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Der Sergeant

Der Sergeant

Titel: Der Sergeant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G.F. Unger
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einem Corral, und Wasser ließen und Mist machten.
    Aber so sehr ich auch durch die Geisterstadt schlich, immer wieder verhielt und witterte, ich roch keine Pferde.
    Plötzlich verstummte auch das röhrende Orgeln der Flamme im Schacht.
    Es setzte jähe Stille ein, eine Stille, bei der man erschrak, so tief war sie mit einem Male.
    Es war, als hätte man drunten im Schacht ein Ventil zugedreht.
    Überhaupt der Schacht – oh, war das nicht ein Wunder, ein Fingerzeig? Ich ging hinüber und glitt zwischen Gesteinshalden, alten Schuppen und Hütten hindurch, die allesamt einmal zur Xavier-Mine gehört hatten.
    Ich gelangte an den Rand des Schachtes. Schon zwei- oder dreimal war ich hier gewesen. Diesmal fand ich mich jedoch nicht aus Neugierde ein. Ich nahm sogar in Kauf, dass ich mich jetzt im Mondschein befand und ein gutes Ziel für Feinde bot.
    Ich sah hinunter in die Tiefe. Der Schacht führte nicht ganz senkrecht hinunter, doch aber sehr steil. Es hatte eine Art Rutschbahn gegeben, auf der man die flachen Schleppschlitten mit Winden gezogen hatte.
    Ich konnte unten in der Tiefe ein Glühen sehen. Dort glühte Gestein wie der schamottgefütterte Bauch eines Ofens.
    Es war still.
    Als ich ein Geräusch hinter mir hörte, wirbelte ich herum, den Revolver schussbereit.
    »Nicht schießen, Sergeant!«, klang es scharf und hart zu mir herüber. Ich schoss wahrhaftig nicht, denn er zielte schon mit seinem Gewehr auf mich und hätte mich längst erschießen können, würde er das gewollt haben.
    Es war Colorado Juan.
    Er kam langsam näher, das Gewehr im Hüftanschlag und auf mich gerichtet.
    Ich zielte mit meinem Revolver auf ihn.
    Aber keiner von uns besaß einen Vorteil. Wenn einer von uns abdrückte, würde auch der andere noch abdrücken können. Wir würden uns mit ziemlicher Sicherheit beide töten oder zumindest verwunden.
    Ich hatte auch schon begriffen, dass er mit mir reden wollte.
    Er kam bis auf zehn Schritte heran. Im hellen Mondlicht konnten wir uns betrachten. Doch wir kannten uns schon. Ich hatte ihn schon mehrmals gesehen.
    »Du bist ein tüchtiger Sergeant«, sagte er. »Unter deiner Führung würdet ihr noch einige von uns töten, bevor dann auch ihr tot wäret und wir auch die Goldladung der beiden anderen Wagen bekämen. Ihr habt keine Chance mehr. Es wurde mir inzwischen klar, dass ihr alle desertiert seid und mit dem Gold dorthin zu entkommen versucht, wo es keine Armee und kein Gesetz der Weißen gibt. Aber gerade diese Flucht in die Wildnis ist euer Nachteil. Denn es gibt keine Hilfe für euch. Ihr hättet auf dem Hauptwagenweg im Santa Cruz River Valley bleiben müssen. Das wäre die einzige Chance für euch gewesen. Ihr seid schon tot.«
    »Na schön«, erwiderte ich. »Und was sonst noch?«
    Er stand einige Atemzüge lang still da. Ich befürchtete schon, er würde abdrücken. Auf diese Entfernung konnte er mich auch aus dem Hüftanschlag heraus mit Sicherheit treffen. Ich war drauf und dran, ihm zuvorkommen zu wollen. Aber dann hielt mich schließlich doch ein letzter Rest von Vernunft zurück.
    Er sagte: »Morgen habe ich zwei Dutzend Krieger hier. Dann…«
    »Die wagen sich nicht in die Geisterstadt, aus deren Schacht die Hölle Dampf ablässt«, unterbrach ich ihn. »Diese Krieger nützen dir nichts, solange wir hier in San Xavier City bleiben.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht alle Apachen sind noch so rückständig«, erwiderte er. »Viele sind aufgeklärter und lassen sich von mir erklären, dass alles mit natürlichen Dingen zugeht. Ihr seid verloren. Doch ich weiß, dass ich Krieger verlieren würde. Deshalb kam ich zu dir, Sergeant. Ihr könnt ohne Gold abziehen! Ja, ihr könnt sogar eure Taschen füllen und mitnehmen, so viel ihr in den Taschen eurer Kleidung unterbringen könnt. Aber das ist alles, was ich euch anzubieten habe: euer Leben und die Taschen voll Gold. Verstanden?«
    Ich nickte.
    »Hombre Colorado Juan«, sagte ich. »Hast du noch nie etwas vom Goldfieber gehört?«
    Ich konnte nicht mehr hören, was er mir antwortete.
    Denn unten im Schacht ging das zischende Brausen und lärmende Röhren wieder los. Das Erdgas da drunten in der Erde war wieder stark genug, um das Wasser der unterirdischen Quelle, das zeitweilig wie ein Verschluss wirkte, wegzupusten. Es war wie ein Ausatmen unter Wasser.
    Und dann stieg es empor durch die engen Spalten, in der viel hochprozentiges Erz war, wahrscheinlich Kupfer, das sich von der Reibung erwärmte wie ein Stein, der vom Himmel

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