich werde – –«
    Er erhob die Hände, wie um nach dem Medizinbeutel und der Pfeife, welche beide er um den Hals hängen hatte, zu greifen.
    »Halt!« fiel Old Death ihm in die Rede. »Nieder mit den Händen, sonst schieße ich! Ich traue Dir erst dann, wenn ich diese beiden Gegenstände wirklich besitze. Mein Gefährte mag sie Dir von dem Halse nehmen, um sie mir an den meinigen zu hängen.«
    Der Comanche ließ die Hände wieder sinken. Ich nahm ihm die Sachen ab und hing sie Old Death um, worauf dieser den ausgestreckten Arm mit dem Revolver zurückzog.
    »So!« sagte er. »Jetzt sind wir wieder Freunde, und

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