Der seltsame Mr Quin
bewahrheitet. Schon nach zwei Monaten waren Richard Harwell und Eleanor Le Couteau verlobt.
Die Hochzeit folgte drei Monate später. Das glückliche Paar fuhr auf eine zweiwöchige Hochzeitsreise ins Ausland und kehrte dann zurück, um sich in Ashley Grange niederzulassen. Der Wirt hat uns eben gesagt, dass sie in einer Gewitternacht wie dieser zurückkehrten. Vielleicht ein Omen, wer weiß? Auf jeden Fall wurde am folgenden Morgen – etwa um halb acht – Captain Harwell von einem der Gärtner, John Mathias, gesehen, wie er im Garten umherging. Er war barhäuptig und pfiff. Da haben wir ein Bild von Sorglosigkeit, von heiterem Glück. Und doch wurde von diesem Augenblick an Captain Richard Harwell nie wieder gesehen, soviel man weiß.«
Mr Sattersway machte eine Pause. Er genoss die Dramatik des Augenblicks sichtlich. Mr Quins bewundernder Blick zollte ihm den notwendigen Tribut, und er fuhr fort:
»Dieses Verschwinden war auffallend – unerklärlich. Erst am nächsten Tag benachrichtigte seine Frau beunruhigt die Polizei. Wie Sie wissen, ist es nicht gelungen, das Rätsel zu lösen.«
»Vermutlich gab es einige Theorien?«, fragte Mr Quin.
»Ach, massenhaft! Theorie Nummer eins war, dass Captain Harwell ermordet wurde. Aber wo war dann die Leiche? Sie konnte sich kaum in Nichts aufgelöst haben. Und abgesehen davon, aus welchem Grund? Soweit bekannt, hatte Captain Harwell keinen einzigen Feind auf der Welt.«
Er hielt plötzlich inne, als sei er unsicher geworden: »Stephen Grant, falls ich mich richtig erinnere, hatte sich um Captain Harwells Pferde zu kümmern und war wegen einer Bagatelle von seinem Herrn entlassen worden. Am frühen Morgen nach der Rückkehr des Paares wurde Stephen Grant in der Nähe von Ashley Grange beobachtet, konnte aber keinen triftigen Grund für seine Anwesenheit angeben. Er wurde von der Polizei verhaftet wegen Verdachts auf Beteiligung am Verschwinden von Captain Harwell, aber man konnte ihm nichts nachweisen und musste ihn laufen lassen. Vielleicht hat er sich tatsächlich für seine Entlassung an Captain Harwell rächen wollen, aber als Motiv war dies zweifellos zu schwach. Vermutlich musste die Polizei einfach etwas unternehmen. Sie sehen, wie ich eben sagte, dass Captain Harwell nicht einen Feind auf der Welt hatte.«
»Wir kennen jedenfalls keinen«, berichtigte ihn Mr Quin nachdenklich.
Mr Sattersway nickte. »Darauf kommen wir noch. Was wissen wir denn überhaupt von Captain Harwell? Als die Polizei Nachforschungen über seine Vergangenheit anstellte, fand man nur äußerst wenig heraus. Wer war Richard Harwell? Wo kam er her? Er war wie aus dem Nichts aufgetaucht, wie es schien, ein hervorragender Reiter und offenbar gut betucht. In Kirtlington Mallet hatte sich niemand die Mühe genommen, Näheres über ihn zu erfahren. Miss Le Couteau hatte keine Eltern oder Verwandte, die in der Vergangenheit ihres Verlobten herumschnüffeln konnten. Sie war ihr eigener Herr und Meister. Die Polizei ließ da keinen Zweifel aufkommen. Ein reiches Mädchen und ein frecher Hochstapler, das alte Lied!
Aber ganz so war es nicht. Es stimmt, dass Miss Le Couteau keine Eltern oder Verwandte hatte, aber sie wurde von ausgezeichneten Anwälten in London beraten, die alles Geschäftliche für sie erledigten. Das macht die Geschichte noch verwirrender. Eleanor Le Couteau wollte ihrem zukünftigen Mann sofort eine Summe überschreiben, aber er schlug sie aus mit der Begründung, er habe keine finanziellen Sorgen. Es gab stichhaltige Beweise, dass Harwell nie einen Penny von seiner Frau bezog. Ihr Vermögen blieb unangetastet.
Er war also kein alltäglicher Schwindler, aber möglicherweise hatte er eine raffinierte Taktik. Vielleicht wollte er mit Erpressung drohen, sobald Eleanor Harwell später einen anderen Mann zu heiraten beabsichtigte. Ich gebe zu, dass mir diese Möglichkeit immer am glaubhaftesten erschien. Jedenfalls bis heute Abend.«
Mr Quin lehnte sich vor und fixierte ihn. »Bis heute Abend?«
»Seit heute Abend bin ich damit nicht mehr zufrieden. Wie konnte er zu dieser Tageszeit so plötzlich und spurlos verschwinden, wo alle Leute zur Arbeit unterwegs waren? Und auch noch barhäuptig?«
»Besteht über diesen Punkt kein Zweifel? Der Gärtner hat ihn gesehen?«
»Ja, der Gärtner – John Mathias. Steckt vielleicht hier mehr dahinter?«
»Die Polizei hat ihn bestimmt nicht übersehen«, meinte Mr Quin.
»Sie quetschten ihn gründlich aus. Er widersprach sich nie. Seine
Weitere Kostenlose Bücher