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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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»gar nichts.« Er sah zu, wie Tarz zurück ins Versammlungshaus ging. Das gefiel ihm nicht. Normalerweise wäre Tarz sofort zu ihm gekommen. Er fragte sich, ob Tarz wohl schon vor diesem überraschenden Besuch mit den Gottessöhnen Kontakt gehabt hatte, aber er verbannte diesen Gedanken sofort wieder.
    Die Gottesgemeinde gehörte zusammen. Einen Judas gab es hier nicht.

Achtes Kapitel
    Preacher saß im Lieferwagen der Gottesgemeinde und wartete darauf, daß Charlie vom Postamt zurückkam. Normalerweise holte er Post nicht selbst aus der Stadt, aber heute war er nervös. Der Zusammenstoß mit den beiden Gottessöhnen hatte ihn doch stärker beunruhigt, als er sich selbst eingestehen mochte. Im Grunde hielt er die Kirche der Gottessöhne für eine relativ harmlose Sekte, eine der zahlreichen pseudoreligiösen Gemeinschaften in Kalifornien, die den frustrierten Hippies und anderen jungen Leuten, die vom Leben enttäuscht waren und den Schlüssel zu einer bestimmten Selbstverwirklichung suchten, eine fragwürdige Heimat boten.
    Es waren Leute wie L. Ron, Bruder Robert und Crazy Charlie, die bei der Rekrutierung der Jugendlichen den meisten Erfolg hatten. Sie predigten ihnen die Unzufriedenheit mit der Gesellschaft und versprachen eine goldene Zukunft. Mehr als ein junger Mensch war in die absolute Abhängigkeit von einem religiösen Führer oder einer Sekte geraten, die dies rücksichtslos ausnutzten. Das Erstaunlichste war dabei, daß die Opfer absolut glücklich darüber waren, daß sie ausgenutzt wurden, weil sie das Gefühl hatten, daß sie gebraucht wurden.
    Mit Gottes Verheißung hatte das wenig zu tun, und dennoch übten die Sekten eine Anziehungskraft aus, die Preacher sich nicht zu erklären vermochte. Der Herr hatte ihn beauftragt, den suchenden und ratlosen Menschen zu helfen, und er bemühte sich, diesen Auftrag so gut es ging zu erfüllen. Aber vielleicht genügte das nicht. Vielleicht fehlte ihm eine Eigenschaft, die andere besaßen. Vielleicht lag es daran, daß er die Herrschaft Gottes predigte, während die jungen Menschen die irdische Autorität suchten. Aber er konnte sich selbst nicht verleugnen. Er verbreitete das Wort Gottes. Er vermochte sich nicht als angeblicher Stellvertreter Gottes auf Erden über seine Nächsten zu erheben und Gehorsam von ihnen zu fordern. Sie waren alle Gottes Kinder, und er war einer von ihnen.
    Charlie kam über die Straße, fröhlich schwenkte sie einen Postsack. »Wir haben mehr als hundert Briefe gekriegt«, strahlte sie, als sie neben ihm saß. »Alle aus San Francisco, soweit ich gesehen habe.«
    »Gut«, sagte Preacher und ließ den Motor an. »Diese Flugblätter, die wir verteilt haben, waren also erfolgreich.«
    »Ach«, sagte Charlie. »Das hätte ich beinahe vergessen. Da ist noch ein Telegramm. Für dich.«
    Preacher riß den gelben Umschlag auf und las. RUF MICH UNBEDINGT SOFORT UNTER NUMMER 777-2121 AN. BARBARA.
    Das Telegramm war vor zwei Tagen in San Francisco aufgegeben worden. Er hätte es gestern schon haben müssen. Merkwürdig, daß Tarz es ihm nicht mitgebracht hatte. Aber vielleicht war es erst gekommen, als Tarz die Post bereits abgeholt hatte.
    Preacher stellte den Motor wieder ab und stieg aus. »Ich komme gleich wieder«, sagte er.
    Charlie las ihm die Unruhe vom Gesicht ab. »Stimmt was nicht, Preacher?«
    »Ich weiß noch nicht«, sagte er und ging rasch zur Telefonzelle neben dem Postamt.
    Während er wählte, beobachtete er durch die Glastür, wie
    Charlie die ersten Briefe aufmachte. Dann wartete er. Nach dem zweiten Klingeln fielen die Münzen.
    Barbara meldete sich.
    »Hier ist Preacher.«
    Barbaras Stimme war eigenartig verhalten und ängstlich. »Warum rufst du erst jetzt an?«
    »Ich habe dein Telegramm erst vor einer Minute gekriegt«, sagte er.
    »Du wirst Besuch bekommen«, flüsterte sie.
    »Schon geschehen. Heute morgen«, erwiderte Preacher. »Ich habe sie rausgeworfen.«
    »Das ist aber heikel, Preacher. Ich -«
    »Was hast du mit den Gottessöhnen zu tun?«
    »Gar nichts«, flüsterte Barbara. »Aber mein Onkel findet, daß an der Spitze des Hauses Soong keine Frau stehen dürfe. Er hat das Geschäft mit den Gottessöhnen gemacht und ihnen außerdem noch gesteckt, von wem wir die Ware gekauft hatten.«
    »Konntest du das nicht verhindern?«
    »Leider nicht«, erwiderte sie. »Er hat das ganze Unternehmen übernommen. Ich bin praktisch seine Gefangene. Sie haben mich in meiner eigenen Wohnung eingesperrt. Die meisten Vettern

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