Der Seelenschluessel
ihnen zielte auf die Besucher.
»Also schön, hören Sie zu«, sagte Captain Kira Nerys, als die Winn Adami des Paralleluniversums ihr den Phaser abnahm. »Wir sind nicht die, für die Sie uns halten.«
Opaka lachte. »Oh, ich weiß sehr wohl, wer Sie sind, junge Dame. Ich wusste es, als ich
ihn
sah.« Dabei deutete sie auf Vaughn. »Was ich wissen will, ist, warum Sie hergekommen sind – noch dazu als angebliche Intendantin.«
Kira musste grinsen. Der Anblick von Opaka Sulan als Waffen schwingende Herrin eines Arbeitslagers und Winn Adami als ihre rechte Hand war einfach zu absurd.
Vaughn schien die Mienen der Umstehenden genau zu studieren, auch wenn Kira nicht wusste, was er dadurch zu erreichen hoffte. Nog hatte sie beide von Deep Space 9 aus in die andere Dimension befördert, und in den zwei Stunden, die sie von Akorems Fels bis nach Vekobet gewandert waren, hatten sie kaum gesprochen. Während ihrer einzigen Pause hatten sie sich in einem leer stehenden Bauernhaus hiesige Kleidung stibitzt und über ihre Uniformen gezogen.
»Ich bin wegen Iliana Ghemor hier«, erklärte Kira nun.
Opaka hielt ihr den Disruptorlauf unters Kinn. »Wo ist sie?«, zischte sie. »Falls Sie sie getötet haben …«
»Es geht ihr gut«, antwortete Kira ruhig. »Nur zwei von uns konnten herreisen. Sie ist in Sicherheit, das garantiere ich. Sie sagte uns, wo wir die religiöse Enklave finden, von der sie ihr … Wissen über ihre Doppelgängerin erhielt.«
»Und was sollte dann das Täuschungsmanöver?«, fragte Opaka.
»Ehrlich gesagt, wusste ich nicht, wem von Ihnen ich trauen konnte. Ghemor fehlte die Zeit, uns genauer vorzubereiten und uns Kontaktpersonen zu nennen. Als ich sah, dass Vekobet ein Arbeitslager ist, entschied ich mich, die Intendantin zu spielen, bis ich auf Mitglieder der Enklave träfe.« Sie sah zu der kleinen Armee, die sie umstellt hatte. »Ich hätte nie gedacht, dass das gesamte Lager dazugehört.«
Opaka schien Kira sehr genau zu beobachten. Plötzlich streckte die alte Frau den Arm aus und packte Kiras Ohr mit Daumen und Zeigefinger. Dann schloss sie die Augen. Nach ein paar Momenten verschwand der Disruptor, und sie ließ das Ohr wieder los.
»Sie wollen uns nicht schaden«, wandte sich Opaka an Winn. »Unsere Leute sollen sich zurückziehen. Der Besuch bekommt seine Waffen zurück.«
Winn stutzte. »Ist das wirklich eine gute Idee?«
»Mach’s einfach«, befahl Opaka. »Und dann führe die Gäste in den Speisesaal. Wir reden dort weiter.« Sie drehte sich um und ging. Dabei sprach sie leise in ein kleines Komm-Gerät, das sie aus einer Tasche ihres langen Mantels gezogen hatte.
Winn reichte Kira und Vaughn die Phaser, beobachtete sie aber skeptisch. »Los«, sagte sie dann. Gemeinsam folgten sie Opaka zu einem der größten Bauwerke des Lagers.
Kira fiel auf, dass Vaughn noch immer die Gesichter der fremden »Arbeiter« studierte. Diese waren inzwischen wieder auf ihren Posten. Zum Großteil handelte es sich um Menschen, doch sie sah auch einige Tellariten, ein paar Bolianer und Vertreter anderer bekannter Spezies.
»Was ist?«, fragte sie ihren Ersten Offizier flüsternd.
Vaughn zögerte. »Ich suche jemanden, der uns hilft.«
»Ich hoffe doch, den haben wir längst gefunden«, sagte Kira. Dennoch freute es sie, dass er nach weiteren Möglichkeiten Ausschau hielt.
Sie erreichten ein Gebäude, das komplett aus
Nya
-Holz gezimmert war. Riesige Baumstämme, die jahrzehnte- oder jahrhundertealt sein mussten, verliehen den Wänden eine Stabilität, die der von Steinmauern in nichts nachstand und dem Zahn der Zeit trotzte. Im Inneren des Hauses befand sich ein großer, rustikal anmutender Speisesaal mit etwa einem Dutzend leerer Tische und Bänke. Diese standen in langen Reihen. An der Wand befanden sich unbesetzte Essensausgaben. Große ovale Fenster im Osten und Westen ließen Tageslicht herein. In der Luft hing der Geruch vergangener Mahlzeiten.
Opaka wartete am Kopfende einer Tischreihe. Sie signalisierte Kira und Vaughn, an ihren Seiten Platz zu nehmen. Sie saßen kaum, als ein Bajoraner durch die vermutlich zur Küche führende Tür eintrat und ein Tablett brachte. Auf diesem befand sich Brot und Obst sowie mehrere Tassen, deren Inhalt nach frisch aufgebrühtem
Deka
-Tee duftete. Der Kellner stolperte fast, als er Kira sah, doch ein strenger Blick Opakas genügte, um ihn zu beruhigen. Er stellte das Tablett ab und verschwand wieder in seiner Küche.
Winn blieb neben der Tür stehen.
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