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Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition)

Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition)

Titel: Der Selbstversorger (Einzeltitel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf-Dieter Storl
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feucht-nebeligen Bergeshöhen der Anden als Hauptnahrungsmittel kultiviert, sind nach dem Reis das weltweit am meisten angebaute Nahrungsmittel. Sie brauchen pro Anbaufläche weniger Arbeit und Zeitaufwand als Getreide oder irgendeine andere Feldfrucht. In Zahlen ausgedrückt, erzeugen sie pro Hektar ungefähr 7,5 Millionen Kilokalorien an Nahrungsenergie, Getreide dagegen lediglich 4,2 Millionen Kilokalorien. Kartoffeln stellen die ideale Winternahrung dar und lassen sich gut im Keller lagern, falls dieser nicht zu trocken und zu warm ist.
    In der kalten Jahreszeit ohne Frischgemüse liefern die Erdäpfel genügend Vitamin C, sodass man gegen Skorbut, die einst gefürchtete Winterkrankheit, gefeit ist. Sie enthalten bekömmliches, leicht verdauliches Eiweiß, energiespendende Stärke, Mineralien und essenzielle Aminosäuren. Kein Gemüse ist vergleichbar nahrhaft, es sei denn die Topinambur-Knolle, die jedoch schwieriger in die Fruchtfolge (siehe > ff.) einzubauen ist.
    Nachdem die Kartoffel die Alte Welt erreicht hatte, wurden die Europäer allgemein gesünder. Die gesunde, nährstoffreiche Knolle ermöglichte einen gewaltigen Schub der Bevölkerungszunahme. Zuerst jedoch weigerte sich das abergläubische europäische Landvolk, diese „amerikanische Trüffel“ (italienisch tartufolo – daher der deutsche Name „Kartoffel“), dieses fremde, vermeintlich giftige Nachtschattengewächs, anzubauen. Sie glaubten, dass sie dann schrundige Haut und kartoffelähnliche Auswüchse am Körper bekämen. Aufgeklärte Ökonomen und ihre adeligen Herren rechneten sich jedoch schon aus, dass mit der Kartoffel die Massenarmeen und Arbeiterheere besser durchzufüttern seien und dass die neue Frucht viele Bauern von der Scholle befreien würde, sodass sie dann dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen würden. In vielen Ländern wurde der Kartoffelanbau einfach per Dekret angeordnet. In Frankreich ging die Regierung cleverer vor. Während der Hungersnot von 1780 ließ sie Kartoffeln auf öffentlichem Gelände und in Parks anpflanzen, von bewaffneten Schutzleuten bewachen und dazu Schilder mit der Aufschrift aufstellen: „ Pommes de terre stehlen strengstens verboten!“ Die Wachen wurden abends abgezogen, das hungernde Volk machte sich nachts über die verbotenen Erdfrüchte her und kam so – wie beabsichtigt – auf den Geschmack. Inzwischen ist die Kartoffel aus der europäischen Küche nicht mehr wegzudenken.
    Die heilende Knolle
    Als Heilmittel hat die Volksmedizin die lebensstrotzende Knolle ebenfalls entdeckt. Da gibt es manchen, der eine Kartoffel in der Tasche gegen das „Gliederreißen“ trägt.
Umschläge mit warmem Kartoffelbrei werden bei Gicht, Rheuma oder Hexenschuss angewendet.
Frisch geriebene Kartoffeln mit Öl helfen bei Sonnenbrand, Verbrennungen und rissiger Haut.
Hervorragend wirken heiße Kartoffelpackungen bei Gelenkentzündungen, Schwellungen, Bronchitis und Ischias.
Roher Kartoffelsaft, löffelweise eingenommen, trägt zum Abheilen von Magengeschwüren bei und lindert Sodbrennen.
    Inzwischen hat man die Kartoffel als Basenbildner ausgemacht. Sie hilft gegen Übersäuerung, lindert Verstopfung und Leberstörungen. Neuere Forschungen zeigen, dass die Kartoffel auch antioxidativ und krebshemmend wirkt; sie enthält sogar Verbindungen, die zur Bekämpfung von Viren eingesetzt werden.

    Die ersten Kartoffeln kann man oft schon im August ernten, sodass die Beete dann noch für eine Nachfrucht zur Verfügung stehen. Besonders gut geeignet sind dafür Feldsalat, Spinat oder auch Radieschen.
    Kartoffelzauber
    Kein Wunder, dass eine so wichtige Pflanze mit zahlreichen Tabus und magischen Ritualen bedacht wird. Das war bei den Inkas der Fall, wo sie dem blutrünstigen Jaguargott geweiht war und wo die letzte vom Feld geerntete Kartoffel als „Kartoffelmutter“ rituell verehrt wurde. Trotz Aufklärung und Rationalität ist das sogar bei vielen unserer Gärtner und Bauern der Fall. Jeder hat da irgendwie sein „magisches“ Geheimnis, seine besonderen Maßnahmen, was die Kartoffelzucht angeht. Die Iren, ein Volk, das schicksalhaft mit der Kartoffel verbunden ist, und auch viele Amerikaner wählen den Tag des Nationalheiligen Patrick (17. März), um die Kartoffeln auszubringen.
    Im Erdzeichen setzen
    Der Mond spielt selbstverständlich auch eine wichtige Rolle. Man setzt die Kartoffel bei abnehmendem Mond oder, wie in der Schweiz, bei absteigendem Mond (wenn sich der Mond in die tieferen Tierkreiszeichen

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