Der Seelenfänger
Öffentlichkeitsarbeit und eine gewisse finanzielle Unterstützung anbieten, werden wir uns vor Tochtergemeinden gar nicht mehr retten können, die sich der Kirche der amerikanischen Christen anschließen wollen.«
»Du bist doch ein Hurensohn, Andrew!« sagte Randle bewundernd. »Entschuldigen Sie, das ist mir so rausgerutscht, Mrs. Lacey.« Er wandte sich wieder zu Preacher und strahlte. »Ich wußte doch gleich, daß du goldrichtig bist, Junge. Du bist ein richtiges Schlitzohr.«
Viertes Kapitel
»Ich glaub du spinnst, Preacher. Es hat noch nie einen Niggerprediger im überregionalen Fernsehen gegeben«, sagte Joe. »Außer Reverend Ike vielleicht, und der ist doch eine Figur aus dem Witzblatt.«
»Dann ist es um so dringender, daß es endlich einen gibt, den sie ernst nehmen müssen.«
»Und wer soll das sein?« fragte Joe. »Der einzige, den ich kenne, lebt in Los Angeles drüben. Fred Price vom Crenshaw Christian Center. Der ist schon auf über dreißig Kanälen mit seinem Der größere Glaube-Programm, aber der braucht uns nicht mehr. Der hat die Gebäude der alten Pepperdine-Universität in Los Angeles gekauft und für vierzehn Millionen Dollar zu einer Kirche mit zehntausend Plätzen umgebaut.«
»Du hast recht«, sagte Preacher. »Das ist nicht der richtige Mann für uns. Erstens appelliert er nur an die schwarze Oberschicht, die sich bloß aus Sentimentalität einen schwarzen Gospelprediger anhört, und zweitens arbeitet er wahrscheinlich schon mit Oral Roberts zusammen. Ich habe gehört, daß er dem City of Faith-Krankenhaus in Tulsa eine Menge Geld gestiftet haben soll.« Preacher nahm einen Computerausdruck vom Tisch. »Hier ist eine Liste von über achttausend schwarzen Baptistengemeinden mit fünfzehnhundert oder weniger Mitgliedern. Das sind Leute, die uns brauchen, denen können wir helfen. Alle diese Gemeinden nehmen weit weniger ein, als sie ausgeben.«
»Die werden uns wohl kaum anhören«, sagte Joe skeptisch. »Die denken doch, das ist bloß ein weiterer mieser Trick von den Weißen und ihrer geldgierigen Kirche.«
»Das kann schon sein«, sagte Preacher. »Wenn ich sie besuche. Aber ich gehe nicht hin, sondern du!«
»Ich glaube, jetzt spinnst du aber wirklich komplett«, sagte Joe. »Ich hab doch noch nie eine Predigt gehalten.«
»Dann wird es Zeit, daß du damit anfängst. In zwei Wochen wird deine erste Show aufgezeichnet«, sagte Preacher. Er beobachtete das verblüffte Gesicht seines Freundes und lachte. »Es ist wirklich nicht schwer, Joe. Du mußt bloß die Bibel über dem Kopf schwenken und mit der anderen Hand auf die Kanzel schlagen. Außerdem mußt du direkt in die Kamera sehen, damit das Publikum denkt, du hättest die Heilige Schrift persönlich verfaßt.«
»Wir kriegen doch nie im Leben genug Schwarze zusammen, um die Kirche zu füllen«, sagte Joe. »Hier in der Gegend gibt es doch gar nicht so viele.«
»Das weiß ich auch«, sagte Preacher. »Aber wir nehmen ja auch gar nicht die Kirche für deine Show. Das Innere ist viel zu bekannt, das erkennen die Fernsehzuschauer sofort. Ich möchte, daß deine Show ein ganz anderes Image erhält. Es muß so gemütlich und eng zugehen wie in den Kirchen, die sie selber besuchen. Wir werden deine Show in der ersten Kapelle aufnehmen. Wenn wir da dreihundert Menschen geschickt drin verteilen, dann sieht das so vollgepackt aus wie eine Büchse Sardinen.« Er schlug Joe auf die Schulter. »Na, Herr Pastor, wie ist es? Versuchen wir es mal? Ja?«
»Was hast du gesagt?« fragte Joe.
»Pastor, hab ich gesagt«, grinste Preacher. »Eine so verantwortungsvolle Aufgabe kann doch nicht irgendein normaler Mensch übernehmen.«
»Dem Herrn sei Dank«, strahlte Joe. »Man hat mich schon wieder befördert. Natürlich mache ich mit! Darauf kannst du deinen frommen Hintern verwetten!«
Aus der Entfernung sah die kleine Kirche fast schmuck aus, aber je näher man kam, desto deutlicher zeigte sich der Verfall. Die weiße Tünche war staubig geworden, in der Holzverkleidung der Wände zeigten sich Lücken. Auch das Schild, das im Vorgarten stand, war vom Regen verschmiert, und die Schrift war kaum noch zu lesen.
»THE LITTLE RIVER BAPTIST CHURCH
Betstunde täglich um 19 Uhr außer Samstag Sonntagsschule 8 Uhr Gottesdienst Sonntag 11 Uhr Gospelstunde im alten Stil Samstag 19 Uhr Der Mann, der heilen kann.
Der Mann mit prophetischen Gaben.
Der Mann des Glaubens.
Pastor Parker J. Willard«
»Dieser Pastor Willard scheint ein gewaltiger
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