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Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Titel: Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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merkt das auf allen öffentlichen Verkehrsmitteln. Auf den Autobussen zum Beispiel hat man das Gefühl, von lauter Helden umgeben zu sein, die in eine tödliche Schlacht ziehen. Vierundzwanzig Stunden am Tag mischen sich im Gesichtausdruck des Engländers heroische Entschlossenheit und selbstverständliche Sprungbereitschaft, als gelte es die Erfüllung einer historischen Mission. Wenn sie den Bus verlassen, möchte man ihnen am liebsten die Hand schütteln und ein paar aufmunternde Worte sagen, etwa:
    »Kopf hoch, alter Junge. Es dauert nicht mehr lange, und die ewige Dankbarkeit der Nation ist dir sicher!«
    Sollte der geneigte Leser infolge irgendeines Irrtums jemals in das Haus eines Engländers eingeladen werden, dann darf es ihn nicht überraschen, wenn der Hausherr vor Beginn der Mahlzeit seinen linken Schuh auszieht und ihn mit Sand füllt. Es handelt sich hier um ein geschichtliches Erinnerungs-Zeremoniell: Während der Kämpfe um den Mount Tabor im Jahre 1193 hatten sich König Richards Schuhe mit Sand gefüllt, und eine eigene, in Schottland gelegene Fabrik ist bis heute ausschließlich damit beschäftigt, diesen speziellen, unter der Schutzmarke »Schottenfüllung« registrierten Schuhsand zu erzeugen. Es geht nichts über Tradition.
    Und das ist bei weitem nicht alles. Jede Biskuit-Packung, die etwas auf sich hält, trägt eine Inschrift mindestens folgenden Inhalts: »Der Patentbrief zur Erzeugung dieses Biskuit wurde von König Karl während der Belagerung der Stadt Glasgow ausgestellt, als Seine Majestät sich von den Anstrengungen der Schlacht durch den Genuß unserer schmackhaften Erzeugnisse erholte.« Die andere Seite der Packung zeigt das Porträt des Königs mit einem satten, zufriedenen Gesichtsausdruck.
    Es gibt Zeiten, in denen selbst der gewöhnliche Ausländer in nahen persönlichen Kontakt mit den Engländern kommen kann, meistens zwischen vier und sechs Uhr nachmittag, während der Stoßstunden.
    In London leben ungefähr acht Millionen Menschen. Siebeneinhalb Millionen benützen zwischen vier und sechs Uhr nachmittags die öffentlichen Verkehrsmittel, um nach Hause zu fahren. Das ist der Grund, warum der Schreiber dieser Zeilen zwischen vier und sechs Uhr nachmittags nie ein öffentliches Verkehrsmittel benützt hat, außer an jenem unvergeßlichen Donnerstag.
    Allerdings wurden meine Frau und ich dadurch irregeführt, daß wir am Ansatz der Treppe, die zu der betreffenden Untergrundbahnstation hinabführte, keine Schlange sahen.
    Dann wird's schon nicht so schlimm sein, dachten wir und begannen den Abstieg. Unten angelangt, herrschte plötzlich ein solches Gedränge, daß wir sofort umkehren wollten. Es ging nicht mehr, und von da an verloren wir jeden Einfluß auf die Entwicklung der Dinge. Als wir an den Kassenschalter herangezwängt wurden, konnte ich noch mit knapper Not meine Geldbörse hervorziehen, aber sie wieder einzustecken, war mir nicht mehr möglich. Ich mußte sie während der ganzen Fahrt in der Hand halten. Die geliebte Gestalt meiner Frau sah ich zuletzt hoffnungslos eingekeilt auf der Plattform. Sie wandte mir ihr süßes Antlitz zu, und ich hörte sie etwas rufen, wovon ich nur Bruchstücke verstand:
    »Leb wohl, Geliebter... auf ewig dein... und vergiß nicht... die Schlüssel... «
    Dann entschwand sie endgültig meinen Blicken.
    Während der Fahrt verspürte ich dann und wann von seitwärts den Griff eines Regenschirms zwischen den Rippen und glaubte ihn an der Form als den ihren zu erkennen. Um mich zu vergewissern, hätte ich den Kopf drehen müssen - aber wie? Ein Herr im schwarzen Mantel stand so dicht gegen meine Brust gepreßt, daß sogar unsere Nasen sich verschwisterten. Ich starrte ihm aus einer Entfernung von höchstens 4 Zentimetern in die Augen; sie waren von himmelblauer Farbe, und ihre Pupillen flackerten unruhig. Wie sein Gesicht aussah, konnte ich nicht feststellen. Zu meiner Linken erspähte ich ab und zu die Umrisse einer Sportkappe, die sich an meinem Oberschenkel wetzte. Und von der anderen Seite her bohrte sich der schon erwähnte Regenschirmgriff in meinen Brustkorb.
    »Weib!« rief ich aufs Geratewohl. »Bist du's?«
    Nach dreimaliger Wiederholung drang aus meilenweiter Ferne ein schwaches Stimmchen an mein Ohr:
    »Liebster... ja... ich glaube, daß ich es bin...«
    Sie lebte also! Meine freigebliebene Hand - mit der anderen hielt ich noch immer meine Geldbörse umklammert - tastete in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, verfing

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