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Der Seelenbrecher

Der Seelenbrecher

Titel: Der Seelenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Minuten vor der Angst
    Seite 124 ff. der Patientenakte Nr. 131071/VL
    »Es ist mein Fehler. Alles meine Schuld«, sagte Bachmann mit erstaunlich klarer Stimme.
Seine Tränen waren genauso schnell wieder versiegt, wie Caspar benötigt hatte, um sich vom Boden aufzurappeln und den Dreck von seiner Pyjamahose zu klopfen. »Was zum Teufel ist denn hier passiert?«, wollte Schadeck wissen, der neben der Esstafel stand und etwas in der Hand hielt, was auf den ersten Blick wie ein Turnbeutel wirkte.
Der Hausmeister steckte seine Lesebrille weg und hustete trocken. »Sie wollte, also … also sie wollte nur mal schnell in die Speisekammer.«
Tom und Caspar warfen sich einen fassungslosen Blick zu. Bachmann brauchte ihren Namen nicht auszusprechen. Es war auch so klar, wen er meinte. Sie hatten die Schreie der Köchin gehört, und der Stuhl, auf dem Sybille Patzwalk vorhin noch gesessen hatte, war leer. »Aber was hat sie denn da draußen nur gewollt?«, fragte Caspar.
»Das hier«, sagte Schadeck und kippte den Inhalt des Beutels über der polierten Tischplatte aus. »Hierfür hat die Dicke ihr Leben riskiert.«
Eine eingedellte Raviolidose rollte zwischen anderen Konservenbüchsen hervor, und Caspar verfolgte ungläubig ihren Weg über die Tischplatte.
»Und woher hast du jetzt das ganze Zeug?«, fragte er vollends verwirrt.
Schadeck stöhnte und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Verdammt, das ist doch jetzt völlig egal. Der Seelenbrecher hat die Glühbirne zerdroschen und Sybille im Schlepptau aus der Kammer gezerrt. Sie muss den Sack im Todeskampf umklammert haben, was weiß ich? Ich hab den Irren an seinen Füßen gepackt, aber sie wa ren … so …«, er drehte die blutverschmierten Innenflächen seiner Hände für die anderen sichtbar nach außen, »… so glitschig, dass ich ihn nicht zu fassen bekommen habe. Stattdessen ist mir der Beutel direkt auf den Kopf gefallen. Ich hab gedacht, es ist seine Waffentasche oder so was, und hab ihn mitgenommen, aber wen interessiert das jetzt? Viel wichtiger ist doch, wie es überhaupt sein kann, dass unsere Köchin mutterseelenallein da draußen rumgegurkt ist?«
Tom trat einen Schritt an Bachmann heran, riss drohend seine Schultern zurück und sah wie ein Fußballspieler aus, der sich für einen Kopfball bereit macht.
»Hey, Hausmeister. Ich rede mit dir.«
Schadecks weiße Jeans war in Schritthöhe eingenässt, und Caspar fragte sich einen Moment, ob sich der Sanitäter tatsächlich vor Angst in die Hosen gemacht haben sollte, doch dann erinnerte er sich an die Infusionsbeutel. Tom hatte sie an seinen Gürtel gebunden, bevor sie aus der Apotheke zur Bibliothek zurückgerannt waren. Einer der beiden Beutel musste bei dem Kriechmanöver vor der Kammer geplatzt sein.
»Sie hat wieder zu sprechen begonnen, als ihr weg wart«, antwortete Bachmann zögerlich. Er sah zu So phias Rollstuhl hinüber. »Topor, oder so ähnlich. Na ja, ihr wisst schon, was ich meine. Sybille dachte, das würde vielleicht ›Hunger‹ heißen.«
Caspar nickte. Gut möglich, dass Sophias Sprachzentrum im Gehirn gestört war. Andererseits ahnte er, dass er etwas Wichtiges übersah, verdrängte aber den zweifelnden Gedanken, als Bachmann weiterredete.
»Ich war natürlich erst dagegen, aber die Speisekammer liegt doch direkt gegenüber, und Sybille hat gesagt, dort stünde ein Vorratsbeutel griffbereit. Also hab ich mich breitschlagen lassen.«
»Ich glaub’s einfach nicht.«
Schadeck riss theatralisch die Arme auseinander. »Du hast eine wehrlose Frau für ein Pfund Dosenfutter in die Arme des Seelenbrechers getrieben!«
»Jetzt beruhigen Sie sich mal«, wollte Caspar ansetzen, wurde aber sofort von Bachmann unterbrochen. »Nein, nicht wehrlos. Ich habe Sybille die Pistole mitgegeben, für den Notfall.«
»Was?«
Jetzt war auch Caspar außer sich. Er griff sich mit klammen Fingern an die Schläfe, dort, wo seine Haare versengt waren.
»O Gott, du bist ja noch bekloppter als die Patienten hier drinnen«, brüllte Tom und sah dabei so aus, als wolle er jeden Moment auf den Tisch springen. Seine Halsschlagader pochte wild.
»Jetzt hat der Wahnsinnige da draußen auch noch eine Waffe!«
»Es ist nur eine Gaspistole.«
»Ruhe!«, unterbrach Caspar brüllend die Auseinandersetzung. Dann senkte er wieder seine Stimme. »So schlimm das hier alles ist, Tom, wir können davon nichts mehr rückgängig machen.« Er sah dem Sanitäter direkt ins Gesicht. »Außerdem haben wir die Apotheke offen gelassen. Da

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