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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zurück, als sie unsere Pferde angepflockt hatten. In einiger Entfernung weidete eine ganze Schaar von Pferden, bei denen Wächter standen. Das hatte fast einen militärischen Anstrich. Die Bewegungen der Apachen waren so exact und sicher, fast wie einexerzirt gewesen.
    »Meine Brüder mögen sich an das Feuer setzen,« sagte Winnetou. »Ich habe ihnen ein Stück Lende des Büffels braten lassen. Sie können davon essen, bis ich wiederkehre.«
    »Bleibst Du lange fort?« fragte Old Death.
    »Nein. Ich muß in das Thal zurück. Die Comanchen könnten sich von dem Zorne über Euch haben fortreißen lassen, sich meinen Kriegern zu nähern. Da werde ich ihnen einige Kugeln geben.«
    Er entfernte sich. In Matagorda hatte er das schönste Englisch gesprochen. An diesem Platze bediente er sich des hier gebräuchlichen Indianermischmasch. Er schien bei seiner Anwesenheit im Lande der Seinigen die Spuren der Kultur abzustreifen.
    Old Death ließ sich behaglich am Feuer nieder, zog das Messer und untersuchte den Braten. Er war ausgezeichnet. Der Alte und ich hatten überhaupt noch nicht gegessen, und auch von den drei Andern war das Pferdefleisch der Comanchen nur gekostet worden. Das große Stück Lende schrumpfte sehr schnell zusammen. Da kehrte Winnetou zurück; er ließ sich von mir das Totem zeigen und vervollkommnete es durch einige Schnitte. Er schwor mir, weil ich ihn nicht getödtet, ewige Freundschaft.
    Dann fragte er: »Aber warum haben sich meine Brüder so feindselig gegen die Weißen verhalten, welche sich bei den Comanchen befanden?«
    »Gegen sie im Allgemeinen hatten wir keine Feindschaft. Nur einen von ihnen suchten wir, welcher ein großer Bösewicht ist und den ich schon seit langer Zeit verfolge, ohne ihn ergreifen zu können.«
    »Welcher war es? Wurde er mit getödtet, oder ist er entkommen?«
    »Er entkam, denn wir fanden ihn nicht bei den Todten.«
    »Die Weißen kamen zu mir. Sie alle haben mir ihre Namen genannt.«
    »Er hat mehrere Namen, denn er ist ein Verbrecher, der sich hinter verschiedene Namen verstecken muß. Er nennt sich Gibson, Clinton und auch Gavilano.«
    »Gavilano? Ja, er war dabei.«
    »Wo befinden sich die Weißen, denen es gelang, zu entkommen?« fragte ich.
    »Sie sind fort.«
    »Fort?« rief der Alte erschrocken. »Auch dieser Gavilano mit?«
    »Ja.«
    »Und ein junger Mann, welcher ein sehr trauriges Gesicht machte?«
    »Sein Geist war krank. Auch er ist fort.«
    »Tausend Teufel! So ist er uns abermals entkommen! Wir müssen ihnen sofort nach!«
    In seinem Eifer sprang der Alte auf. Winnetou aber sagte:
    »Mein Bruder mag sich wieder niedersetzen. Die Bedachtsamkeit ist oft schneller als die größte Eile.«
    »Das ist richtig,« stimmte der Scout bei. »Aber wie kommt Winnetou dazu, diese Leute so schnell zu entlassen, noch während der Nacht?«
    »Sie hatten Eile. Sie hatten mit den Comanchen einen großen Unweg zu machen. Sie wollten nach Chihuahua zu den Kriegern von Juarez. Winnetou liebt Juarez; darum unterstützte er sie, schnell fort zu kommen.«
    »Aber Gavilano hat mit Juarez ganz und gar nichts zu thun!«
    »Das erfuhr ich auch. Aber Gavilano sagte, er habe seinen armen Freund nach Chihuahua in das Haus zu bringen, in welchem kranke Seelen wieder gesund gemacht werden. Der junge Weiße sei bei den Comanchen viel kränker geworden, und wenn man sich nicht beeile, so werde er gar nicht mehr zu heilen sein. Ich gab Allen frische Pferde und Proviant. Auch gab ich ihnen zwei Führer mit, welche den Weg über die Mapimi nach Chihuahua genau kennen.«
    »Das ist ein Schlag für uns. Frische Pferde, Proviant und geschickte Führer! Hat Winnetou vielleicht mit ihnen die Pfeife des Friedens geraucht?«
    »Nein, Winnetou ist nicht so leichtsinnig, wie die Häuptlinge der Comanchen. Er prüft erst sehr streng, bevor er sein Calummet an die Lippen eines Andern gibt.«
    »So ist noch immer Glück beim Unglück. Ich hoffe, daß Du auch uns unterstützest, damit es uns vielleicht gelinge, die Schelme einzuholen.«
    »Das kann ich Dir erst dann versprechen, wenn ich weiß, wessen Ihr diesen Gavilano anklagt.«
    »Du sollst es sofort erfahren.«
    Er erzählte ihm, was zu erzählen war. Als er geendet hatte, sagte Winnetou:
    »Mein Herz hat keine Freude darüber, daß ihr mich so schnell verlassen wollt. Aber Ihr müßt es thun, und so darf ich Euch nicht zurückhalten.«
    »Ja, wir brechen sofort auf.«
    »Warte! Old Death hat viele Jahre erlebt, aber er ist noch leicht von Blut wie

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