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Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Titel: Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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sich aber in einem fremden Büstenhalter, so daß ich alle weiteren Nachforschungen einstellen mußte. Auf meinen Füßen - ich wußte nicht, auf welchem, denn ich hatte längst die Kontrolle über sie verloren - stand ein fremder Mensch, was meine Bewegungsfreiheit noch mehr beeinträchtigte. Dafür gelang es in einer scharfen Kurve meinem blauäugigen Gegenüber, seine Nase mit jähem Ruck von der meinen abzuziehen. Unsere Wangen klatschten leise aneinander und blieben fortan in Schmiegeposition, als wären wir ein argentinisches Tango-Tanzpaar. Zum Glück hatte ich einen gut rasierten Partner. Die Verbindungswege zu meiner Frau waren völlig zusammengebrochen.
    Dies alles verblaßte jedoch vor einer neuen Katastrophe, die mir drohte: Ich mußte niesen. Schon seit einer ganzen Weile spürte ich das kommen. Jetzt stand es unmittelbar bevor. Und wenn ich jetzt nicht sehr schnell zu meinem Taschentuch käme, würde Fürchterliches geschehen.
    Übermenschliche Kräfte durchfluteten meinen linken Arm. Indem ich jedes kleinste Rütteln des Zuges ausnützte, gelang es mir, meinen Tangopartner so weit wegzudrücken, daß ich mit der Hand bis in die Hosentasche kam. Damit war aber erst der leichtere Teil des Unternehmens bewältigt. Um die Hand mit dem Taschentuch auch an meine Nase führen zu können, bedurfte ich noch einer gewaltigen Portion Glück.
    Es gelang. An der nächsten Haltestelle verließ einer der Fahrgäste den bisher von ihm gehaltenen Posten auf meinem Fuß und stellte dadurch einen Teil meiner Manövrierfähigkeit wieder her. Zwar schloß mich gleich darauf die nachdrängende Menge aufs neue ein, aber in jenem kurzen Augenblick relativer Freiheit hatte ich das Taschentuch tatsächlich in Nasenhöhe gebracht.
    Bloß die Lust zum Nießen war mir unterdessen vergangen. So ist das Leben.
    Meine Hand mit dem Taschentuch verharrte in der erreichten Position, halblinks vom Mantelkragen des Blauäugigen und schräg unterhalb meines Kinns. Dort begann sie langsam zu erstarren.
    Eine Minute später entglitt das Taschentuch meinen fühllos gewordenen Fingern und senkte sich in den Schoß des Sportkappenträgers.
    Ich hatte keine Möglichkeit, mit dem Mann in Fühlung zu kommen. Ich konnte ihn nur stumm aus meinem rechten Augenwinkel beobachten.
    In der nächsten Kurve blickte er zufällig an sich hinab, entdeckte das Taschentuch, hielt es für einen hemdeigenen Toilettenfehler und stopfte es so rasch er konnte in seine Hose. Das verursachte ihm einige Mühe und, wie es schien, auch Verlegenheit. Kurz darauf stand er auf und verdrückte sich in der Menge. Möglicherweise ist er sogar ausgestiegen.
    Als ich nach Hause kam, wurde ich bereits von meiner Frau erwartet. Wir stellten fest, daß wir das lebensgefährliche Abenteuer mit geringfügigen Bekleidungsschäden und Hautabschürfungen überstanden hatten, die wir in häuslicher Pflege belassen konnten.
    Irgendwo in London, in einem Paar wildfremder Hosen, ruhte mein Taschentuch.
    Wofür interessiert sich der Engländer wirklich? Woran erfreut er sich in seinem Heim? Was entzückt ihn? Ist es der vorbildlich gepflegte Rasen? Die glorreiche britische Flotte? Die Magna Charta? Shakespeare? Die Beatles? Das alles erfüllt ihn mit Stolz, gewiß. Aber was ihn wirklich begeistert, ist die Kriminalstatistik.
    Die Diät des durchschnittlichen Engländers besteht in der Konsumation eines Thrillers pro Tag. Wenn er damit fertig ist, dreht er die Augen himmelwärts und beklagt das ständige Anwachsen der Kriminalität auf seiner geliebten Insel. Und in der
    Tat: Es hat den Anschein, als wäre England das bevorzugte Aktionsgebiet aller Meisterverbrecher der Geschichte.
    »Die Liste der bei uns verüben Sexualdelikte ist größer als die von ganz Westeuropa zusammen«, äußerte verträumten Blicks mein britischer Gewährsmann. »Nehmen Sie Jack the Ripper. Wo gibt es seinesgleichen noch? Oder Mr. Grippen, der nicht weniger als neun Frauen mit eigener Hand erwürgt und die Leichen im Keller seines Hauses in einem Schwefelsäurepräparat aufgelöst hat! Ist das nicht phantastisch? Oder denken Sie an diesen unheimlichen Irren, der den Sheffield-Express zum Entgleisen brachte. Oder an den gewaltigen, noch immer nicht aufgeklärten Postraub vom vorigen Jahr... Übrigens erhalten die bedeutendsten Taschendiebe der Welt ihre Ausbildung in Soho, und die Londoner East Side beherbergt unvergleichliche Safe-Knacker. Ganz zu schweigen von den Juwelendieben, die damals den zwei Meilen langen

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