Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.
startet stadtwärts. Unterwegs kichert er zufrieden in sich hinein, und es braucht einige Zeit, ehe der Gast die Ursache dieses permanenten Frohlockens entdeckt: Der Wagen wird nämlich an jeder Ecke von fanatischen Zionistenführern angehalten, die aber nicht zu Wort kommen, sondern mit der triumphal am Lenkrad erklingenden Mitteilung abgespeist werden: »Bedaure - für Freitagabend hab' schon ich eine Option auf den General!«
Die jüdische Einwohnerschaft bedenkt den Vorsitzenden mit mißgünstigen Blicken und bucht den Gast für nächsten Freitag. Auf die Frage: »Na, General? Wie gefällt Ihnen Amerika?« antwortet er wahrheitsgemäß: »Ich habe so etwas noch nie im Leben gesehn!« Im Hotel angekommen, winkt er der wogenden Menge seiner Bewunderer noch einmal zu, zieht sich in sein Zimmer zurück und hängt eine Tafel mit folgender Inschrift an die Türe:
»Alle Freitagabende ausverkauft. Einige Dienstage und Donnerstage noch verfügbar. Gesuche sind an den Adjutanten zu richten. Der General.«
Die Großzügigkeit unserer amerikanischen Vettern beschränkt sich nicht auf Dinner-Einladungen für Freitagabend.
Sie öffnen überdies in der generösesten Weise ihre Brieftaschen, finanzieren die Aufnahme neuer Einwanderer in Israel samt den dazugehörigen Wohnbauprojekten, und achten sogar darauf, daß unsere diplomatischen Vertreter in Amerika würdig untergebracht werden, in repräsentativen Gebäuden mit eindrucksvollen Adressen.
Daraus ergeben sich ungeahnte Komplikationen.
Werfen wir einen Blick auf das Israelische Konsulat in New York.
Von außen sieht das Haus nicht anders aus als die schmalen, vornehmen Privathäuser, die es umgeben. Nur vor dem Eingang steht ein lebensechter amerikanischer Polizeimann und knurrt »hier wird nicht geparkt!« Ich antwortete in meinem klangvollsten Sabbat-Hebräisch: »Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.« Das leuchtete ihm ein, und er ließ mich parken.
Erhobenen Hauptes betrat ich das Gebäude und vermied im letzten Augenblick einen komplizierten Schienbeinbruch: Gleich hinter der Eingangstüre stolperte ich über einige Kalkbottiche, die mir den Weg verstellten. Zum Glück fingen die Sandsäcke meinen Sturz auf.
Während ich nach dem Informationsbüro Ausschau hielt, erschien mein alter Freund Sulzbaum, der zweite Sekretär des Konsulats, vielleicht auch der dritte.
»Ich muß mich für dieses Durcheinander entschuldigen«, entschuldigte sich Sulzbaum. »Die Paßabteilung übersiedelt gerade ins Parterre, und wir müssen zwei Schlafzimmer neu für sie herrichten.«
Sulzbaums Worte warfen ein grelles Licht auf die Lage: Ein gutherziger jüdischer Einwohner New Yorks hatte der israelischen Regierung sein Haus geschenkt, das sich zwar ganz vorzüglich für Wohnzwecke eignete, aber ohne jede Rücksicht auf spätere Verwendungsmöglichkeiten als Konsulat erbaut worden war.
»Wir leiden unter Raumschwierigkeiten«, gestand mir Sulzbaum auf dem Zickzackweg zur Paßabteilung. »Unser Stab wird ständig größer, und wir haben im ganzen Haus für keinen Angestellten mehr Platz, nicht einmal für einen Liliputaner. Die erste Beamtenschicht hat alle brauchbaren Zimmer und Hallen belegt. Für die Nachzügler blieben nur noch die Badezimmer und dergleichen. Ich selbst bin erst vor vierzehn Tagen hergekommen und wurde in einen eingebauten Wäscheschrank gestopft.«
Wir erwischten den Aufzug. Er bietet zwei hageren Personen Platz, und selbst das nur am Sonntag, Dienstag und Donnerstag, wenn der Leiter des Informationsbüros sich in Washington aufhält. An den übrigen Tagen der Woche empfängt er im Aufzug seine Besucher.
Unterwegs zu dem für Paßfragen zuständigen Vizekonsul stießen wir in regelmäßigen Abständen auf kleinere und größere Arbeitertrupps mit Äxten, Sägen, Eimern und Pinseln.
»Sie haben ununterbrochen zu tun«, erläuterte Sulzbaum. »Entweder müssen sie irgendwo die Wand zwischen zwei Kinderzimmern niederreißen oder in eine neue Wand eine Türe einbauen oder eine Toilette in eine Kochnische verwandeln oder umgekehrt. Der Sekretär unserer Devisenabteilung amtiert noch immer auf dem Dach und kann nur mit Strickleitern erreicht werden.«
Sulzbaum hielt vor dem Büro des Vizekonsuls an, hob den schweren roten Teppich und leerte in ein darunter verborgenes Abflußrohr mehrere Aschenbecher.
»Hier war nämlich früher eine Küche«, klärte er mich auf.
»Bitte bücken Sie sich, sonst stoßen Sie mit dem Kopf gegen die
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