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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Mann begann krampfhaft zu zittern. Es schien, als wolle er sprechen, aber nur Speichel kam über seine Lippen.
    »Satan, verlaß diesen Leib!« schrie Preacher und schlug den jungen Mann so knallhart ins Gesicht, daß dieser fast ohnmäch-tig wurde. Preacher bückte sich und zog den Mann wieder hoch. Der Kopf seines Opfers schwankte willenlos auf den Schultern. »Bekenne deine Sünden!« befahl Preacher mit drohender Stimme.
    Da fiel der junge Mann auf die Knie und bat mit erhobenen Händen um Gnade. »Ich bekenne, ich habe gesündigt. Jesus, vergib mir! Vergib mir, ich habe gesündigt! Ich habe Whiskey getrunken und Haschisch geraucht und mit schamlosen Frauen geschlafen. Ich habe meinen Körper und meine Seele beschmutzt. Jesus, vergib mir!« Er schlug die Hände vors Gesicht, sein Körper wurde von heftigem Schluchzen geschüttelt.
    Triumphierend sah Preacher sich um. Dann half er dem jungen Mann auf die Füße und führte ihn behutsam die Stufen hinunter zur Rednertribüne. »Komm mit mir, mein Sohn«, sagte er. In der atemlosen Stille war jedes seiner Worte deutlich zu hören. »Ich werde dich waschen mit dem heiligen Wasser, das wir mit großen Kosten und Mühen vom Jordan geholt haben, damit du wieder in die Gottesgemeinde eintreten kannst und dem Erlöser gereinigt begegnest.«
    Er schob den jungen Mann vor eines der Fässer an der Tribüne und stieß ihn dann auf die Knie. Auf einen Wink hin eilte eines der weißgekleideten Mädchen herbei und drehte den goldenen Zapfhahn auf.
    Preacher fing den dünnen Wasserstrahl mit der Hand auf und begann das Gesicht des jungen Mannes zu waschen. Dann sammelte er mit beiden Händen eine größere Menge und goß sie über dem Kopf des Knienden aus. »Ich taufe dich mit diesem heiligen Wasser des Jordan. Im Namen des Vaters...«: Es folgte ein weiterer Guß. »... im Namen des Sohnes.« Wieder eine Handvoll Wasser. »... und im Namen des Heiligen Geistes. Amen.«
    Die Versammlung rief ebenfalls: »Amen!«
    »Und nun, mein Sohn, will ich dir sagen, wie unser Herr Jesus Christus gesagt hat: >Gehe hin und sündige nicht mehr!<«
    Während die beiden Mädchen den jungen Mann beiseite führten und zum Ausgang hinausließen, wandte sich Preacher wieder der Versammlung zu. »Wer unter euch ist der nächste? Wer kommt her zu mir, um sich reinwaschen und taufen zu lassen? Werdet ihr freiwillig kommen, oder muß ich euch einzeln herunterzerren und eigenhändig zwingen, euch retten zu lassen?«
    Es herrschte gespanntes Schweigen, aber nur einen Moment lang. Dann stand in einer der letzten Bankreihen ein Mann auf und rief: »Ich komme zu dir, Bruder Talbot!« Dann erhob sich ein Mann weiter links, dann eine Frau ganz am Rande, und plötzlich waren die Gänge voll von Menschen, die zu den Fässern mit Jordanwasser hindrängten.
    Preacher stieg die Treppen zur Kanzel hinauf, um detaillierte Anweisungen für die Massentaufe zu geben. Mächtig dröhnte seine Stimme durchs Zelt. »Ihr wascht euch mit dem heiligen Wasser des Jordan. Es ist dasselbe Wasser, in dem sich einst unser Herr Jesus Christus gewaschen hat. Es ist teuer und schwer zu beschaffen, also benutzt es bitte nur sparsam, damit es für alle reicht. Wer von euch dazu beitragen will, daß wir noch mehr von dem heiligen Wasser ins Land holen können, um noch mehr reuige Sünder zu retten, möge bitte fünf Dollar oder ruhig auch mehr in die Opferstöcke neben den Fässern einwerfen. Unsere frommen Hostessen danken euch dafür im Namen unseres Herrn, Jesus Christus, ebenso wie ich.
    Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß die Hälfte aller Einkünfte an die First Baptist Church of Randle abgeführt wird, zu Händen des ehrenwerten Pastors Dr. John Lydon, aufgrund dessen freundlicher Einladung wir diese Missionsveranstaltung durchführen, um euch die frohe Botschaft zu bringen.«
    Mit diesen Worten verließ Preacher endgültig die Kanzel und stellte sich neben die Wasserfässer, um jedem die Hand zu drük-ken, der sich gereinigt hatte und das Zelt durch den Seitenausgang verließ. Es dauerte länger als eine Stunde, bis die Versammlung sich aufgelöst hatte. Dann war das Zelt endlich leer.
    Nur ganz vorn, in der ersten Reihe, saß ein alter Mann, ganz für sich. Jake Randle stützte sich mit beiden Händen auf den goldenen Knauf des Spazierstocks und musterte Preacher mit reglosen Augen.
    Preacher gab den Blick zurück, ohne etwas zu sagen.
    Plötzlich erhob sich der alte Mann, wandte sich um und ging langsam zwischen den

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