Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.
öffentlichen Prostitution vorbehalten ist?«
Meine Gattin hatte sich herangepirscht und nickte mir aufmunternd zu.
»Ach«, lächelte der Erkenntnistheoretiker. »Sie meinen offenbar... hehehe... Sie meinen das Viertel, wo die Damen in den Fenstern sitzen!«
»Wie bitte? In den Fenstern?«
»Ganz richtig. Ein solches Viertel gibt es bei uns.«
»Tatsächlich? Und wo?!«
»Hier in Amsterdam. Die Touristen strömen scharenweise hin.«
In den Augen meiner Gattin flammten zornige Pünktchen, die soviel bedeuteten wie: >Siehst du! Alles strömt, nur wir sitzen noch hier...<
»Um die Wahrheit zu sagen«, fuhr der Auskunftgeber fort, »tolerieren wir dieses Viertel überhaupt nur der Touristen wegen. An sich ist es eine Kulturschande. Tag und Nacht stehen die Fremden mit ihren Fotoapparaten vor den Fenstern und knipsen drauflos, als ob sie im Zoo wären. Einfach abscheulich!«
»Abscheulich«, wiederholte ich. »Ich kann mir das sehr gut vorstellen. Die gierigen Gesichter und das Klicken der Kameras... die ganze Straße ist voll davon... die ganze... wie hieß die Straße doch gleich?«
»Straße? Das spielt sich nicht auf der Straße ab. Wenn die Herren Touristen genug geknipst haben, verschwinden sie in den Häusern und feilschen mit den armen Mädchen stundenlang um die Taxe. Es ist wirklich degoutant!«
»Degoutant ist gar kein Ausdruck.« Ich biß die Zähne zusammen, um meine Erbitterung nicht merken zu lassen. Die weithin sichtbare Depression, in der ich mich jetzt befand, rechtfertigte unsern baldigen Aufbruch.
Unsre Strategie stand fest. Wir würden die Stadt durchkämmen, würden aus dem östlichen Zipfel nach Norden vorstoßen, dann die Querstraßen in westlicher Richtung durchstreifen und uns schließlich so lange südwärts halten, bis wir irgendwo auf ein rotes Licht stießen. Früher oder später mußten wir eines finden.
Wir mußten nicht, und wir fanden keines.
Gegen zwei Uhr nachts hielten wir erschöpft Rast, ohne eine einzige lebende Prostituierte gesehen zu haben. Da und dort hatte zwar ein rotes Licht aufgeblinkt, aber das war dann immer eine Verkehrsampel. Ein Nachtapotheker, den ich aus tiefem Schlag geweckt hatte, um ihn in ein Gespräch über den »ältesten Beruf der Welt« zu verwickeln, gab mir höflich zu verstehen, daß das Ackerbauministerium nachts geschlossen sei. Niedergeschlagen und hoffnungslos setzten wir unsern Weg fort. Um 3 Uhr 30 hatten wir erst ein Fünftel der Stadtfläche bewältigt. Die Straßen standen leer. Amsterdam schlief.
Es war nach vier, als ich vor dem Konzertgebouw einen Polizisten stehen sah. Jetzt war mir alles egal. Mit letzter Kraft stolperte ich auf ihn zu, hielt mich an seinem Uniformkragen fest und keuchte:
»Wo sind die Huren?«
»Die zweite Brücke hinter dem Dom«, antwortete der Hüter des Gesetzes bereitwillig. »Kanalstraat.«
Dieses, geneigter Leser, ist also die Adresse. Manchmal lohnt es sich, ein überlanges Buchkapitel zu Ende zu lesen.
Ein Parkplatz für Ameisen-Farmer
Handelnd von unsrer älteren Schwester jenseits des Ozeans, die uns so großzügig unterstützt und die wir trotzdem nicht hassen. - Wiedersehen mit Onkel Harry. - Macht nichts, alles ist versichert. - Wie ich zum General befördert wurde. - Ein Konsulat ist kein Eigenheim. - Ich versuche, einen Gebrauchtwagen zu kaufen, aber der Gebrauchtwagenhändler »Smiling Joe« vereitelt meinen Plan. - Beginn des ParkraumZeitalters. - Ich besuche Captain Bernie und schlachte ihn beinahe. Amerika, die letzte Zufluchtsstätte der Kündigungs-Freiheit. - Benzin, Ameisen und Konzert-Flügel. - Über den eher labilen Seelenzustand des Amerikaners, mit zahlreichen Beispielen aus dem praktischen Leben. - Meine Zukunft als Mormone. - Ich brauche einen Agenten. - Keine Wege führen von Las Vegas nach New Orleans.
Wir verließen Europa, die knarrende Wiege der westlichen Kultur, und strebten unsrem letzten Reiseziel entgegen: Amerika.
Man kann ruhig sagen, daß zwischen den Vereinigten Staaten und Israel eine geradezu familiäre Bindung besteht. Jeder Israeli hat in Amerika mindestens je einen Onkel und eine Tante. Das ist der unerläßliche Befähigungsnachweis, den die israelische Regierung von ihren Bürgern verlangt. Er steht in einem gewissen Zusammenhang mit den Geldaufbringungen des »United Jewish Appeal«, der heutigen Form des Manna, das uns vor rund dreitausend Jahren in der Wüste genährt hat.
Das Verhältnis Israels zu Amerika weist auch noch andere
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