Der Seelenfänger
stecken? Wollen Sie, daß wir zusehen, wie Kommunismus und Wollust Amerika unterjochen? Seit vierzig Jahren werden wir zersetzt und unterwandert. Da muß man doch Stellung beziehen.«
»Ich bin sehr dafür, daß wir Stellung beziehen, Mr. Craig«, sagte Preacher gelassen. »Aber ich glaube, daß uns Gott eine größere Plattform gegeben hat als die Parteipolitik, um gegen den Teufel zu kämpfen.«
»Falls Sie das Fernsehen meinen«, erwiderte Craig, »dann sage ich Ihnen: Das Fernsehen allein reicht nicht.«
»Da haben Sie recht, Mr. Craig. Aber ich rede gar nicht vom Fernsehen. Ich rede von den Kirchen und Kanzeln unseres Landes. Wenn wir mit dem Teufel streiten, dann muß das in den Gotteshäusern geschehen.«
»Dr. Falwell würde Ihnen da sicherlich zustimmen. Wußten Sie, daß er mehr als dreihundert Absolventen des Liberty Baptist College bei der Gründung ihrer Gemeinden finanziell unterstützt hat? Und daß er in den nächsten zehn Jahren noch mehreren tausend weiteren jungen Pfarrern beistehen wird?«
»Ich zweifle nicht daran, Mr. Craig«, sagte Preacher. »Und ich halte es durchaus für möglich, daß es Falwell auf diese Weise gelingt, alle Baptistengemeinden, die nichts mit dem Liberty College zu tun haben, im Lauf der Zeit aus diesem Land zu verdrängen. Aber ich kann nicht sagen, daß ich eine solche Entwicklung gutheiße. Es gehört zu den Grundprinzipien unseres Glaubens, daß sich jede Gemeinde und jeder Prediger direkt auf das Evangelium berufen können, daß sie von äußeren Einflüssen unabhängig und innerlich frei sind.«
»Das mag schon so sein, Dr. Talbot. Aber in Amerika gehört die Zukunft nun einmal den großen Organisationen. Da können die kleinen, unabhängigen Kirchen, die nicht genug Geld haben, einfach nicht mithalten.«
Preacher dachte einen Augenblick nach. Dann wandte er sich an die Vorsitzende des Christlichen Frauenrates. »Sind Sie auch dieser Ansicht, Mrs. Lacey?«
»Ja.« Die alte Dame nickte energisch. »Wir müssen uns alle für das große Ziel zusammenschließen. Gemeinsam müssen wir der Unzucht Einhalt gebieten, die unsere Familien gefährdet.«
»Und Sie, Mr. Randle?«
»Ich sehe keinen anderen Ausweg«, sagte der alte Mann. »Das ist unsere einzige Chance, in Washington eine Regierung zu haben, die unsere Wirtschaftsordnung beschützt. Politiker hören nur auf diejenigen Stimmen, hinter denen eine Wählermacht steckt. Wenn wir die Gesetzgebung noch weiter in unserem Sinne verändern wollen, brauchen wir noch mehr Einfluß. Es war gut, daß wir Präsident Reagan durchgesetzt haben. Es war gut, daß wir eine republikanische Mehrheit im Senat durchgesetzt haben. Aber wir sind noch längst nicht am Ziel.«
»Gehe ich fehl in der Annahme, daß die Änderungen der Steuergesetze und die von Reagan geplante Aufhebung der Ölpreiskontrolle der Randle Corporation zusätzliche Gewinne in Höhe von hundert Millionen im Jahr bringen?«
»Das geht dich nichts an«, sagte Randle gereizt. »Genauer gesagt, das geht niemanden außer mir etwas an.«
»Wäre es sehr unverschämt, wenn ich frage, wie alt Sie sind, Sir?« fragte Preacher verbindlich.
»So was Dämliches!« fauchte Randle. »Das weiß doch jeder! Ich bin achtundsechzig.«
Preacher mußte innerlich lächeln. Er wußte, daß der alte Herr weit über siebzig war. »Nach allem, was Mr. Craig gesagt hat, würde Dr. Falwell mindestens zehn Jahre brauchen, um seinen Plan zu verwirklichen. Wollen Sie so lange warten?«
»Worauf willst du hinaus, mein Sohn?« fragte Randle nervös.
»Ich möchte Ihnen beweisen, daß wir mit zehn Millionen Dollar oder vielleicht noch weniger dasselbe Ziel in zwei Jahren erreichen können.« Preachers Stimme war trügerisch leise geworden.
»Bist du jetzt völlig übergeschnappt?« knurrte Randle.
»Keineswegs«, entgegnete Preacher. »Kentucky Fried Chik-ken.«
»Hör mit der Blödelei auf«, schrie Randle. »Die Sache ist ernst!«
»McDonald’s.« Preacher sah befriedigt, daß in den Augen des alten Mannes ein Fünkchen aufglomm. »Soll ich weitermachen?«
Randle nickte.
»Franchising«, sagte Preacher behutsam. »Nach dem Fernsehen ist das der nächste Schritt. Was bei den Imbißketten so gut funktioniert, ist vielleicht auch die richtige Lösung für uns. Es gibt bestimmt Zehntausende von Baptistengemeinden, die in irgendwelchen kleinen Städten dahinvegetieren und nicht wissen, woher sie das Geld für das neue Kirchendach nehmen sollen. Wenn wir denen unsere Methoden der
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