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Der Seelenbrecher

Der Seelenbrecher

Titel: Der Seelenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Schlüssel in die Freiheit. Sie kennt den Code.«
Den Code zu meiner Identität.
»Und sie will uns etwas mitteilen.«
Ich muss mich erst noch vergewissern.
»Vielleicht gelingt es uns ja, hinter ihr Geheimnis zu kommen, bevor …«
Er stockte mitten im Satz, sah nach unten auf seine nackten Füße und wunderte sich, dass er plötzlich anfing zu schwitzen, obwohl er nichts weiter als eine dünne Pyjamahose und ein kurzärmeliges T-Shirt am Leibe trug. Dann griff er sich an die Stirn, um zu testen, ob er vielleicht Fieber bekam. Dabei wusste er, dass keine Erkältung, sondern ein einziges Wort für diesen Schweißausbruch verantwortlich war. Ein Wort, das er vor wenigen Augenblicken gehört, aber jetzt erst verstanden hatte. »Was ist mit Ihnen?«, hörte er den Hausmeister fragen. »Ich, ähh … können Sie das bitte noch mal wiederholen …?« Er sah erst von Schadeck zu Bachmann und dann auf das Bücherregal schräg hinter Sophias Rollstuhl.
»Ich fragte, was mit Ihnen ist?«
»Nein, nein, nein. Ich meinte, das von vorhin. Was hat Frau Dr. Dorn gesagt, als wir weg waren?«
»Das Gleiche wie immer. Nur dieses eine Wort, wenn es denn eins ist.«
Nein. Das war nicht das Gleiche.
»Wiederholen Sie es trotzdem noch einmal. Bitte.« »Topor, aber was …?«
»Großer Gott.« Caspar wusste nicht, vor wem er sich in diesem Augenblick mehr fürchtete. Vor dem Seelenbrecher oder vor sich selbst. Mit einem Schlag war ihm klargeworden, was Sophia ihnen die ganze Zeit über hatte mitteilen wollen.
     

01.49 Uhr
    Die Sprossen der Regalleiter knarrten laut unter dem ungewohnten Gewicht von Caspars Körper. Vermutlich war sie in den letzten Jahren nicht mehr benutzt worden, weil die Bücher in den oberen Fächern nur dekorative Zwecke erfüllten. Und auch Caspar wäre nicht auf die Idee gekommen, dort nach den medizinischen Nachschlagewerken zu suchen, wenn Bachmann ihm nicht gesagt hätte, dass Raßfeld hier einige seiner ausgemusterten Bände lagerte.
»Was soll das denn jetzt werden?«, fragte Schadeck. Er stand neben Yasmin und versuchte gerade einen Schürhaken in die Kopfstützenhalterung des Rollstuhls zu stecken, damit er den Infusionsbeutel daran aufhängen konnte.
»Ich bin mir nicht sicher …«, antwortete Caspar, ohne sich umzudrehen. Dann zog er den vorletzten Band eines alten Medizinlexikons aus dem obersten Fach unter der Decke heraus und blätterte zum Buchstaben S. Schon wenige Sekunden später fand er den Eintrag, nach dem er gesucht hatte. »Also doch.«
»Was?«
»Frau Dr. Dorn ist Psychiaterin. Sie kennt ihre eigene Diagnose.«
»Und die lautet?«
Bachmann sah fragend zu ihm hinauf, und auch Schadeck unterbrach seine Bastelarbeiten an dem provisorischen Tropf.
Caspar drehte sich auf der Treppe seitwärts, streckte den Band an einem Arm von sich weg und las vor: »Schlaflähmung, eine qualvolle Variante der quantitativen Wahrnehmungsbeeinträchtigung. Betroffene verharren in einer Wach-schlaf-Zwischenwelt, aus der sie sich nur mit Hilfe starker, meist negativer Reize befreien können, wie zum Beispiel Schmerz, heftiges Zucken, Schreie et cetera.«
Caspar hob den Kopf und zitierte den letzten Satz des Absatzes, ohne in das Lexikon zu schauen: »Diese Störung ist auch bekannt unter dem Namen Topor , lateinisch für …«, er zögerte, »… für Todesschlaf .« »Todesschlaf?«, fragte Bachmann ungläubig. »Soll das heißen, wir müssen sie einfach nur aufwecken?« Schadeck lachte höhnisch auf, aber Caspar nickte zustimmend. Dann streckte er sich gefährlich weit nach rechts, um ein weiteres Buch aus dem Regal zu ziehen. Mit seinen länglichen Ausmaßen wirkte der Band wie ein etwas zu dick geratener Schüleratlas. Neuropsychologie, 2. Auflage prangte in schwarzen Lettern auf dem orangefarbenen Deckel. Da das Buch zu unhandlich war, um es gleich auf der Leiter zu öffnen, stieg er wieder herunter und legte es vor dem Berg mit den ausgekippten Lebensmitteln auf den Tisch. Nach einem kurzen Blick in den Index schlug Caspar Seite 502 auf und tippte auf den letzten Absatz:
»Bei der Schlaflähmung handelt es sich um eine Lähmung, die während der Übergangsphase zwischen Schlaf und Wachsein entsteht. Sie dauert normalerweise recht kurz, gelegentlich jedoch auch bis zu zwanzig Minuten. Fast jeder zweite Mensch hat schon einmal eine Schlaflähmung erlitten.«
»Das kenne ich«, rief Yasmin aufgeregt. »So was ist echt krass. Einmal hab ich geträumt, dass ein Mann in meinem Zimmer ist. Ich wusste, er ist weg,

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