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Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Titel: Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Niemand weiß besser als ich, daß er statt dessen mit selbstgebastelten Obelisken hat vorlieb nehmen müssen...
    Während solche und ähnliche Häresien mir durch den Kopf gingen, war die übrige Gesellschaft bei der Schlacht von Wagram angelangt, wo der Kaiser die vereinigten Armeen Rußlands, Preußens und Österreichs aufgerieben hatte, ehe er seinen berühmten Winterfeldzug begann und Moskau eroberte.
    »Kein Feldherr außer Napoleon hat jemals Moskau erobert«, bemerkte ein anwesender Sportjournalist im Tonfall absoluter Endgültigkeit.
    »Und nachher?« fragte ich.
    »Was: nachher?«
    »Ich meine: nachher.«
    »Na ja, nachher... Der Rest ist Geschichte.«
    Unser Gastgeber nahm einen Schluck von seinem Napoleon- Cognac und äußerte mit unüberhörbar gehässigem Unterton:
    »Nachher tat sich eine Bande reaktionärer Kaiser und Könige zusammen, um den Genius der Revolution abzuwürgen.«
    Ich wagte den flüsternden Einwand: »Aber war denn nicht auch Napoleon ein Kaiser? Und König von Italien?« »Eben!« lautete die beißende Replik. »Das konnten diese Snobs eben nicht ertragen...«
    »Ich verzeihe den Engländern alles«, ließ sich ein andrer vernehmen, indem er die auf dem Kamin stehende Napoleon-Büste streichelte. »Schließlich sind sie keine Europäer. Aber daß der sadistische Gouverneur von St. Helena den Kaiser mit >Sir< angesprochen hat - das verzeihe ich ihnen nicht.«
    Um dem Gespräch eine Wendung zu geben, bot ich einigen zunächststehenden Herrn von meinen Zigaretten an. Sie kehrten mir indigniert den Rücken. Erst jetzt entdeckte ich den Fauxpas, den ich begangen hatte: Es waren »Nelson«- Zigaretten, und das Porträt des legendären Admirals prangte deutlich sichtbar auf der Schachtel. Er sah so zufrieden aus, als hätte er gerade die französische Flotte vernichtet. Das Ganze war sehr peinlich. Auch mein verlegenes Gemurmel, daß irgend jemand dieses ungenießbare, ordinäre Kraut in meine Tasche geschmuggelt haben müsse, konnte den Wall aus eisiger Ablehnung, der mich umgab, nicht mehr durchbrechen. Ich verabschiedete mich, ohne daß mich jemand zurückgehalten hätte. Aus purer Höflichkeit - vermutlich um meinem Abgang einen harmlosen Charakter zu geben - fragte mich Monsieur Rapue nach meiner Londoner Adresse. Selig über die Chance, den Zorn der Gäste ablenken zu dürfen, sprudelte ich hervor:
    »Wellington Circle. Ecke Trafalgar Square. Hotel Waterloo... um Gottes willen... « Niemand reichte mir die Hand. Mein Gastgeber geleitete mich wortlos zur Türe, ungerührt von meinen Beteuerungen, daß es nicht meine Schuld sei, wenn jede zweite Straße in London nach einer Schlacht oder einem Heerführer hieße, und wenn ihnen Namen wie Wellington oder Waterloo ausgingen, erfänden sie sogar andere, die sich darauf reimten, wie Kensington oder Bakerloo... Monsieur Rapue warf dröhnend die Türe ins Schloß.
    Ich taumelte die Stiegen hinunter, überquerte die Rue de Tilsit und steuerte auf den nächstbesten Triumphbogen zu.
    Für die Entwürdigung, die der große Korse seitens der Engländer erdulden mußte, rächen sich die Franzosen auf wahrhaft souveräne Art. Damit meine ich nicht etwa ihr Veto gegen die Aufnahme Englands in die EWG. Ich meine die französische Küche.
    Ein Brite, der den Kanal überquert und in einem französischen Restaurant die erste Mahlzeit eingenommen hat, ist nicht derselbe wie zuvor. Seine Überzeugung von der Überlegenheit Englands über die Völkerschaften des Kontinents löst sich in nichts auf und entschwebt im würzigen Duft der Sauce chasseur au poivre, die dem Poulet farci Henri IV a la mode de la reine de Navarre sur un lit de riz prepare par le chef beigegeben ist. Er sieht die Welt fortan mit anderen Augen.
    Auch ich, obwohl ich seit 1948 nicht mehr unter britischer Oberhoheit stehe, sondern ein autonomer Israeli bin, reagiere ganz ähnlich wie meine einstigen Mandatsherren. Von Zeit zu Zeit befällt mich manisch-depressive Sehnsucht nach der französischen Küche, schon die bloße Vorstellung einer Soupe a l'oignon treibt mir die Tränen des hoffnungslosen Verlangens in die Augen, und wehes Schluchzen durchschüttelt mich in Gedanken an die langen Stangen französischen Weißbrots, die man im Straßenverkehr an beiden Enden mit kleinen roten Flaggen versehen muß. Gewiß, auch die Italiener verstehen sich aufs Kochen, unternehmen aber - jetzt einmal abgesehen von den unentrinnbaren Spaghetti - ihre wirklichen Anstrengungen nur in den auf

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