Der seltsame Mr Quin
House eine Party. Unter den Gästen befinden sich Lady Cy n thia Drage, Mr und Mrs Richard Scott, Major Porter, Mrs Staverton, Captain Alle n son und Mr Sattersway.«
Lady Cynthia legte das Blatt weg. »Gut zu wissen«, bemerkte sie, »was uns erwartet. Die haben wirklich etwas Schönes angerichtet.« Ihr Gegenüber, derselbe Mr Sattersway, dessen Name am Ende der Gästeliste stand, blickte sie fragend an. Man erzählte sich, dass Mr Sattersway stets dann in den Häusern wohlhabender, neu zugezogener Leute zu finden sei, wenn entweder die Küche ungewöhnlich gut war oder sich dort ein menschliches Drama abspielen sollte. Mr Sattersway war an den Komödien und Tragödien seiner Mitmenschen außergewöhnlich stark interessiert.
Lady Cynthia, eine Frau mittleren Alters mit einem harten Gesicht und großzügig aufgetragenem Make-up, tippte ihm mit der neuesten Schöpfung eines Regenschirms, der verwegen auf ihren Knien geruht hatte, an die Brust.
»Tun Sie nicht so, als hätten Sie keine Ahnung. Das Gegenteil ist der Fall! Ja, mehr noch, ich bin überzeugt, Sie sind nur hier, um die Sache aus nächster Nähe mitzuerleben.«
Mr Sattersway protestierte heftig. Er wüsste nicht, wovon sie überhaupt spräche.
»Ich rede von Richard Scott. Wollen Sie behaupten, dass Sie nie von ihm gehört haben?«
»Eigentlich nicht. Ist das der Großwildjäger?«
»Genau – ›Große Bären und Tiger, und so weiter‹, wie es im Lied heißt. Natürlich ist er im Augenblick selbst ein großes Tier… die Unkertons sind ganz wild darauf, ihn einzuladen… und die Braut! Ein charmantes Kind… ach, ein reizendes Kind… aber so naiv, erst zwanzig, wissen Sie, und er dürfte mindestens fünfundvierzig sein.«
»Ich finde Mrs Scott sehr charmant«, stellte Mr Sattersway gelassen fest.
»Ja, das arme Kind.«
»Warum?«
Lady Cynthia warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und ging den fraglichen Punkt auf ihre Weise an. »Porter ist in Ordnung«, fuhr sie fort, »ein langweiliger Kerl… auch einer dieser Afrikajäger, nichts als Sonnenbräune und Schweigsamkeit. Zweite Geige bei Richard Scott, was er immer war… Jugendfreunde und all so was. Wenn ich es mir recht überlege, waren sie meiner Meinung nach auch bei jener Reise zusammen…«
»Bei welcher Reise?«
»Die Reise. Die Reise von Mrs Staverton. Jetzt werden Sie behaupten, dass Sie auch von Mrs Staverton nie etwas gehört haben.«
»O doch, von Mrs Staverton habe ich gehört«, antwortete Mr Sattersway beinahe gegen seinen Willen.
Und er und Lady Cynthia wechselten einen wissenden Blick.
»Es sieht den Unkertons wirklich ähnlich«, klagte Lady Cynthia. »Sie sind einfach hoffnungslos – gesellschaftlich gesehen, meine ich. Was für ein Einfall, die beiden zusammen einzuladen! Natürlich haben sie erfahren, dass Mrs Staverton eine sportliche Person ist, die viel reist und so weiter, und sicherlich haben sie auch von ihrem Buch gehört. Leute wie die Unkertons haben nie eine Vorstellung, was für Abgründe sich auftun können! Im letzten Jahr habe ich mich persönlich um sie gekümmert. Sie ahnen nicht, was ich mitgemacht habe! Ständig musste man sie im Auge behalten. ›Tun Sie dies nicht, lassen Sie das!‹ Gott sei Dank bin ich jetzt mit ihnen fertig. Nicht, dass wir uns gestritten hätten – nein. Ich streite mich nie. Jemand anders soll sich um sie kümmern. Wie ich immer zu sagen pflege: Gewöhnlichkeit kann ich ertragen, Niederträchtigkeit nicht.«
Nach dieser etwas rätselhaften Bemerkung verfiel Lady Cynthia für einen Augenblick in Schweigen und grübelte über die ihr von den Unkertons angetane Niederträchtigkeit nach.
»Wenn ich bei ihnen noch den Ton angeben würde«, fuhr sie dann fort, »hätte ich energisch und deutlich erklärt: Sie können Mrs Staverton und die Scotts nicht zusammen einladen. Sie waren einmal…«
Sie schwieg beredt.
»Stimmt es denn?«, fragte Mr Sattersway.
»Mein guter Mann! Es ist allgemein bekannt. Die Reise ins Landesinnere! Erstaunlich, dass die Person die Stirn hatte, die Einladung anzunehmen.«
»Vielleicht wusste sie nicht, wer noch kommen würde«, schlug Mr Sattersway vor.
»Vielleicht wusste sie es aber! Das ist viel wahrscheinlicher.«
»Sie glauben…«
»Sie ist das, was man eine gefährliche Frau nennt… die Sorte, die vor nichts zurückschreckt. An diesem Wochenende möchte ich nicht in Richard Scotts Haut stecken.«
»Seine Frau hat keine Ahnung, glauben Sie?«
»Davon bin ich überzeugt. Aber
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