Der Seelenfänger
die Einnahmen bereits zu sauberen Stapeln geordnet.
»Viertausendundsechzehn Dollar«, verkündete Beverly, als Preacher herantrat.
Er stieß einen Pfiff aus. »Das ist eine Menge Moos.«
»Das ist absoluter Rekord«, sagte Beverly. »Bisher hatten wir noch nie mehr als die Hälfte.«
»Ich frage mich, woran das liegt«, sagte Preacher nachdenklich.
»Du hast ihnen endlich gegeben, was sie verlangen«, mischte sich Joe aus dem Hintergrund ein. »Die wollen keinen Zuckerbubi, der ihnen was vorsäuselt. Die wollen einen Kerl, der ihnen mit Hölle und Verdammnis solange einheizt, bis ihnen die Scheiße im Arsch kocht.«
Preacher sah ihn unsicher an. »Glaubst du das wirklich?«
»Und ob!« sagte Joe. »Du hast nicht gesehen, wie sie gestrahlt haben, als du Tarz vertrimmt und nach vorne geholt hast. Die haben geglaubt, du hättest den Teufel selbst in der Mangel.«
»Wahrscheinlich hast du das selber geglaubt«, sagte Tarz. »Meine Zähne tun jedenfalls höllisch weh. Ich bin heilfroh, daß du mich nicht jedesmal so gewaltsam bekehrst.«
»Das tut mir leid, mit den Zähnen«, sagte Preacher. »Ich wollte dir nicht wehtun.«
Tarz lachte.
»Ich beschwere mich ja nicht. Aber ich glaube, mein Geld war ich wert.«
Joe räusperte sich. »Beverly, soll ich es ihm sagen, oder machst du das?«
»Ich werd es ihm sagen«, fiel ihm das Mädchen ins Wort. »Preacher, wir haben uns was überlegt, als du geduscht hast. Wir finden, du solltest der Kirche in Randle nicht mehr als vierhundert Dollar geben.«
Preacher schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Wir haben ihnen die Hälfte versprochen.«
»Das macht nichts«, sagte Joe. »Woher sollen die wissen, wieviel wir gekriegt haben? Charlie hat sich sagen lassen, daß die sonntags höchstens zweihundert Dollar bei der Kollekte kassieren. Wenn wir denen das Doppelte geben, dann machen die sich doch glatt in die Hose vor Freude.«
»Das wäre nicht richtig.«
»Es ist aber auch nicht richtig, wenn wir den Männern, die für dich arbeiten, seit Wochen kein Geld geben«, konterte Joe. »Ich finde, wir sind ihnen mehr schuldig als irgendwelchen Popen im hintersten Texas. Die haben doch überhaupt nichts für uns getan. Alles haben wir selber bezahlt, Platzmiete, Gas, Strom und Steuern. Vierhundert sind mehr als genug für die Brüder.«
Preacher schwieg.
»Wenn du damit einverstanden wärst, Preacher«, sagte Beverly rasch, »könnten wir jedem der Männer den Wochenlohn auszahlen und einen Teil von dem, was wir ihnen noch schulden. Außerdem wäre noch etwas übrig für uns.«
»Auf diese Weise hätten wir alle etwas davon, Preacher«, rief Joe. »Denk daran, daß unser nächster Termin erst am Donnerstag ist. Bis dahin verdienen wir vier Tage lang gar nichts.«
Preacher sah schweigend vom einen zum anderen. »Ich werde darüber nachdenken«, sagte er schließlich. »Vor morgen fahren wir ja nicht ab. Ich sage euch Bescheid.«
Er ging ins Vorderteil des Wohnwagens, zog den Vorhang hinter sich zu, klappte sein Klappbett herunter und legte sich hin. Die Hände hinter dem Kopf gefaltet, starrte er ratlos zur Decke hinauf. Geld. Warum ging es immer nur um Geld?
Der Vorhang wurde zur Seite geschoben, und Charlie trat ein. Sie setzte sich ans Fußende der spartanischen Pritsche. »Du bist völlig verkrampft, Preacher. Willst du nicht noch was rauchen, damit du dich wieder entspannst?«
Er schüttelte den Kopf. »Lieber nicht.«
»Joe und Beverly haben nicht so ganz unrecht«, sagte sie vorsichtig.
Preacher gab keine Antwort.
»Ich weiß, es geht mich nichts an«, sagte Charlie. »Und die Mädchen sagen auch nichts, aber ich weiß, daß sie unglücklich sind. Es geht ihnen gar nicht so ums Geld, es ist noch was anderes. Wir sind nicht mehr so lustig wie früher. Wir ziehen herum und müssen dauernd nur schuften. Wir haben nicht mal Zeit, um ins Kino zu gehen. Wir dürfen keine Parties mehr feiern, wir dürfen nicht rauchen und wir dürfen nicht trinken, denn wenn die Leute uns dabei erwischen, sind wir erledigt. Am schlimmsten ist es, daß wir nicht mehr bei dir sein dürfen. Du schließt dich nachts in deinen Wohnwagen ein, und nie darf eine von uns zu dir kommen, um dir die Zeit zu vertreiben.«
»Man kann doch nicht das Gegenteil von dem tun, was man predigt«, erwiderte Preacher.
»Ich sage ja nicht, daß du das Gegenteil tun sollst«, rief Charlie. »Aber wir sind doch keine Heiligen, oder? Was machst du denn, wenn du mal Bock auf ’ne Frau hast? Holst du dir
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