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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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und musterte Preacher aus zusammengekniffenen Augen.
    Preacher hielt dem jungen Mann einen Zwanzigdollarschein hin. »Ich wollte Sie um einen Gefallen bitten.«
    »Kein Hasch«, sagte der junge Mann hastig.
    »Nein, kein Hasch«, lächelte Preacher.
    »Sind Sie Polizist?«
    Preacher schüttelte den Kopf. »Kein Polizist. Ich wollte Sie bitten, in das Haus da drüben zu gehen und etwas abzuholen für mich.«
    »Wenn das alles ist, warum gehen Sie nicht selbst hin?«
    »Tja, wissen Sie, meine Augen stehen nicht so im Gesicht, wie sie sollen«, sagte Preacher. »Ich brauche den Schlüssel zur Wohnung meiner Freundin. Ihr Vater hat sie eingesperrt, aber heute nacht ist er nicht da, und wenn ich den Schlüssel habe, kann ich sie rausholen.«
    Der junge Mann grinste. »Dem alten Herrn gefallen Ihre Augen nicht, wie?«
    »So ähnlich«, bestätigte Preacher.
    »Es handelt sich bestimmt nicht um etwas Kriminelles, oder?«
    »Nein, Mann. Alles völlig cool und korrekt. Liebe kennt nun mal keine Grenzen.«
    »Ich verstehe. Die meisten alten Leute sind komisch. Sie sollten mal meine Mutter sehen, wenn ich mit einem Mädchen gehe, das keine Chinesin ist. Drei Häuserblocks weit hört man sie keifen.«
    »Holen Sie den Schlüssel für mich?«
    Der junge Mann nickte. »Sagen Sie mir nur, was ich tun soll.«
    »Es ist ganz einfach«, sagte Preacher. »Sie gehen einfach zum Kundendienstschalter und sagen, Sie wollten den Schlüssel für Miß Soong abholen. Dabei zeigen Sie den Zettel mit dieser Nummer hier vor. Wenn Sie den Schlüssel haben, vergleichen Sie noch einmal die Nummern, und wenn alles okay ist, dann bringen Sie mir bitte den Schlüssel.«
    »Und wenn es nicht funktioniert?«
    »Dann sagen Sie einfach, Sie kämen morgen noch einmal und bringen mir nur meinen Zettel zurück. Die zwanzig Dollar kriegen Sie auf jeden Fall.«
    »Und wieso glauben Sie, daß die den Schlüssel tatsächlich haben?« fragte der junge Chinese. »Die müssen doch erst angefertigt werden.«
    »Ich habe vorher angerufen. Man hat mir gesagt, der Schlüssel wäre um vier Uhr nachmittags fertig. Jetzt ist es schon beinahe fünf.«
    Preacher sah zu, wie der junge Mann über die Straße und in das Gebäude hineinging. Dann lehnte er sich an den Wagen und steckte sich eine Zigarette an. Er hatte sie noch nicht ganz zu Ende geraucht, als der Chinese zurückkam.
    »Haben Sie ihn?« fragte Preacher.
    Der junge Mann grinste. »Kein Problem. Sie haben mich gefragt, ob ich bar zahlen wollte, und ich sagte: >Schicken Sie uns eine Rechnung!««
    Preacher lächelte. »Das war clever von Ihnen.«
    »Ich habe mir gedacht, daß die Sache noch lustiger ist, wenn der Alte selbst die Rechnung bezahlen muß«, sagte der junge Chinese und reichte Preacher einen Umschlag.
    Preacher nahm den Schlüssel heraus und verglich die Nummer mit seinem Zettel. Dann gab er dem Chinesen das Geld. »Vielen Dank, Kumpel!«
    »Ich habe zu danken«, sagte der junge Mann, als er den Zwanzigdollarschein wegsteckte. »Ich hoffe, es klappt alles. Viel Glück!« Er hob die Hand und mischte sich wieder unter die Menge. Preacher wartete noch, bis er endgültig um die Ecke verschwunden war, dann setzte er sich in den Wagen und machte sich auf den Weg.
    Eine Stunde später verließ er die Oakland-Brücke, bog scharf nach rechts ab und fuhr fast bis zur Uferpromenade zurück. Er parkte vor einem alten, grauen Haus in einer verkommenen Straße, schloß den Wagen sorgfältig ab, ging ein paar Stufen hinauf und klingelte an der Haustür.
    Die Tür öffnete sich nur einen Spalt breit. Im Lichtschein, der aus dem Inneren herausfiel, war ein baumlanger Schwarzer zu sehen. »Ja?« knurrte er dunkel.
    »Ali Elijah«, gab Preacher zur Antwort.
    »Und wer sind Sie?«
    »Sagen Sie, Preacher möchte ihn sprechen.«
    Der Mann nickte und schloß die Tür wieder. Preacher wartete einige Minuten, dann kam der Schwarze zurück. »Bitte, folgen Sie mir«, sagte er ausdruckslos.
    Preacher trat in den engen Flur, wartete, bis der Mann die Tür hinter ihm zugesperrt und verriegelt hatte, und folgte ihm dann eine schmale Treppe hinauf, die auf einen weiteren engen Korridor führte. Vor einer Stahltür hielten sie an.
    »Heben Sie bitte die Hände.« Preacher gehorchte, und der Schwarze klopfte ihn ab. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß der Besucher keine Waffe mitführte, nickte der Leibwächter. »Sie können jetzt rein.«
    Da der Mann keinerlei Anstalten machte, die Türe zu öffnen, drehte Preacher am Türknopf

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