Der seltsame Mr Quin
und blickte zum Haus.
»Von hier aus kann man es nicht sehen«, erklärte Mr Sattersway. »Es befindet sich auf der andern Seite. Vor einigen Jahren – ich glaube, vor genau vierzig – wurde es von innen vernagelt.«
»Warum hat man das getan? Sagten Sie nicht, der Geist könne nicht laufen?«
»Das kann er auch nicht«, versicherte Mr Sattersway. »Ich vermute – nun, vermutlich geschah es aus einem gewissen Aberglauben heraus. Das ist alles.«
Dann brachte er es sehr geschickt fertig, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben. Jimmy Allenson war mehr als bereit, von den ägyptischen Wüstenwahrsagern zu berichten.
»Die meisten von ihnen sind Betrüger, durchaus willens, Ihnen irgendwelches Zeug aus Ihrer Vergangenheit zu erzählen, doch was die Zukunft betrifft, so wollen sie sich nicht festlegen.«
»Ich hätte gedacht, es wäre genau umgekehrt«, bemerkte John Porter.
»Die Zukunft vorauszusagen ist in diesem Land doch illegal, nicht wahr?«, sagte Richard Scott. »Moira überredete eine Zigeunerin, ihr wahrzusagen, doch dann gab ihr die Frau den Shilling zurück und erklärte, sie könnte es doch nicht tun.«
»Vielleicht entdeckte sie etwas so Schreckliches, dass sie es nicht verraten wollte«, meinte Moira.
»Malen Sie den Teufel nicht an die Wand«, sagte Allenson fröhlich. »Ich für meinen Teil weigere mich zu glauben, dass auch nur der Schatten eines Unglücks Sie bedroht.«
Hoffentlich hat er Recht, dachte Mr Sattersway. Hoffentlich…
Dann blickte er ruckartig auf. Zwei Frauen kamen den Weg vom Haus entlang, eine kleine gedrungene Person mit schwarzem Haar in einem jadegrünen Kleid, das ihr nicht stand, und eine große schlanke Gestalt in Weiß. Die Erstere war ihre Gastgeberin, Mrs Unkerton, von der anderen hatte Mr Sattersway schon viel gehört, doch er kannte sie nicht persönlich.
»Hier ist Mrs Staverton«, verkündete Mrs Unkerton im Ton größter Befriedigung. »Alles Freunde von Ihnen, glaube ich.«
»Diese Leute haben eine ungeheure Begabung, immer die größten Taktlosigkeiten zu sagen«, murmelte Lady Cynthia, doch Mr Sattersway hörte ihr nicht zu. Er beobachtete Mrs Staverton.
Sehr gewandt – sehr natürlich. Ein sorgloses »Hallo, Richard!«, dann: »Jahre her, seit wir uns gesehen haben! Tut mir leid, dass ich nicht zu deiner Hochzeit kommen konnte. Ist das deine Frau? Sicherlich haben Sie es satt, immer wieder wetterharte alte Freunde Ihres Mannes zu treffen.« Moiras Antwort – passend, eher scheu. Der rasche abschätzende Blick der älteren Frau, der sofort zu einem anderen alten Freund weiterwanderte.
»Hallo, John!« Der gleich leichte Ton, doch mit einem feinen Unterschied – eine gewisse Wärme schwang mit, die vorher gefehlt hatte. Und dann lächelte sie plötzlich. Es veränderte sie völlig. Lady Cynthia hatte Recht. Eine gefährliche Frau! Sehr helles Haar, dunkelblaue Augen – nicht der landläufige Typ der Sirene. Ein Gesicht, das wild wirkte, auch wenn es ohne Ausdruck war. Eine Frau mit einer trägen Stimme und einem plötzlichen bezaubernden Lächeln.
Iris Staverton setzte sich und wurde sofort und wie selbstverständlich zum Mittelpunkt der Gruppe. Sicherlich war es immer so gewesen.
Durch Major Porters Vorschlag, einen Spaziergang zu machen, wurde Mr Sattersway in die Wirklichkeit zurückgeholt. Im Allgemeinen hatte Mr Sattersway für so etwas wenig übrig. Doch diesmal war er einverstanden. Gemeinsam schritten die beiden Männer über die Wiese davon.
»Eine sehr interessante Geschichte, die Sie eben erzählt haben«, sagte der Major.
»Ich zeige Ihnen das Fenster«, sagte Mr Sattersway.
Er führte ihn um das Haus zur Westseite, an der ein kleiner gepflegter Garten lag – der »Verschwiegene Garten«, wie er genannt wurde, und dies nicht ohne Grund, denn er wurde von einer hohen Stechpalmenhecke umgeben, und selbst der Eingang führte durch einen Zickzackweg, der zu beiden Seiten ebenfalls von dieser hohen Hecke gesäumt war.
Wenn man erst einmal hineingelangt war, bezauberte einen der altmodische Charme der auf französische Art gestutzten Blumenbeete, die Plattenwege und eine niedrige Steinbank mit schöner Steinmetzarbeit. Mr Sattersway wandte sich um und wies auf das Haus. Gree n ways House verlief von Norden nach Süden. In der schmalen Westwand befand sich nur ein Fenster, im ersten Stock, vom Efeu fast völlig überwuchert, mit schmutzigen Scheiben, durch die man gerade noch die Bretter erkennen konnte, mit denen es vernagelt
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