Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
Vom Netzwerk:
werden. Weil es nicht nötig war.
    Natürlich würden Dinge passieren. Menschen. Verlegungen. Fragen. Gerichte. Wie lange es auch dauerte, alles Mögliche würde passieren, aber am Ende würde es genau das sein.
    Ed nahm ihre Tasse und schleuderte sie an die Wand, und als sie zersplitterte, rannen die Teereste an dem Grau hinunter. Sie beobachtete die Tropfen. Es dauerte Stunden, ehe sie ihre Beobachtung beenden musste und abgeführt wurde, und dann fing es an, noch mehr von ihnen redeten auf sie ein, mehr Fragen, die Ärztin, die Psychotante, der Gefängnisdirektor.
    Die Sonne kam heraus und verschwand wieder. Sie sah sie hin und wieder durchs Fenster oder reflektiert von anderen Wänden.
    Einmal hörte sie einen Krach. Sie wurde einen Flur entlanggebracht, um jemand anderem vorgeführt zu werden, und der Krach begann, ein Zischen, das lauter wurde und von allen Seiten zu kommen schien, als sprühe jemand das Geräusch aus einem Schlauch. Sie hatten sie also gesehen. Sie wussten Bescheid. Jemand brüllte. Das Zischen verstummte.
    Sie wurde verlegt. Nicht nur aus der Krankenabteilung. Verlegt in einen anderen Gefängnistrakt. Der Weg dahin schien den ganzen Tag zu dauern.
    »Mein Rücken bringt mich um, verdammt.«
    »Ist noch nicht Zeit für Ihr Schmerzmittel.«
    »Himmel. Wo bin ich hier?«
    Sie stand an der Tür zu der neuen Zelle. Die Zelle war kleiner. Anders. In der Wand war eine Glasscheibe. Dahinter ein Vorraum mit einem Stuhl.
    »Wozu ist das?«
    »Sie sind verlegt worden.«
    »Mir hat es da gefallen, wo ich war.« Die Wärterin zuckte die Schultern. Sie hatte zwei Haare auf einer Warze am Kinn. Ed wollte sie ihr rausziehen. »Wo ist Yvonne?«
    »Wer ist Yvonne?«
    »Ich will wissen, was los ist.«
    »Ich sagte, Sie sind verlegt worden. Sie stehen unter besonderer Bewachung.«
    Ed hatte nichts gesagt, hatte keine der Fragen beantwortet, aber es war, als hätten sie einen Dosenöffner für ihr Gehirn und hätten das herausgenommen, was sie brauchten.
    »Weswegen?«
    »Zu Ihrem eigenen Schutz.«
    Es war also entschieden worden. Sie wussten, was sie getan hatte, daher war sie von jetzt an allein, kein Umgang mit den anderen, keine Arbeit, keine Bücherei, keine Sporthalle, keine Kantine. Hofgang nur allein, zu eigenen Zeiten. Und Beobachtung durch die Glasscheibe, rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche.
    Sie setzte sich auf das Bett. Der rotglühende Schürhaken wühlte sich wieder tief in ihr Kreuz. Sie legte sich vorsichtig hin.
    Es traf sie erneut, eine Wasserwand, die auf sie niederkrachte. Das war es. Diese Zelle oder eine andere wie diese, mit Glasscheibe. Das hier.
    Lieber hätte sie sich noch einmal in die Nieren rammen lassen und den Schmerz ertragen als das hier.
    Das hier.
    Die Wände waren beige und das Fenster zu hoch oben, als dass die Sonne sie berühren konnte. Das.
    Ed zog die Knie an und drückte ihren Rücken gegen den Schmerz auf das niedrige Bett.

Fünfundsechzig
    E inst hatten hier sonntagnachmittags Musikkapellen gespielt. Das Podium war noch da, die Farbe blätterte ein wenig ab, Rost schimmerte durch, aber das ließe sich leicht wieder aufpolieren, dachte Dougie Meelup, der stehen geblieben war, um es sich anzuschauen. Leute spielten immer noch in Kapellen, oder? Warum hatte man es verkommen lassen?
    Es war heiß, aber im Park war es ruhig. Zwei Jungs spielten Frisbee, ein paar Mütter mit Kinderwagen saßen auf einer Bank.
    Er wanderte um den Teich. Eine Invasion von Kanadagänsen hatte sich unter die Enten gemischt und machte furchtbaren Dreck. Der Stadtrat hatte versucht, sie einzufangen und wegzuschaffen, aber es hatte einen Aufschrei von einigen blöden Naturschützern gegeben, und es wäre sowieso nur vorübergehend gewesen. Kanadagänse kamen immer zurück. Mütter ließen ihre Kleinkinder jetzt nicht mehr die Enten füttern, die Gänse waren groß und aggressiv.
    Dougie setzte sich in einiger Entfernung auf eine Bank, stellte seinen Plastikbecher mit Kaffee ab, entfernte den Deckel und schlug die Zeitung auf.
    Zehn Minuten später hatte er die Zeitung gesenkt, und der Kaffee wurde kalt.
    Von Anfang an, seit sie in dem Hotel in Devon gewesen waren und Eileen etwas über die Verhaftung im Fernsehen gesehen hatte, war da ein nagendes Stimmchen in Dougie Meelups Kopf gewesen. Zuerst nur flüsternd, aber als die Wochen vergingen und immer mehr Einzelheiten bekannt wurden, war es lauter geworden. Er hatte es gewusst. Nicht vermutet. Gewusst. Er hätte nie ein Wort zu Eileen

Weitere Kostenlose Bücher