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Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Titel: Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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schon so viele Dichter vor mir begeistert hatten, vermutlich nach ähnlichen Kanalüberquerungen. Wir taumelten auf den Pier, warfen uns nieder, küßten die allgütige Mutter Erde und machten gleich darauf Bekanntschaft mit dem englischen Nationalcharakter. Hinter uns kroch ein britischer Gentleman auf allen vieren über den Laufsteg. Er hatte sich während der Überfahrt in einem so erbärmlichen Zustand befunden, daß wir um sein Leben gebangt hätten, wenn uns überhaupt Zeit geblieben wäre, um etwas andres zu bangen als um unser eigenes Leben.
    Seine britische Gattin erwartete ihn.
    »Hallo, Darling«, sagte sie zur Begrüßung. »Nette Überfahrt gehabt?«
    »Reizende Überfahrt«, antwortete er. »Obwohl der Wetterbericht gar nicht so gut war.«
    Ich muß bemerken, daß es um diese Zeit noch hagelte. Dicke, erbsengroße Körner.
    In der Regel gibt es vier Jahreszeiten im Jahr: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Das gilt auch für England. Allerdings haben sie dort alle vier Jahreszeiten am selben Tag. Morgens Sommer, mittags Winter, abends Herbst und Frühling. Manchmal auch umgekehrt. Es gibt keine festen Regeln. Man schaut zum Fenster hinaus: Der Himmel ist strahlend blau, die Sonne scheint. Freudig verläßt man das Haus, tritt auf die Straße hinaus - und springt zurück, weil wenige Schritte entfernt soeben ein Blitz eingeschlagen hat. Wassersturzfluten, wohin man blickt. Man eilt die Stiegen hinauf, rafft Regenmantel und Schirm an sich, tritt abermals auf die Straße - und wird von freundlichem Vogelgezwitscher empfangen. Am wolkenlosen Himmel lacht die Sonne. Mit Recht.
    Nach zwei Tagen hatten wir noch immer nicht das Geheimnis gelöst, warum die Engländer nicht auswandern. Auch die Eingeborensten unter ihnen geben zu, daß sie das Wetter verrückt macht. Sie nehmen sich sogar die Mühe, das zu beweisen.
    Es ist eine alte Erfahrung, daß Regenschirm-Völker am liebsten über das Wetter sprechen. Trotzdem erstaunte es mich ein wenig, als ich einmal an einer Bus-Haltestelle von einem Regenschirmträger mit den Worten angesprochen wurde:
    »Schönes Wetter heute, nicht wahr?«
    Ich glotzte ihn an.
    »Das nennen Sie schön? Dieses grauenhafte, schwüle, feuchte Wetter nennen Sie schön?«
    Der Fremde erbleichte, preßte die Lippen zusammen und wandte sich ab. Erst viel später wurde mir klar, daß ich ihn maßlos gekränkt hatte. In England muß man zu fremden Menschen höflich sein, das ist ein unübertretbares Gebot.
    Wenn jemand sagt: »Schönes Wetter heute, nicht wahr?«, dann hat man zu antworten: »Ja, sehr schön, nicht wahr?«, auch wenn man im nächsten Augenblick von dem gerade losbrechenden Wirbelsturm gegen die Häuserwand geschleudert wird. Sobald man wieder auf den Beinen steht, sagt der Fremde »Wirklich sehr schön, nicht wahr?«, worauf man antwortete: »Ja, wirklich, nicht wahr?« Das kann stundenlang dauern, denn die strengen Spielregeln verlangen, daß man jeden Satz mit »nicht wahr?« abschließt, also mit einer Frage; und unter wohlerzogenen Leuten ist es üblich, eine Frage nicht unbeantwortet zu lassen.
    In Frankreich ist das Leben aufregend, in Israel ist es anstrengend, in England ist es angenehm. Jeder Mensch in England erzählt jedem anderen Menschen, wie angenehm das Leben in England ist. Denn die Engländer sind disziplinierte und manierliche Leute. Gewiß, die Konformisten unter ihnen - und soviel ich feststellen konnte, gibt es nur konformistische Engländer - empfinden keine besondere Zuneigung zu irgend jemand oder irgend etwas, mit Ausnahme ihres Kamins, in dessen freundlicher Wärme sie gar manchen heißen Sommertag verbringen, und ihres Hundes, mit dem sie stundenlang die aktuellen Tagesprobleme diskutieren. Aber das alles ändert nichts daran, daß sie das Volk der besten Manieren sind. Es gibt keinen Anlaß, aus dem der Engländer nicht »Danke« sagen würde. Manchmal sagt er es auch ohne jeden Anlaß, zum Beispiel, wenn man sich erkundigt, wie spät es ist:
    »Ich weiß nicht. Danke.«
    Um den geneigten Leser einen konkreten Fall von britischer Wohlerzogenheit vorzuführen, schildere ich nachstehend meinen Besuch - oder besser gesagt: meinen Abschied nach erfolgtem Besuch - im Ministerium für den Aufbau und Ausbau kultureller Beziehungen oder sonstwas. Der Leiter des einschlägigen Büros, ein Mr. MacFarland, hatte mich freundlich empfangen und bewirtet (mit Tee, wenn ich nicht irre) und geleitete mich am Ende zur Tür des hochgewölbten, mit dunklem

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