Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen
wir noch nicht erfahren haben, was von den Comanchen beschlossen worden ist.«
»Wir werden das Thal verlassen.«
»Aber es wird Euch nicht gelingen, hinaus zu kommen.«
»Old Death ist wie eine Krähe, deren Stimme stets häßlich klingt. Die Comanchen werden Alles niederreiten, was sich ihnen in den Weg stellt.«
»Sie werden nichts und Niemand niederreiten, als nur sich selbst. Wir aber bleiben hier.«
»Ist Old Death nicht unser Freund? Hat er nicht die Pfeife des Friedens mit uns geraucht? Ist er nicht verpflichtet, mit uns zu kämpfen? Die Bleichgesichter sind tapfere und kühne Krieger. Sie werden uns begleiten und sich an unsere Spitze stellen.«
Da stand Old Death auf, trat ganz nahe an den Comanchen heran, lachte ihm in das Gesicht und antwortete:
»Mein Bruder hat einen schlauen Gedanken. Die Bleichgesichter sollen voranreiten, um den Rothen den Weg zu öffnen und dabei unterzugehen. Wir sind Freunde der Comanchen, aber wir haben nicht ihren Häuptlingen zu gehorchen. Wir sind zufällig auf sie getroffen, aber wir haben uns nicht verpflichtet, an ihrem Kriegszuge Theil zu nehmen. Wir sind muthig und tapfer; mit diesen Worten hat mein Bruder die Wahrheit gesagt. Wir halfen unsern Freunden bei jedem Kampfe, welcher mit Sinn und Ueberlegung geführt wird; aber wir nehmen nicht Theil an Plänen, von denen wir schon vorher wissen, daß sie mißlingen werden.«
»So werden die Weißen nicht mitreiten? Ich hatte sie für tapfere Leute gehalten!«
»Wir sind es. Aber wir sind auch vorsichtig. Wir sind die Gäste der Comanchen. Wann ist bei ihnen die Sitte aufgekommen, ihre Gäste, die sie doch beschützen sollten, grad an die Spitze zu stellen, wo der Tod unvermeidlich ist? Mein Bruder ist schlau, aber wir sind nicht dumm. Auch mein Bruder ist ein sehr tapferer Krieger, und darum bin ich überzeugt, daß er seinen Leuten voranreiten wird, denn das ist die Stelle, wohin er gehört.«
Der Rothe wurde verlegen. Seine Absicht, uns zu opfern, um sich zu retten, war sehr unverfroren. Als er sah, daß er bei uns nicht durchkam, wurde er nicht nur verlegen, sondern auch zornig. Sein bisher ruhiger Ton wurde strenger, als er sich erkundigte:
»Was werden die Bleichgesichter thun, wenn die Comanchen fort sind? Werden sie sich etwa den Apachen anschließen?«
»Wie wäre das möglich, da mein Bruder die Apachen doch vernichten will! Es sind also gar keine vorhanden, denen wir uns anschließen könnten.«
»Aber es werden welche nachkommen. Wir dürfen nicht dulden, daß die Bleichgesichter hier zurückbleiben. Sie müssen mit uns fort.«
»Ich habe bereits gesagt, daß wir bleiben.«
»Wenn die Weißen nicht mit uns gehen, müssen wir sie als unsere Feinde betrachten.«
»Und wenn die Rothen uns als solche ansehen, werden wir sie auch als Feinde behandeln.«
»Wir werden ihnen ihre Pferde nicht geben.«
»Und wir haben sie uns bereits genommen. Da werden sie uns eben gebracht.«
In der That kamen unsere Freunde gerade mit unsern Pferden heran. Der Häuptling zog die Brauen finster zusammen und sagte:
»So haben die Weißen also bereits ihre Vorkehrungen getroffen. Ich sehe, daß sie uns feindlich gesinnt sind und werde sie von meinen Kriegern gefangen nehmen lassen.«
Der Scout ließ ein kurzes, unheimlich klingendes Lachen hören und antwortete:
»Der Häuptling der Comanchen täuscht sich sehr in uns. Ich habe dem ›weißen Biber‹ bereits gesagt, daß wir hier bleiben werden. Wenn wir diesen Entschluß nun ausführen, so enthält er nur das, was ich gesagt habe, aber nicht die mindeste Feindseligkeit gegen die Comanchen. Es ist also gar kein Grund vorhanden, uns gefangen zu nehmen.«
»Wir werden es aber dennoch thun, wenn die Weißen mir nicht sofort versprechen, mit uns zu reiten und sich an unsere Spitze zu stellen.«
Der Blick Old Death’s schweifte forschend umher. Ueber sein Gesicht glitt jenes Grinsen, welches bei ihm stets anzeigte, daß er im Begriffe stehe, Jemandem eine Schlappe beizubringen. Wir drei standen am Feuer. Wenige Schritte von uns hielten die andern mit den Pferden. Kein einziger Comanche befand sich mehr in der Nähe. Sie waren alle zu ihren Pferden gegangen. Old Death sagte in deutscher Sprache, so daß der Comanche seine Worte nicht verstehen konnte:
»Wenn ich ihn niederschlage, dann schnell auf die Pferde und mir nach, dem Eingange des Thales zu, denn die Comanchen befinden sich auf der andern Seite.«
»Mein Bruder mag nicht diese Sprache reden. Ich will wissen,
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