Der Seelenschluessel
hinter sich her. Gemeinsam eilten die beiden Frauen aus dem Sicherheitsbüro und zur nächstbesten Notfallleiter. Die Klingonen gingen ihnen eilig aus dem Weg. Als keine unliebsamen Zeugen mehr übrig waren, rannten Kira und Ghemor in Richtung Andockring.
Anfangs schwiegen sie, doch auf der ersten Brücke konnte Kira die Frage, die ihr auf der Zunge lag, nicht länger zurückhalten.
»Wann wollten Sie mir eigentlich gestehen, dass
Sie
die Abgesandte hätten werden sollen?«
»Lassen Sie uns eines klarstellen, Captain«, sagte Ghemor, ohne langsamer zu werden. »Ich mache, wozu ich ausgebildet wurde: eine Bedrohung eliminieren. Nichts weiter. Und nichts für ungut, aber ich mag Bajor noch nicht einmal sonderlich. Dieses neue Zeitalter kann gern jemand anderes einläuten.«
Eine Person, die gar nicht bei uns sein möchte, soll Abgesandte werden
.
»Ich bezweifle, dass man eine Prophezeiung nur zum Teil akzeptieren kann«, erklärte Kira. »Bei denen gilt meist: alles oder nichts.«
»Na, toll«, murmelte Ghemor. »Und das sagen Sie mir
jetzt
?« Kira war, als höre sie Belustigung in den schroffen Worten mitschwingen.
Als sie die zweite Brücke erreichten, erbebte die Station. Die künstliche Schwerkraft und die Trägheitsdämpfer kompensierten das unerwartete Beben nur unzureichend.
Kira gönnte sich einen Hauch von Optimismus. Die Rebellen schienen kleine Fortschritte zu machen, was den Kurs der Station anging. Zumindest hoffte sie es.
Und wenn das stimmt, hat Taran’atar Wort gehalten
.
Plötzlich verlangsamte Ghemor vom Lauf in einen schnellen Gang, und Kira passte sich an. Sie hatten ihr Ziel beinahe erreicht. Die innere Tür der Luftschleuse von Andockbucht eins stand offen. Dicht daneben blieben die beiden Frauen stehen. Kira lugte um die Ecke, als die Station erneut einen zitternden Satz machte.
In der Schleuse stand Iliana mit dem Rücken zum Korridor. Die Hand mit dem Seelensplitter gegen das transparente Aluminium der äußeren Tür gepresst starrte sie in die von Plasma durchzogene Finsternis des Denorios-Gürtels. Und wartete.
In der anderen Hand hielt sie eine Disruptorpistole.
Kira nickte Ghemor zu. Dann betraten sie mit gezogenen Waffen den Schleusentunnel.
»Es ist vorbei, Iliana«, sagte Kira. »Die Station ändert soeben ihre Route. Lassen Sie die Waffe fallen und kommen Sie aus der Schleuse heraus. Sofort.«
Iliana rührte sich nicht – und mit einem Mal öffnete sich vor ihr das Wurmloch.
Es füllte das All jenseits des Schleusenfensters aus, hell, blau und wirbelnd. Ein Mahlstrom, vor dem Ilianas Gestalt zu einer schattenhaften Silhouette verblasste. Kira war seit acht Jahren Zeugin der Herrlichkeit des Himmlischen Tempels, doch zum ersten Mal weckte sein Anblick in ihr Furcht.
Die Station erbebte. Doch die Vernichtung, die Kira erwartet hatte, blieb aus.
Die Rebellen haben es geschafft! Sie müssen den Kurs der Station verändert haben, sodass wir dem Ereignishorizont ganz knapp entgangen sind! Gleich wird sich das Wurmloch wieder schließen und
…
Iliana drehte den Kopf und blickte Kira und Ghemor über die Schulter an. Sie lächelte.
»Sie kommen zu spät«, erklärte sie.
Dann hob sie die Waffe zur Schleusentür und drückte ab.
Das Portal flog nach draußen, und der Wirbelsturm der ausströmenden Atmosphäre ergriff Kira. Sie hörte das Tosen des Windes, und danach ohrenbetäubende Stille, als sie und die zwei Frauen mit ihrem Gesicht aus Terok Nor hinausgesogen wurden – ins eiskalte Vakuum und das klaffende Maul des Unbekannten.
Zwischenspiel
Sie fiel durch das Tempeltor in den Schlund unendlicher Möglichkeiten. Als das Wurmloch sie verschlang, verschwand die Welt, die sie kannte, hinter ihr in strahlendem Weiß, bis nur noch das Pochen ihres Herzens existierte, konstanter Rhythmus und letzte Verbindung zu ihrem Leben auf der linearen Ebene. Sie fand ihre Hand wieder, blasse Finger über einer offenen Handfläche, und begriff plötzlich, dass sie nicht allein war.
»Ich bin hier!«, verkündete Iliana. »Könnt ihr mich hören? Ich habe das Tor des Tempels aufgestoßen! Ich habe die Prophezeiung erfüllt! Zeigt euch der Abgesandten!«
»Körperliche Entitäten«, bemerkte Tekeny Ghemor. Ihr Vater stand vor ihr, umgeben von einer Korona aus Licht, die die Konturen seiner Gestalt verschwimmen ließ. »Sie kommen aus der Unterbrochenen Linie.«
»Nein«, korrigierte Corbin Entek. Auch sein Gesicht wurde von dem blendenden Weiß erhellt. »Nur eine von ihnen ist
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