Der Seelenschluessel
Wesen versichert. Iliana verspürte ein aufgeregtes Kribbeln, wenn sie daran dachte, wie sie selbst diese Macht in den kommenden Tagen einsetzen würde.
Doch als sich die breite Tür zu Kurns Allerheiligstem öffnete, verpuffte Ilianas Vorfreude in der stinkenden Luft. Der General sah sie an, als sie eintrat. Er sprach mit einem großen Cardassianer, der der Tür den Rücken zuwandte, einem Mann in brauner Zivilkleidung. Iliana sah sein Gesicht nicht, erkannte ihn aber sofort an Statur und Körperhaltung. Als er sich schließlich zu ihr umwandte, sah sie in ein Gesicht, das sechzehn Jahre älter als das in ihren Erinnerungen war. Dennoch ließ es sie erstarren.
Der Cardassianer sah sie mit großen, neugierigen Augen an und hob eine Braue. »Intendantin Kira, nehme ich an?«
Iliana antwortete nichts. Es war Kurn, der schließlich die Stille beendete: »Intendantin, darf ich Ihnen Agent Corbin Entek vom Obsidianischen Orden vorstellen?«
Iliana ließ sich Zeit, um ein arrogantes Lächeln aufzusetzen. »Danke, General. Sie können auf Ihren Posten zurückkehren. Ich werde allein mit dem Agenten sprechen.«
Kurns Blick war voll unverhohlener Abscheu. Iliana wusste noch nicht genau, wie sie mit Kurn umgehen musste. Offensichtlich war er eine solch herablassende Behandlung von Intendantin Kira nicht gewöhnt. Das würde sie ausbessern müssen, aber nicht jetzt. Für den Moment genügte es, ihn anzusehen, als fordere sie ihn heraus, sich ihr zu widersetzen.
»Ich bin auf der Brücke«, sagte Kurn durch zusammengebissene Zähne und stürmte ohne ein weiteres Wort aus dem Raum.
Iliana ignorierte seinen Gefühlsausbruch. Betont nüchtern signalisierte sie Entek, auf dem einzigen Besuchersessel des Büros Platz zu nehmen. Der Sessel bestand aus demselben erbarmungslos harten Metall wie die Decks des Schiffes.
»Ist Ihnen nicht gut, Intendantin?«
»Hätte ich denn einen Grund dazu?«, fragte sie zurück und setzte sich an Kurns zugemüllten Schreibtisch.
»Noch nicht«, antwortete Entek. »Aber vielleicht wissen Sie nicht, dass die Agenten des Obsidianischen Ordens in der Interpretation von Körpersprache geschult sind. Sie kamen mir eben ein wenig beunruhigt vor.«
»Mir ist sehr wohl bekannt, welche Talente dem Orden wichtig sind, Mister Entek. Mich betrübt nur, dass alle seine Agenten so mangelhaft ausgebildet und so respektlos sein könnten, wie
Sie
es offenbar sind.«
»Ich werde Direktorin Lang Ihre Sorgen weiterleiten, wenn ich das nächste Mal mit ihr spreche«, versprach er. »Soweit ich weiß, hegt sie seit einer Weile ein gesteigertes Interesse an Ihnen. Und nicht nur sie.«
Iliana lehnte sich in Kurns gewaltigem, zu hartem Sessel zurück und zwang sich zu einem tadelnden Gesichtsausdruck. »Bitte ersparen Sie uns Ihre subtilen Spitzen und kommen Sie zur Sache, Mister Entek. Falls Sie mich wirklich kennen, wissen Sie, wie wenig ich für Banalitäten übrighabe. Sollte ich zu der Ansicht gelangen, dass Sie meine Zeit vergeuden, wird Direktorin Lang bald auch ein Interesse am Verbleib Ihres Leichnams entwickeln.«
Entek lächelte sichtlich unbeeindruckt. Ohne den Blick von Iliana zu nehmen, zog er ein Padd hervor, legte es sorgfältig auf den Tisch zwischen ihnen und schob es sanft zu ihr herüber. »Der Regent verlangt nach Ihnen«, sagte er nüchtern. »Sie haben sich binnen dreier Standardtage bei ihm auf der Station Raknal einzufinden.«
Iliana würdigte das Padd keines Blickes. Stattdessen konzentrierte sie sich darauf, ihren Zorn halbwegs im Zaum zu halten. »Das wird nicht möglich sein, Mister Entek. Ich befinde mich auf einer für die Allianz bedeutenden Mission, autorisiert vom Regenten selbst …«
»Und er kann seine Autorisation nach Belieben zurückziehen«, erinnerte Entek sie. Ihr Unbehagen schien ihn zu amüsieren. »Ihre sogenannte Mission ist auch der Grund, aus dem er nach Ihnen verlangt. Mir scheint, einige Ihrer jüngsten Unternehmungen haben für … Bedenken gesorgt. Insbesondere, was die militärische Streitmacht anbelangt, die Sie hier bei Regulon versammelt haben.«
Endlich sah Iliana auf das Padd. Auf dem winzigen Monitor prangte der offizielle Befehl, und sie fragte sich, was er wirklich bedeutete. L’Haan zufolge hatte Intendantin Kira die Benutzung seiner persönlichen Flotte mit Regent Martok erfolgreich ausgehandelt. Doch ganz offensichtlich hatte sich seitdem etwas verändert. Was?
»Selbstverständlich können Sie sich der Order verweigern«, fuhr Entek fort.
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