Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
richtigen Zeitpunkt dafür geben.
»Lass mich das tragen.«
»Das geht schon.«
»Dickköpfig wie immer.«
»Woher ich das wohl habe?«
Sie lächelten sich kurz an, dann stand Meriel zwischen ihnen. Cat spürte ihre Präsenz so stark, als könnte sie ihre Mutter sehen. Sag mir, was ich tun soll, bat sie. Hilf mir, Ma.
Das graue Pony wartete. Cat entriegelte das Gatter und schob das Tier sanft beiseite, damit sie das Futter in den Metallhalter schütten konnte. Die Hennen scharrten zu ihren Füßen und warteten darauf, dass Körner herabfielen, was allerdings nur wenige taten.
»Warum du dir all das aufbürdest, werde ich nie verstehen. Als ob ein Ehemann und drei Kinder und eine halbe Allgemeinpraxis nicht genug wären.«
Sie gab ihm den leeren Eimer und verriegelte das Gatter. Dann sagte sie: »Da ist noch was.«
Er wartete schweigend, gab ihr keine Hilfestellung. Vom Bauernhaus her hörte sie Felix ein langes Heulen ausstoßen, eher wütend als gequält.
»Nun?«
»Wir gehen nach Australien. Wir haben ein Paar gefunden, das die Praxis übernimmt, und Derek wird die Dienste übernehmen. Wir bleiben sechs Monate. Es …«
Richard Serrailler war losgegangen, und sie musste hinterherhasten, um ihn einzuholen.
»Dad?«
»Catherine?«
Sie fühlte sich, als wäre sie wieder sechs Jahre alt.
»Sag irgendwas, um Gottes willen, sag mir, was du denkst.«
»Ich denke, die Kinder werden verwildern.«
»Du weißt, was ich meine.«
Schweigen.
»Wenn du es für zu früh hältst … Wenn du lieber möchtest, dass wir nicht gehen, würden wir natürlich nicht im Traum daran denken. Oder du könntest vielleicht mit uns kommen.«
»Ich glaube nicht. Ich werde den Winter über sehr beschäftigt sein. Das Journal muss weitergeführt werden. Es wird viel Arbeit in der Loge geben.«
»Aber du wirst allein sein. Natürlich wirst du zu tun haben, natürlich hast du Freunde, aber du wirst Mutter oder uns nicht haben. Die Familie.«
»Ach, komm«, sagte er, blickte sie vielsagend an. »Ich habe immer noch Simon.«
Siebenundsechzig
C hef? Das Pub heißt Flaxen Maid, auf der Golby Road. Das Opfer ist männlich, zweiundzwanzig Jahre alt, Stichwunden in Hals und Brust. Der Krankenwagen ist unterwegs. Die Streife war innerhalb von zehn Minuten da, bloß war der Täter da schon abgehauen, logisch – jemand hat aber das Kennzeichen notiert.«
»Wird gestohlen sein. Ist das Pub leer?«
»Ja, alle haben sich verzogen, als es anfing. Der Wirt heißt Terry Hutton. Sagt, es wär ziemlich ruhig gewesen heut Abend.«
»Weiß er etwas?«
»Nee. Oder wenn doch, hält er sich zurück. Schätze, es war jemand, der wusste, dass der Kerl hier war, wusste, dass es ruhig war, kam herein, hat Streit angefangen, ihn nach draußen gelockt … Das war’s dann.«
»Das Übliche. Überprüfen Sie, ob dieser Hutton weiß, wer in seinem Pub war, ob es irgendwelche Anwohner waren. Danach Befragung der Nachbarn. Gab es draußen Zeugen? Die Spurensicherung könnte was finden. Morgen früh müssen wir mit der Familie und den Freunden des Toten reden. Sind sie schon informiert?«
»Ja, seine Mutter und sein Bruder werden jetzt ins Krankenhaus gebracht.«
»Sorgen Sie dafür, dass das Autokennzeichen durchgegeben wird, und quetschen Sie den Wirt noch mal aus. Versuchen Sie, Namen zu bekommen. Wenn er ein Stammgast war, dann mit wem er geredet hat, mit wem er getrunken hat. Die laden wir alle morgen vor.«
»Geht klar, Chef.«
Simon legte auf. Ein weiterer junger Mann tot. Ein weiterer Streit um Drogen oder Geld oder vielleicht eine Frau, und raus mit den Messern. Routine. Geduldige Polizeiarbeit würde die in Frage kommenden Verdächtigen zutage fördern, Routineermittlungen und ein wenig Glück würden sie aufstöbern, und Befragungen und Spurensicherung würden vermutlich einen Treffer landen. Nein, nicht nur vermutlich, sondern wahrscheinlich. Es war wohl einer dieser Fälle. Einer der weniger interessanten im Polizeileben. Und was war dann »interessant«?, dachte er, während er zwei Becher und einen Teller in die Küche trug. Der Ed-Sleightholme-Fall. Sieben Kinder, wenn nicht sogar mehr als sieben, entführt und ermordet und ihre kleinen Knochen auf Felsvorsprüngen hinten in einer Höhle versteckt. Interessant?
Er stellte das Geschirr in die Spülmaschine.
Eine Stunde zuvor hatte er das Bauernhaus seiner Schwester verlassen, war zu schnell gefahren, erschüttert von ihrer Ankündigung und unfähig, nach der Beerdigung auch noch
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