Der Seelenbrecher
Mörderin verfasst hat und das schon mal einen Psychiater in den Wahnsinn getrieben hat?«
»Halt, halt, halt!« Der Professor hob beschwichtigend die Hände. »Das ist nur ein Gerücht. Das muss ja nicht der Fall sein. Außerdem stehen Sie ja beide unter medizinischer Aufsicht. Wann immer Ihnen in den kommenden Tagen etwas seltsam erscheinen sollte, bitte ich Sie, mich umgehend zu kontaktieren.«
Er hob seine Aktentasche auf den Tisch und zog einen kleinen Block gelber Post-its aus ihr hervor.
»Weshalb? Was sollte uns denn auffallen?«, fragte Patrick, während der Professor zu einem Kugelschreiber griff.
»Wie wir ja nun alle wissen, war Sophia Dorn von dem Gedanken besessen, Menschen gegen ihren Willen zu hypnotisieren. Die Fachwelt ist sich darüber einig, dass sie in den Jahren auf der Flucht ihre Methoden verbessert und fortentwickelt haben muss.«
»Kommen Sie zum Punkt, bitte.« Der Student ließ jetzt jeden Respekt in seiner Anrede vermissen, was der Professor ihm aber angesichts der Umstände nicht verübelte.
»Die Wissenschaft streitet sich seit langem, ob es möglich ist, einen Menschen allein durch das Lesen eines Textes zu hypnotisieren.«
»Bitte was?«
»Ob es tatsächlich diese Alzner-Protokolle gibt, von denen auf Seite 214 die Rede ist. Es könnte sein, dass Sie gerade eines in den Händen halten. Ein Dokument mit einem unsichtbaren Subtext, den nur das Unterbewusstsein lesen kann.«
»Das ist nicht Ihr Ernst?« In Patricks Stimme schwang ein Hauch Panik mit.
»Wir sollen jetzt beide hypnotisiert sein, nur weil wir im Schnelldurchlauf diese Akte von der Wahnsinnigen durchgeackert haben?«
Der Professor nickte.
»Darum geht es in dem Test. Damit er funktioniert, konnte ich Sie im Vorhinein nicht einweihen. Dafür entschuldige ich mich. Ich persönlich glaube aber nicht daran und halte es für eine moderne Legende. Einen wissenschaftlichen Mythos, den wir gemeinsam widerlegen werden.«
»Aber wenn doch? Was passiert jetzt mit uns?« »Ich weiß es nicht. Aber wie gesagt, sobald Sie irgendein zweifelhaftes Erlebnis haben, das Sie beunruhigt, rufen Sie mich bitte an.«
»Können Sie uns dann wieder rausholen? Aus dieser Trance, meine ich? Wenn wir darin stecken?« Lydias Augen flatterten.
» Falls Sie darin stecken, ja. Auf jeden Fall. Ich kenne ja das Lösungswort.«
»Das Lösungswort?«
»Die Antwort auf das letzte Rätsel: ›Wirf mich weg, wenn du mich brauchst. Hol mich zurück, wenn du mich nicht mehr benötigst.‹ Wenn es eine SubliminalBotschaft, also einen versteckten Subtext gegeben hat, dann vermuten wir, dass seine posthypnotische Wirkung durch dieses Lösungswort wieder aufgehoben werden kann.«
»Sie vermuten es. Wie beruhigend. Raus mit der Sprache: Wie lautet es?«
Der Professor schüttelte den Kopf, als Patrick ihm mit dem Zeigefinger drohte.
»Wenn ich es Ihnen jetzt sagen würde, wäre das Experiment fehlgeschlagen. Warten Sie doch einfach ab, ob sich etwas in Ihrem Leben verändern wird. Machen Sie sich Notizen, aber bitte keine Sorgen. Ich bin zu jeder Tages-und Nachtzeit erreichbar. Ihnen wird nichts geschehen.«
»Ich geh hier nicht raus, bevor ich nicht das verdammte Lösungswort weiß.« Der Student brüllte fast. Die Tür hinter ihm knarrte, und ein Kopf erschien im Rahmen.
»Alles okay, kein Problem, bei uns ist alles in Ordnung hier«, sagte der Professor zu dem älteren Herrn, der zwar seine Augenbrauen hochzog, dann aber die Tür von außen wieder schloss.
»Nein, nichts ist okay. Sie sagen uns jetzt sofort die Lösung des letzten Rätsels, oder …«
»Schon gut, schon gut«, unterbrach er den hitzigen Redeschwall des Studenten.
Er war vorbereitet. Damit hatte er ja gerechnet. Der Professor ging zu den Studenten hinüber, griff sich ihre Unterlagen und klebte einen dieser gelben Zettel hinein, auf denen er gerade eine E-Mail-Adresse notiert hatte.
Lydia und Patrick sahen ihn fragend an.
»Wenn Sie über irgendetwas im Zweifel sind, schicken Sie mir eine Mail. Sie erhalten umgehend die Antwort, um die Sie mich eben gebeten haben. Damit haben Sie es also selbst in der Hand, ob Sie den Versuch abbrechen wollen. Ich bitte Sie, es aber nur zu tun, wenn es gar nicht mehr anders geht. Im Namen der Wissenschaft. Können wir uns darauf verständigen?« Der Professor ging wieder an seinen Platz, griff sich seine Unterlagen und verstaute sie in seiner abgewetzten Aktentasche.
Lydia stand auf.
»Aber es wurde geknackt, ja?«, fragte sie zaghaft. »Das Haberland-Rätsel – er hat
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