Der Seelenfänger
Köpfe.
»Vielen Dank, Miß Grant«, sagte Preacher zu seiner Sekretärin. »Das wäre dann alles.« Er nippte an seinem Kaffee, bis die Tür sich hinter Miß Grant geschlossen hatte, dann stellte er die Tasse ruckartig ab. »Welchem Umstand verdanke ich denn diesen unerwarteten Besuch?«
Randle räusperte sich. »Mr. Craig, Mrs. Lacey und ich waren ziemlich bestürzt über deine defätistische Haltung bei der Konferenz gestern.«
»Defätistisch?« fragte Preacher trocken.
»Ja«, sagte Randle. »Wir hatten den Eindruck, daß du nichts unternehmen willst, um unsere finanzielle Situation zu verbessern.«
»Das habe ich nicht gesagt«, sagte Preacher. »Ich habe lediglich darauf hingewiesen, daß es für Fernsehkirchen nur einen begrenzten Markt gibt und daß dieser Markt den Zeitpunkt der Expansion bereits überschritten hat.«
»Wir stimmen mit dieser Einschätzung nicht überein.«
»Und warum haben Sie das nicht bei der Sitzung gesagt?« fragte Preacher.
»Das war nicht nötig«, sagte Randle. »Ich bin der Ansicht, wir können das besser unter uns besprechen. Schließlich sind die anderen bloß Angestellte, nicht wahr?«
Preacher nickte. »Ich verstehe.« Er nahm noch einen Schluck aus der Tasse. »Mein Vorschlag, einen Teil unseres Geldes bei den örtlichen Kirchen zu investieren, ist bisher noch nicht diskutiert worden.«
»Mr. Craig und Mrs. Lacey sind in diesem Punkt meiner Meinung. Sie finden auch, daß wir dabei bloß unsere Einkünfte zum Fenster hinauswerfen.«
»Haben Sie denn bessere Vorschläge?«
Randle warf Craig einen Blick zu. »Richard, Sie kennen die Situation noch genauer als ich. Wollen Sie Dr. Talbot bitte erklären, worauf es uns ankommt?«
Craig starrte wie hypnotisiert auf die Tischplatte. »Sicher ist Ihnen bewußt, Dr. Talbot, daß Mrs. Lacey und ich schon seit langem mit zahlreichen Baptistengemeinden zusammenarbeiten.«
Preacher nickte. »Jeder weiß, was Ihnen die christlichen Kirchen dieses Landes verdanken, Mr. Craig. Ich bin sehr glücklich darüber, daß sie sich für unsere Gemeinde interessieren, und werde Ihre Vorschläge selbstverständlich aufmerksam prüfen.«
Craig lächelte. »Vielen Dank, Dr. Talbot. Sehr freundlich.«
»Ich bitte Sie, Mr. Craig. Das ist mein völliger Ernst.«
Craig entspannte sich sichtlich. »Also, wir finden, daß sich Churchland noch nicht genügend mit den gegenwärtigen Hauptströmungen des amerikanischen Christentums identifiziert.«
»Sie meinen die Neo-Konservativen, die christliche Rechte?«
Craig nickte. »Genau. Wir sind zum Beispiel noch nicht im Komitee der Moralischen Mehrheit vertreten, obwohl sich diese Organisation doch in ganz hervorragender Weise um die Wiederherstellung traditioneller amerikanischer Werte bemüht.«
»Entschuldigen Sie bitte, wenn ich begriffsstutzig bin«, sagte Preacher. »Aber ich verstehe nicht ganz, wie unsere Kirche von einer Verbindung mit einem rein politischen Aktionskomitee profitieren soll.«
»Die Mitarbeit bei der Moralischen Mehrheit würde den Bekanntheitsgrad unserer Kirche enorm verbessern. Denken Sie zum Beispiel an Falwell. Ehe er dem Komitee beitrat, war er nur ein Evangelist unter vielen. Heute kennt ihn jeder Amerikaner.«
»Trotzdem ist mir nicht klar, was dieses Engagement seiner Kirche genutzt hat. Ich habe den Eindruck, daß er die allergrößten Schwierigkeiten hat, die Aktivitäten seiner Kirche zu finanzieren. Wenn man dem glaubt, was er jede Woche im Fernsehen sagt, steht er am Rand des Bankrotts.«
»Nein, nein«, sagte Craig. »So schlimm steht es nun wieder auch nicht. Dr. Falwell hat zwar gewisse Liquiditätsschwierigkeiten, aber das geht auch Oral Roberts, Pat Robertson und Jim Bakker nicht anders. Sogar Jimmy Swaggart hat Probleme, seine Hilfsaktionen und seine Missionstätigkeit in der Dritten Welt zu finanzieren. Das Geld ist überall knapp. Wir werden alle noch härter arbeiten müssen, um unseren Anteil zu sichern.«
Preacher sah ihn nachdenklich an. »Ich möchte die verdienstvolle Arbeit meiner Amtsbrüder nicht kritisieren, Mr. Craig. Aber glauben Sie nicht, daß der allgemeine Zuschauerrückgang bei den religiösen Programmen auch damit zu tun haben könnte, daß sich manche Prediger für eine bestimmte Partei allzu sehr engagiert haben und dem öffentlichen Leben allzu direkt ihre eigenen Maßstäbe aufzwingen wollen?«
»Ich glaube nicht, daß da irgendein Zusammenhang besteht«, sagte Craig gereizt. »Wollen Sie denn, daß wir den Kopf in den Sand
Weitere Kostenlose Bücher